Wohin während der Berlin Art Week 2023? Diese Ausstellung & Events solltet ihr nicht verpassen
10. September 2023 • Text von Team
Endlich auch Saisonstart in Berlin! Die Berlin Art Week 2023 steht an. Wir haben euch wie immer die besten Tipps zusammengestellt. Nicht verpassen solltet ihr die Ausstellungen und Events im Georg Kolbe Museum, bei Fluentum, im Haus am Waldsee, im Studio Mondial, bei CAA Berlin, im Hau, im Kindl, im Fotografiska Museum, im Haus am Lützowplatz, in den KW und im BPA // Raum.
Georg Kolbe Museum: Lin May Saeed
Der Pangolin ist ein Schuppentier, einem Tannenzapfen nicht unähnlich. Es steht unter Artenschutz und zählt doch zu den meistgehandelten Wildtieren der Welt. Bei Gefahr rollt sich ein Pangolin zur Kugel. Im Georg Kolbe Museum erscheint das Tier im selbstbewussten Gang eingefroren, fixiert in Styropor. Lin May Saeed hat das Geschöpf bewusst nicht aus klassischem Werkstoff geformt. Styropor ist günstig, lässt sich ohne großen Kraftaufwand bearbeiten, mag den Anschein eines Provisoriums erwecken – biologisch ist es nicht abbaubar. Und so klingt in der harmlos erscheinenden Material die Warnung vor der bereits angelaufenen Krise an. Auf Erdöl-Basis begegnen sich bei Saeed Tiere, Menschen, Lebewesen wie in einer Fabel, einander zugewandt, als sei das friedliche Zusammenleben längst mehr als märchenhafte Utopie.
WANN: Die Ausstellung “Lin May Saeed. Im Paradies fällt der Schnee langsam” eröffnet am Mittwoch, den 13. September, um 18 Uhr. Sie läuft bis zum 25. Februar 2024.
WO: Georg Kolbe Museum, Sensburger Allee 25, 14055 Berlin.
Der Tipp kommt von Anna Meinecke.
Fluentum: Sven Johne
Rund 30 Kilometer südlich von Berlin liegt Wünsdorf, ein geschichtsträchtiger Ortsteil von Zossen. Während des Ersten Weltkriegs residierten dort Oberkommandeure der Armee, während des Zweiten Weltkriegs entstanden Bunkeranlagen für die Wehrmacht. Später übernahm das sowjetische Militär die Anlage. Zu der zählt auch das sogenannte Haus der Offiziere. Ursprünglich gebaut als Heeres-Sportschule diente das Gebäude im neobarocken Stil den in Ostdeutschland stationierten sowjetischen Truppen bis 1994 als eine Art Hauptquartier und Kulturzentrum.
Sven Johne diente das Gebäude als Kulisse für seinen Film “Das sowjetische Hauptquartier”. Darin geleitet ein Immobilienmakler eine Kaufinteressentin durch die Räumlichkeiten, wobei deren innere Stimme seine Worte zunehmend verdrängt. In Kindheitserinnerungen verpackt formuliert sie eine idealisierte Alternative zum Kapitalismus. Dass Johnes Film bei Fluentum gezeigt wird, im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Nazi-Luftwaffe und späteren Hauptquartier des US-Militärs in West-Berlin erweitert die Arbeit um eine historische Verschränkung. Der Künstler verhandelt die Kraft früher Prägung sowie unterschiedliche Ebenen des Erinnerns und Vergessens.
WANN: Die Ausstellung “Das sowjetische Hauptquartier” von Sven Johne eröffnet am Dienstag, den 12. September, von 18 bis 22 Uhr – Filmpremiere um 18.30 Uhr. Sie läuft bis zum 16. Dezember.
WO: Fluentum, Clayallee 174, 14195 Berlin.
Der Tipp kommt von Anna Meinecke.
Haus am Waldsee: Nina Beier, Bob Kil
Fünf majestätische Marmorlöwen verwandeln das Haus am Waldsee für zwei Tage in ihr Jagdrevier. Das könnte man meinen, doch die Löwen sind mit jeder Menge Heimtextilien umhüllt, verharren leblos unter einer dicken Schicht aus Badematten, Handtüchern, Lappen und Decken. Auf ihren Rücken haben Performer*innen Platz genommen, bewegen sich langsam vor und zurück. Das entspricht dem diffusen Drang zur Interaktion mit den an repräsentative Denkmäler erinnernden Löwen. Diese scheinen angesichts der Reitbewegungen plötzlich zum Leben zu erwachen. Die Künstlerinnen Nina Beier und Bob Kil stellen sich in ihrer Performance “All Fours: Life Guardians” gegen die menschliche Hybris, die natürliche Welt dominieren zu wollen, und wagen sich bis an die Fundamente unserer Erinnerungskultur.
WANN: Die Performance “All Fours: Life Guardians” läuft am Samstag und Sonntag, den 16. und 17. September, zwischen 11 und 19 Uhr. Zeitgleich läuft noch bis zum 24. September die Ausstellung “Tolia Astakhishvili. The First Finger (chapter II)”, die unsere Autorin Lara Brörken hier besprochen hat.
WO: Haus am Waldsee, Argentinische Allee 30, 14163 Berlin.
Der Tipp kommt von Julia Stellmann.
Gallery Weekend Festival
Mehr als 40 Galerien aus dem Programm des Gallery Weekend Berlin nehmen im Rahmen der Berlin Art Week ein ehemaliges Hotel am Kurfürstendamm in Beschlag. Freistehende Arbeiten von Künstlerinnen wie Jasmin Werner, Frieda Toranzo Jaeger und Lap-See Lam sind in Foyer und im früheren Restaurantbereich zu entdecken. Hof, Tiefgarage und Zimmer werden mit Performances, Lesungen, Videoarbeiten und Installationen bespielt. Die neue Leiterin des Gallery Weekends Sandra Teitge hat sich für die Schau im Studio Mondial vor allem auf jüngere Positionen fokussiert, die sich flexibel zwischen traditionellen künstlerischen Disziplinen bewegen.
Fortuna Forest haben eine moorartigen Bühne mit Teich und schwimmenden Mochis errichtet. Leyla Yenirce kollaboriert mit der Vokalistin Vienna Gist. Nicholas Grafia und Mikołaj Sobczak veranschaulichen mit “It’s 10pm. Do you know where your children are?” Herausforderungen queerer Jugendlicher, Anna Ehrenstein aktiviert ihre Arbeit “Zen for Hoejabi” mit Texten und Sounds zusammen mit Göksu Kunak und Yara Mekawei – am besten entdeckt ihr eure Favoriten selbst.
WANN: Das Gallery Weekend Festival läuft am Samstag, den 16. September, von 12 bis 21 Uhr sowie am Sonntag, den 17. September, von 12 bis 19 Uhr. Hierlang für’s gesamte Programm des Gallery Weekend Festivals.
WO: Studio Mondial, Kurfürstendamm 47, 10707 Berlin.
Der Tipp kommt von Anna Meinecke.
CCA Berlin: Jota Mombaça
Berlin ist ein Sumpf, war früher mal im Wortsinn Sumpfgebiet. So erscheint es besonders passend, dass in den Keramik- und Textil-Arbeiten sowie Zeichnungen von Jota Mombaça Hauptstadt-Topografie und Mangrovenwald im Amazonasgebiet mitklingen. Die in Brasilien geborene Künstlerin, Autorin und Performerin zeigt bei CCA Berlin das Zwischenergebnis einer langjährigen Auseinandersetzung mit der kolonialen Moderne. Zentral für die Ausstellung “A Certain Death/The Swamp” ist eine raumgreifende Installation und Videoarbeit. Materielle Versatzstücke verschiedener Welten werden zum Ausgangspunkt für komplexe Fragestellungen: “Wo können radikale Hoffnungen aufblühen, während wir das Ende unserer Welt, wie wir sie kennen, erleben?”
WANN: Die Ausstellung “A Certain Death/The Swamp” von Jota Mombaça eröffnet am Mittwoch, den 13. September, von 17 bis 21 Uhr. Sie läuft bis zum 2. Dezember.
WO: CCA Berlin, Kurfürstenstraße 145, 10785 Berlin.
Der Tipp kommt von Anna Meinecke.
LAS Art Foundation: Marianna Simnett
Normalerweise bekannt für ihre großformatigen Installationen, wagt sich Marianna Simnett zum ersten Mal an eine Oper heran. “GORGON” greift dabei auf den alten griechischen Mythos von Medusa und Athene zurück. Simnett erzählt die mythologische Geschichte nicht neu, sondern nimmt ihre kulturelle Bedeutung auseinander. Oft handeln die Personen aus Eifersucht bezüglich männlicher Aufmerksamkeit. Bei Simnett werden plötzlich alle männlichen Treiber eliminiert. So träumt sich Protagonistin und Donut-Verkäuferin Greta an einer U-Bahnstation weit weg aus ihrer Realität, versucht sich den furchtbaren Schrei des Gorgon, einer unbekannten Entität anzueignen. Ob es ihr wohl gelingen wird?
WANN: Die Oper “GORGON” läuft von Mittwoch, den 13. September, bis Samstag, den 16. September, immer um 20 Uhr sowie Sonntag, den 17. September, um 12 Uhr. Tickets gibt es hier.
WO: HAU Hebbel am Ufer (HAU2), Hallesches Ufer 34, 10963 Berlin.
Der Tipp kommt von Julia Stellmann.
Kindl: Emma Talbot
Eigens für das Kesselhaus des Kindl entwickelte die englische Künstlerin Emma Talbot eine ortsspezifische Installation. Malereien auf Seide fließen wie in den Stoff gegossen in die Tiefe, bilden zusammen mit skulpturalen Elementen ein Ensemble. Dieses entwirft in Berufung auf archaische Kräfte eine Zukunftsvision angesichts einer von multiplen Krisen geschüttelten Realität. Allerlei seltsame Wesen wie zum Beispiel Furien, Sirenen, Orakel, Hexen und Geister materialisieren sich auf dem durchlässigen Stoff, scheinen die Betrachter*innen zum Umdenken aufzufordern. Vielleicht wohnt dem drohenden Ende ja ein neuer Anfang inne?
WANN: Die Ausstellung “In the End, the Beginning” eröffnet am Samstag, den 16. September, um 18 Uhr. Sie läuft bis zum 26. Mai 2024.
WO: KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Am Sudhaus 3, 12053 Berlin.
Der Tipp kommt von Julia Stellmann.
Fotografiska: Candice Breitz
Wie sprechen weiße Menschen über race? Candice Breitz kann das mit einem ganzen Archiv von Stimmen prominenter politischer Persönlichkeiten, Nachrichtensprecher*innen oder unbekannter Youtuber*innen beantworten. Im weißen Hemd, unter hellblonden Perücken und mit verstörend blasser Iris hat die Künstlerin ein Perspektivspektrum von woke bis rechtsideologisch synochronisiert. “Whiteface” erscheint im neuen Fotografiska Museum Berlin als Panorama des Weißseins als solches. Wer die Künstlerin darin verortet erkennen will, achtet darauf, wann sie auf die Perücke verzichtet.
WANN: Die Ausstellung “Whiteface” von Candice Breitz eröffnet am Donnerstag, den 14. September. Sie läuft bis zum 4. September.
WO: Fotografiska Museum Berlin, Oranienburger Str. 54, 10117 Berlin.
Der Tipp kommt von Anna Meinecke – mit gemischten Gefühlen in Anbetracht der Location. Mehr zur Debatte um das alte Tacheles zum Beispiel beim rbb.
Haus am Lützowplatz: VR Kunstpreis
Neue Technologien sind oftmals Treiber von Angst, bieten Stoff für vielfältige Dystopien. Warum nicht mal positiv auf Künstliche Intelligenz, Metaverse und Co blicken? Denn neue Technologien bergen vielleicht auch das Potenzial für ein gerechteres Miteinander. Im Haus am Lützowplatz entwerfen die Stipendiat*innen des VR Kunstpreises verschiedene Utopien mithilfe von Virtual Reality und ortsspezifischen Rauminstallationen. Marlene Bart zum Beispiel schafft neue Perspektiven auf Natur, indem sie mit digitalisierten naturhistorischen Artefakten arbeitet. Bisher ungekannte Möglichkeiten in der Forschung sind dabei nur eins von vielen Themen, die in der Ausstellung “Unleashed Utopias” verhandelt werden. Auf geht’s also in eine offene, diverse und tolerante Zukunft im Metaverse!
WANN: Die Ausstellung “Unleashed Utopias” läuft bis zum 5. November. Zusätzlich eröffnet am Mittwoch, den 13. September, das Digital Art Lab. Dort finden bis Sonntag, den 17. September, Talks, Workshops und Performances rund um das Thema digitale Kunst statt. Das gesamte Programm findet ihr hier.
WO: Haus am Lützowplatz, Lützowplatz 9, 10785 Berlin.
Der Tipp kommt von Julia Stellmann.
KW Institute for Contemporary Art: Coco Fusco
Tierpsychologie, Sextourismus in der Karibik oder Arbeitsbedingungen in Freihandelszonen haben Coco Fusco im Laufe ihrer Karriere beschäftigt. Die kubanisch-amerikanische Künstlerin befasst sich seit Jahrzehnten mit Darstellung von race, Feminismus, postkolonialer Theorie und Institutionskritik. Die KW zeigen mit der Ausstellung “Tomorrow, I Will Become an Island” Fuscos erste große Retrospektive. Zu sehen sind Videos, Fotografien, Texten, Installationen und Live-Performances der Künstlerin aus den 1990er-Jahren bis heute.
WANN: Die Ausstellung “Tomorrow, I Will Become an Island” von Coco Fusco eröffnet am Mittwoch, den 13. September, um 19 Uhr. Sie läuft bis zum 7. Januar 2024.
WO: KW Institute for Contemporary Art, Auguststraße 69, 10117 Berlin.
Der Tipp kommt von Anna Meinecke.
BPA // Raum: Hasan Aksaygin und Virgil B/G Taylor
Der BPA // Raum ist Plattform für künstlerischen Austausch. In der Ausstellung “Pleats” findet dieser zwischen Hasan Aksaygın und Virgil B/G Taylor statt. Von Aksaygın wird eine Serie von Gemälden präsentiert, die über die spirituelle Geschichte eines Stücks Stoff zwischen Post-Internet-Narzissmus und einem vermeintlich antikolonialen Regime des Konservatismus spekulieren. Die Arbeiten werden flankiert von Taylors Skulpturen aus Blei. Sie stellen archäologische Funde von magischen Fluchtafeln nach. Ob die beiden Positionen harmonieren, lässt sich wohl erst nach einem Besuch bewerten.
WANN: Die Ausstellung “Pleats” eröffnet am Donnerstag, den 14. September, um 17 Uhr. Sie läuft bis zum 26. Oktober.
WO: BPA// Raum, Sophienstraße 21, Sophie-Gips-Höfe, 10178 Berlin.
Der Tipp kommt von Julia Stellmann.
Das gesamte Programm der Berlin Art Week findet ihr online.
gallerytalk.net ist Medienpartner der Berlin Art Week.
In freundlicher Zusammenarbeit mit Fluentum.