Abseits der Berlin Art Week 2023
Diese 10 Ausstellung solltet ihr nicht verpassen

12. September 2023 • Text von

Berlin Art Week schon durchgeplant oder ist da noch Luft nach oben? Wir empfehlen Ausstellungen, auf die ihr nicht kommt, wenn ihr das offizielle Programm studiert. Auf gen Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz, Scherben, Kunstraum Potsdam, Max Goelitz, Duve, Shahin Zarinbal, Schwartzsche Villa, Fragile, Anton Janizewski und Robert Grunenberg.

lena marie emmrich kunstverein am rosa luxemburg platz gallerytalk
Lena Marie Emrich: ‘Wishing well (Bootes)’, 2023, Natural Acrylic Stone, Plexiglas, Mirror foil, Coins, Pendant: Brass, 102 × 46 cm (Detail). Foto: dotgain.

Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz: Lena Marie Emrich

Das persönliche Vergnügen ist der natürliche Feind moralischer Bedenken. Urlaub ist schön, CO2-Kompensation immerhin möglich – einzig es fällt so leicht, die paar Euro bei Buchung eben doch nicht zu zahlen. Womit wir bei den “soft cruelties” wären, die der Ausstellung von Lena Marie Emrich im Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz ihren Titel geben. Mit Sonnenschirmen, sandfarbenen Intarsienbildern und Wunschbrunnen baut die Künstlerin ihr überästhetisiertes Paradies aus Alltagsobjekten. Wer die Show mit dem Rad ansteuert, hat jedenfalls für den Moment einmal alles richtig gemacht.

WANN: Die Ausstellung “soft cruelties” von Lena Marie Emrich eröffnet am Samstag, den 16. September, von 13 bis 18 Uhr. Sie läuft bis zum 11. November.
WO: Kunstverein am Rosa-Luxemburg-Platz, Linienstraße 40, 10119 Berlin.

Der Tipp kommt von Anna Meinecke.

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“Untitled” by Jasia Rabiej. Courtesy of the artist & Scherben.

Scherben: Jasia Rabiej

In einer Zeit vor TikTok oder Instagram dokumentierten Teenies in Polen ihr Leben auf photoblog.pl. Jasia Rabiej hat sich zurück in die sozialen Netzwerke der Nullerjahre begeben, um ihre Spuren zu bergen. Von Streifzügen auf weitgehend verlassenen Blog-Plattformen kehrt sie mit Bildmaterial zurück, das sie mithilfe kostenloser Bildbearbeitungs-Apps mit eigenen Aufnahmen verschmelzen lässt. Bei Scherben sind diese digitalen Collagen im Rahmen der Ausstellung “Nighttime Time” zu sehen. Verwirbelte Gesichter, Räume in Bewegung, Mensch und Objekt in ewigem Wandel begriffen.

WANN: Die Ausstellung “Nighttime Time” von Jasia Rabiej eröffnet am Mittwoch, den 13. September, um 19 Uhr. Sie läuft bis zum 15. Oktober.
WO: Scherben, Leipziger Str. 61, 10117 Berlin.

Der Tipp kommt von Anna Meinecke.

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Nicholas Warburg: Die Atombombe unter den Währungen, 2020 5 x 10 x 10 cm, 1 DM Brille auf Sockel. Photo: Sascha Herrmann. Courtesy the artist & Galerie Anton Janizewksi.

Kunstraum Potsdam: Nicholas Warburg

Direkt am Abgrund, am Rande der Sinnlosigkeit steht ein komfortabel ausgestattetes Hotel. Darin haust die BRD-Gesellschaft, lässt es sich all-inclusive gut gehen. In den oberen Etagen glänzt bonbonfarbener Lack, im Keller aber modern die Leichen der Vergangenheit. Diesem “BRD Noir” spürt Nicholas Warburg in seiner Ausstellung “Grand Hotel Abgrund, Vollpension” im Kunstraum Potsdam nach. Warburg lädt die Besucher*innen dabei ins nostalgisch anmutende Hotelzimmer BRD zur Durchreise ein, lässt jedoch die Kellertür immer ein Stück weit offen stehen.

WANN: Die Ausstellung “Grand Hotel Abgrund, Vollpension” von Nicholas Warburg eröffnet am Samstag, den 16. September, um 19 Uhr. Sie läuft bis zum 15. Oktober.
WO: Kunstraum Potsdam, Schiffbauergasse 4d, 14467 Potsdam.

Der Tipp kommt von Julia Stellmann.

Rindon Johnson gallerytalk max goelitz
Rindon Johnson: five, 2023. Courtesy of max goelitz. Copyright of the artist. Photo: Marojorie Brunet Plaza.

Max Goelitz: Rindon Johnson

Fünf Planeten umtanzen die Sonne. In ihrem Universum können sich nur fünf vermehren, dualistische Grundannahmen gelten nicht. Der Science-Fiction-Roman “Clattering”, den Rindon Johnson gemeinsam mit der Schriftstellerin Rainer Diana Hamilton schreibt, ist ein Vorschlag für eine offene, vielfältige Welt – eine ohne Geschlechter, Hunger, Krieg oder Gewalt. Auf dieser Erzählung basiert die Ausstellung “five” bei Max Goelitz. Die raumgreifende multimediale Installation, die anlässlich Johnsons Nominierung für den Future Generation Art Prize 2021 entstanden ist und im PinchukArtCentre in Kiew zu sehen war, hat der Künstler um neue Arbeiten ergänzt.

WANN: Die Ausstellung “five” von Rindon Johnson eröffnet am Mittwoch, den 13. September, von 18 bis 21 Uhr. Sie läuft bis zum 11. November.
WO: max goelitz, Rudi-Dutschke-Straße 26, 10969 Berlin.

Der Tipp kommt von Anna Meinecke.

Christoph Matthes duve berlin gallerytalk
Christoph Mattes *Home Is Where the Hatred Is*, 2023, 190 cm x 160 cm. Courtesy the artist and DUVE Berlin.

Duve: Christoph Matthes

“Immer wieder das Privatleben” – wer kennt es nicht? Berufliche Verpflichtungen lassen sich nicht immer ganz einfach mit Beziehung, Freunden, Hobbies und Familie vereinbaren. Das Leben kann sich dann schnell in ein lebloses Bühnensetting verwandeln, wenn die Protagonist*innen mit leeren Gesichtern alles wollen und nirgendwo so richtig anwesend sind. Die Statisten unseres Alltags, uns still begleitende Gegenstände, die in jedem deutschen Haushalt vorzufinden sind, setzt Christoph Matthes bei Duve dafür umso gekonnter in Szene.

WANN: Die Ausstellung “Immer wieder das Privatleben” von Christoph Matthes eröffnet am Freitag, den 15. September, von 18 bis 21 Uhr. Sie läuft bis zum 20. Oktober.
WO: DUVE Berlin, Michaelkirchstrasse 15, 10179 Berlin.

Der Tipp kommt von Julia Stellmann.

Edward Thomasson shahin zarinbal gallerytalk
Edward Thomasson, Channels III, 2023. Pencil, watercolour, and coloured pencil on paper, 42 x 59.4 cm. Courtesy the artist Shahin Zarinbal, Berlin. Photo: Eric Tschernow.

Shahin Zarinbal: Edward Thomasson

Jemandem durch das Loch in der Brust greifen, den Ellbogen im Hals des Gegenübers verhaken, einer Person durchs eigene Gesäß hindurch die Hand reichen. Ein Lexikon der Verknotungen wäre von Edward Thomasson hervorragend illustriert. Seine Malerei ist im Rahmen der Ausstellung “Endless Love” bei Shahin Zarinbal zu sehen. Herzstück der Schau ist die Performance “Security”.

WANN: Die Ausstellung “Endless Love” von Edward Thomasson eröffnet am Mittwoch, den 13. September, von 19 bis 21 Uhr. Sie läuft bis zum 28. Oktober. Die Performance findet von Freitag, den 14. September, bis Sonntag, den 16. September, zweimal täglich statt. Danach bis zum 21. Oktober einmal die Woche. Zur Anmeldung für die Performances geht’s hier.
WO: Shahin Zarinbal, Leipziger Straße 55, 10117 Berlin.

nevin aladag Schwartzsche villa gallerytalk
Nevin Aladağ: Jamming, 2022 3-Kanal-Videoinstallation, HD-Video, jeder Audiokanal mono, jeder Film 6 min; Edition von 5 plus 2 artist’s proofs (NA/V 26) © Courtesy of the artist and Wentrup, Berlin / VG Bild-Kunst, Bonn 2023.

Schwartzsche Villa: Nevin Aladağ

“Jamming” von Nevin Aladağ ist ein filmisches Porträt in Bild und Ton, zeigt gleichermaßen Ost- wie Westberlin, präsentiert bekannte und weniger bekannte Orte. Kurzum ist es eine Hommage rund um Aladağs Wohnort in Mitte. Schon der Titel “Jamming”, der die gemeinschaftliche musikalische Improvisation verschiedener Instrumente meint, rückt das verbindende Element der Stadt in den Fokus. Wer die mit Stoffarbeiten ausgekleidete Schwartzsche Villa nach einem Besuch verlässt, nimmt den sonst eher als störend empfundenen, alltäglichen Klangteppich der Metropole garantiert mit anderen Ohren wahr.

WANN: Die Ausstellung “Jamming” von Nevin Aladağ läuft bis zum 3. März 2024.
WO: Galerie Schwartzsche Villa, Grunewaldstr. 55, 12165 Berlin.

Der Tipp kommt von Julia Stellmann.

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Jenna Sutela, “VERMI CELL”. Fragile, Berlin, 2023.

Fragile: Jenna Sutela

Beim Betreten des Ausstellungsraums: Dunkelheit, gebrochen von pulsierenden Blitzen. Das mögen Regenwürmer so. Und für sie ist der Raum schließlich konzipiert. Bei Fragile präsentiert Jenna Sutela Komposthaufen in audiovisuell stimmungsvollem Ambiente. Strom für den Sound generiert das verrottende Biomaterial. Wildere Würmer, rasantere Zersetzung, mehr Strom: Diesen kleinen Kreislauf kann man in der Ausstellung “VERMI CELL” hören – und von dem Erlebnis ausgehend abstrakte Gedanken zu Versorgungszyklen entwickeln. Oder im Nebenraum ein Gedicht verdrücken. Verdrücken im Sinne von essen, wirklich wahr.

WANN: Die Ausstellung “VERMI CELL” von Jenna Sutela läuft bis Sonntag, den 24. September.
WO: Fragile, Leipziger Str. 63, 10117 Berlin.

Der Tipp kommt von Anna Meinecke.

anton janizewski dorian sari robert grunenberg Kensise Anders gallerytalk
Dorian Sari: The itch is back II, 2023. 124 x 6 x 124 cm, inkjet print, AluDiBond, glas, stone. Edition of 1 + 1 AP. Photo Sascha Herrmann. Courtesy the artist & Galerie Anton Janizewski, Berlin. // Kensise Anders: “Unwanted void”, 2023. Courtesy the Artist and Robert Gruneberg.

Galerie Anton Janizewski: Dorian Sari

Verstecken machte nicht nur in der Kindheit Spaß. Auch im Erwachsenenalter bleibt so einiges verborgen, denn nur zu gerne werden die weichen Seiten des Ichs versteckt. Dabei ist Menschsein doch genau das – Verletzlichkeiten zulassen, sich auch mal fragil zeigen. Was spielerisch beginnt, wird irgendwann zur Überlebensstrategie. All die verborgenen Zwischentöne, die ungesagten Wahrheiten erhalten in Dorian Saris Arbeiten in der Galerie Anton Janizewski ein materielles Gewand. Eigentlich wollen wir doch alle einfach nur gefunden werden, oder?

WANN: Die Ausstellung “Hide & Seek” von Dorian Sari läuft bis zum 20. Oktober.
WO: Galerie Anton Janizewski, Goethestraße 69, 10625 Berlin.

Der Tipp kommt von Julia Stellmann.

Robert Grunenberg: Kensise Anders

Gleich drei Soloausstellungen haben in der Galerie Robert Grunenberg eröffnet. Neben Max Mucha und Daniel Topka stellt auch Kensise Anders aus. Letztere montiert in einer speziellen Häkeltechnik Wollfäden wie Pinselstriche auf ihre Bilder, verleiht diesen somit einen fast skulpturalen Charakter. Ins Flechtwerk eingelassen sind dabei schwere Themen wie Tod, Sterben und Isolation, die jedoch ganz eng mit dem Gefühl von existenzieller Freiheit verwoben sind. Neben einem Selbstporträt als Akt nutzt Anders Bilder aus dem Internet, von Puppen und Modellen, um rassistische Stereotype hervorzukehren. Ihr haptisches Schaffen eint sie mit den anderen beiden ausgestellten Positionen.

WANN: Die Ausstellung “Isolated” von Kensise Anders läuft bis zum 28. Oktober.
WO: Robert Grunenberg, Marburger Straße 3, 10789 Berlin.

Der Tipp kommt von Julia Stellmann.

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