Ab nach Potsdam
4 exzellente Gründe für einen Kunst-Ausflug

4. Oktober 2022 • Text von

Kunst in Potsdam lohnt sich. Aber manchmal braucht es eben mehr als einen Grund, um den müden Hintern von der Couch in die S-Bahn zu verfrachten. Deswegen haben wir direkt mehrere Tipps parat – für einen Wochenendausflug voller Ausstellungen.

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FIGURE — GROUND 2, exhibition view, Kunstverein KunstHaus Potsdam, 2022. Foto: Bernd Hiepe.

Kunstverein Kunsthaus Potsdam

Viermal Ölmalerei von weiblichen Künstlerinnen vereint die Ausstellung „FIGUR – GRUND 2“ im Kunstverein Kunsthaus Potsdam. In den historischen Räumen offenbart sich die jeweils ganz eigene Bildsprache von Melanie Ebenhoch, Cosima zu Knyphausen, Marlen Letetzki und Katharina Schilling. Ebenhoch skizziert auf aus Epoxidharz gegossenen Tondi klaustrophobische Sets ohne Hauptfigur – Dorothy aus “Der Zauberer von Oz” und Celia aus “Geheimnis hinter der Tür” sind abwesend. Zu Knyphausen schichtet auf textilem Grund Darstellungen des Privaten. Ihre oft kleinformatigen Arbeiten wirken geschichtsreferenziell und gegenwärtig zugleich.

Letetzki bringt 3D-modellierte Formen auf physische Bildträger und Schilling lässt bei ihren Bildkompositionen mittels Durchtränken, Falten und Vernähen dem Zufall Raum. Allen Künstlerinnen eins ist die Ablehnung des egomanischen Gestus in der Malerei. Die Ausstellung öffnet den Blick für subtile, analytische Subjektivität innerhalb eines unendlich oft totgesagten Genres.

WANN: Die Ausstellung „FIGUR – GRUND 2“ läuft bis Sonntag, den 16. Oktober. Die Finissage beginnt um 16 Uhr. Zu diesem Anlass wird die Publikation zur Ausstellung präsentiert.
WO: Kunstverein Kunsthaus Potsdam, Ulanenweg 9, 14469 Potsdam.

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Stan Douglas, Ansicht von »An der alten Zauche« mit Plattenbauten, Hochhäusern und den Zwillingsschloten des Kohleheizwerks Rehbrücke, Am Schlaatz, 1994/95, aus der Serie Potsdamer Schrebergärten, 15-teilig. Sammlung Hasso Plattner, © Stan Douglas, Courtesy der Künstler, Victoria Miro und David Zwirner.

Das Minsk

Potsdam hat ein neues Museum und von dessen Qualität können sich Besuchende gleich dreifach überzeugen. Das frisch eröffnete Minsk zeigt mit „Potsdamer Schrebergärten“ Fotografie von Stan Douglas und mit „Der Nachbar, der will fliegen“ Garten- und Landschaftsmalerei von Wolfgang Mattheuer. Außerdem werden im ersten sogenannten „Wechselspiel“ Selbstbildnisse von Willi Sitte und Monika Geilsdorf einander gegenübergestellt. Einst war das modernistische DDR-Gebäude der Architekten Karl-Heinz Birkholz und Wolfgang Müller als Terrassenrestaurant „Minsk“ bekannt. Heute soll es als Ausstellungsort an der Schnittstelle von moderner und zeitgenössischer Kunst wieder ein Ort der Begegnung werden.

WANN: Die Ausstellungen von Stan Douglas und Wolfgang Mattheuer sowie das Wechselspiel von Willi Sitte und Monika Geilsdorf sind bis zum 15. Januar 2023 zu sehen.
WO: DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam, Max-Planck-Straße 10, 14473 Potsdam.

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Berlin-Grunewald, Rathenauplatz: Wolf Vostell: “Cadillacs in Form der nackten liegenden Maja” von 1987. Foto: Andreas Praefcke.

Museum Fluxus+

Die Beton-Autos vom Rathenauplatz waren mal ein echter Aufreger. Schon bevor die “Cadillacs in Form der nackten liegenden Maja” von Wolf Vostell 1987 im Rahmen der 750-Jahrfeier Berlins fertiggestellt waren, störte man sich an der Kapitalismuskritik. Im Museum Fluxus+, das für seine üppige Vostell-Sammlung bekannt ist, ist derzeit die Ausstellung “CONCRETE CADILLACS – Wolf Vostells Anti-Denkmal der Konsumgesellschaft” zu sehen. Die Schau lässt einerseits anhand von über 100 teils unveröffentlichten Originaldokumenten die Rezeptionsgeschichte der Skulptur nachvollziehen, andererseits sind 40 Arbeiten Vostells ausgestellt, die eine Verortung des Entwurfs des Anti-Denkmals innerhalb der Ikonografie des Künstlers erlauben.

WANN: Die Ausstellung “CONCRETE CADILLACS – Wolf Vostells Anti-Denkmal der Konsumgesellschaft” läuft bis zum 20. November.
WO: museum FLUXUS+, Schiffbauergasse 4F, 14467 Potsdam.

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Erik Schmidt, RETREAT, Kunstraum Potsdam, 2022 Courtesy of the artist; Galerie Krinzinger, Vienna; carlier | gebauer, Berlin / Madrid. Foto: © Bernd Borchardt.

Kunstraum Potsdam

Sechs Wochen Sri Lanka, wenige Monate vor Beginn der Massenproteste. Wie hallt das nach im Künstler Erik Schmidt? Die Ausstellung „Retreat“ im Kunstraum Potsdam lässt es erahnen. Dort tobt ein Sturm – oder tobte. Die Palmen auf den Leinwänden wirken ordentlich durchgepustet. Schmidt hat Betrachtenden eine Perspektive gemalt, die sich am Original nicht unbedingt einzunehmen empfiehlt. Wer einer Palme zu lang unters Blattwerk starrt, könnte schließlich von einer Kokosnuss erschlagen werden. Da diese bei „Retreat“ jedoch bereits am Boden liegen, ist die Situation wohl unbedenklich. Mittels Malerei, Zeichnung, Skulptur und Video kreiert Schmidt einen friedlichen Rückzugsort als entlarvte Illusion.

WANN: Die Ausstellung “Retreat” von Erik Schmidt läuft bis Sonntag, den 30. Oktober.
WO: Kunstraum Potsdam, Schiffbauergasse 4D, 14467 Potsdam.

In freundlicher Zusammenarbeit mit dem Kunstverein Kunsthaus Potsdam.

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