Gute Laune #14 Marta Vovk
20. Juli 2022 • Text von Anna Meinecke
Ploppt poppig auf, knallt politsch nach – Marta Vovk stellt die Klassenfrage. Mit Supermarkt-Logos verweist sie auf die Diskrepanz zwischen dem Glamour der Kunstwelt und den prekären Lebensbedingungen einer Vielzahl ihrer Akteur*innen. Wir sprechen über aufgeblasene Ernshaftigkeit und Diät-Tipps von Christian Lindner.
gallerytalk.net: Was hat dich zuletzt amüsiert?
Marta Vovk: Die Diät Tipps, die Christian Lindner kurz vor seiner Hochzeit noch der Bild verraten hat. 12 kg in drei Monaten, unser emsiger Finanzminister. Ansonsten gibt es zur Zeit viel mehr, dass mir – statt Amüsement zu bereiten – eher eine ziemliche scheiß Laune macht. Zum Beispiel der scheiß Krieg. Und dass ich umgeben bin von Militär- und Unterwerfungsspezialisten.
Mich amüsiert ja das ja!-Pattern deiner Wandarbeit „spiritual healing“ – wobei ich ahne, dass der Gedanke dahinter gar nicht so lustig ist. Was verbindest du mit dem Logo?
Na, Klassismus. Schön verpackt in tutti frutti Pop Fun. Ich denke, monetäre Verhältnisse und soziale Klasse mitzudenken, ist auch in der Kunstwelt elementar. Man verdrängt dieses Thema gerne, weil man in dieser seltsamen Diskrepanz zwischen teilweise prekären Lebens- und Arbeitsbedingungen und gleichzeitig dieser irrealen Jet-Set-Lebensrealitäten derjenigen, die die eigentliche Kunst dann auch kaufen, steckt.
Wie meinst du das?
Natürlich sind wir First World Country Fellows immer noch sehr privilegiert. Aber wenn ich mich bei meinen KollegInnen* so umsehe, wird das schon sehr deutlich: Soziale Herkunft und etwaige Privilegien haben einen direkten Einfluss auf die künstlerische Karriere. Das beginnt bei Klassikern wie zeitlichen und räumlichen Ressourcen, die für die Kunstproduktion zur Verfügung stehen und endet bei Sophie‘s Choice, überhaupt einen beruflichen Werdegang einzuschlagen, der weder Sicherheit, noch festes Einkommen garantiert.
Wie viel Humor verträgt die Kunst?
Die Kunst verträgt in allen Belangen unendlich viel von Allem und gar nichts gleichzeitig. Es gibt auf jeden Fall undenklich viel Kunst, die komisch sein soll und bei mir nur ernste Besorgnis um die Menschheit auslöst. Andersherum findet das sogar noch häufiger statt: völlig bedeutungsschwangerer Ernsthaftigkeits-Schmu, der dann eher auf eine Konfirmation gehört als in Galerieräume. Das klingt so abgedroschen, aber solange eine Debatte um Kunstwerke und Ausstellungen stattfindet, in der man dann alle ästhetischen, sozialen und politischen Hässlichkeiten der Werke durchdiskutieren und nach Belieben auch ächten kann, kann ich gut damit leben. Problematisch finde ich vielmehr die strukturellen politischen -Ismen auf institutioneller Ebene.
Woran denkst du dabei?
Es gibt so viel Sexismus, Homo- und Transphobie, Rassismus, Exotisierung, etc. in unserer gesamten Kunstgeschichte – und diese Werke hängen in Museen, werden auf Theatern wiedergegeben, das wird sich vom kultivierten Mittelstandspublikum völlig risiko- und sorgenfrei reingezogen. Da kann doch das bisschen Gegenwartskunst gar nicht gegen anstinken, so pseudoprovokant die auch daherkommen mag.
Wer oder was nimmt sich zu ernst?
Alle weißen cis-Männer. Innerhalb und außerhalb der Kunst. Diese Liste hat übrigens den Anspruch auf Vollständigkeit.
Wo hört der Spaß auf?
In der Kunst: nirgendwo. Auf der Welt: Der Spaß ist schon längst vorbei.
WANN: Die Ausstellung “No Money, No Honey” von Marta Vovk läuft bis Samstag, den 30. Juli.
WO: Galerie Falko Alexander, Venloer Str. 24, 50672 Köln.
In unserer Interview-Reihe “Gute Laune mit” sprechen wir mit Künstler*innen, deren Arbeit uns Freude macht, weil sie clever und humorvoll ist – vor allen Dingen nicht so unangenehm egal, wie vieles, dass wir vor Publikum mit wissendem Nicken bedenken und privat zum Gähnen finden.
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