Gute Laune #3 Dominika Bednarsky
1. April 2021 • Text von Anna Meinecke
Es wird so langsam wieder angespargelt und das ist der optimale Anlass, sich das Keramik-Gemüse von Dominika Bednarsky mal genauer anzusehen. Wir sprechen über kuriose Begegnungen an der Mülltonne und im fränkischen Corona-Testzentrum, über gestapelte Lebensmittel und die Absurditäten der menschlichen Existenz.
gallerytalk.net: Was hat dich zuletzt amüsiert?
Dominika Bednarsky: Letzte Woche bin ich beim nächtlichen Müll rausbringen auf einen Nachbarn getroffen, jedenfalls vermute ich das. Es war arschdunkel, ich habe ihn nicht erkannt, aber er hat direkt ganz offen mit mir gesprochen. Ich hatte gehofft, ihn irgendwann an seiner Stimme oder am Gesprächsstoff zu erkennen, aber keine Chance. Und dann war es zu spät, nachzufragen. Wir haben uns sehr gut über den Umzug mit seiner Freundin unterhalten – „ach, wurde aber auch Zeit, dass ihr zusammenzieht.“ Falls Du das liest, Du bist ein toller Mensch und Daumen hoch für Deinen neuen Lebensabschnitt mit Deiner Freundin! Darf ich noch eine?
Noch eine Anekdote? Klar!
Ich habe in Bayern einen Schnelltest gemacht. Das ging schon gut los: „Dürfsd Du hier scho allei sei?“ war die erste Frage am Eingang. Nachdem ich bewiesen hatte, dass ich 26 Jahre alt bin, kam die Frage meines Testers: „Dörf ich Ihn’n ’ne Frache stelln?“ – mit dem Stock in der Nase deuteten meine Augen ein ‚Ja’ an. „Aus welchm Land kommn Se denn?“ Müde und wissend, das kann nicht nicht rassistisch werden, quälte ich ein „Polen“ raus. „Ach lusdich, zum Glück hab ich nigs gsachd“. Mit wachsender Aggression und der gesammelten Kotze vom vorherigen Rachentest antwortete ich „Wieso, was?“. „Ach, ich hätt‘ gdachd aus Rumänien, aber is’ ned bös’ gmeint’’. Willkommen in Bayern und gern geschehen auch für den Versuch fränkisch zu schreiben. Und natürlich amüsiert mich Rassismus nicht, die Blödheit mancher (Dorf-)Menschen aber zuweilen schon.
Mich amüsieren deine Spargel-Keramiken – vor allem in der Turm-Variante, wie sie im Frankfurter 1822-Forum zu sehen waren. Woher die Begeisterung für gestapelte Gerichte?
„Spargelzeit ist die beste Zeit“ ist ein Zitat aus einem Interview, das ich 2017 zu meiner 180- einzeln-geformte-Spargel-Arbeit „A Ware & B Ware“ gegeben habe. Und nein, 2017 war ich tatsächlich nicht 12 Jahre alt. Was ich wohl damit ausdrücken wollte, war eine leichte, nicht allzu stark hinterfragende Herangehensweise an die Wahl meiner Motive. Schmeckt gut, Pipi riecht gut, heiße Form, A Ware & B Ware – erklärt sich von selbst. Drei Jahre später habe ich die Spargel als Jenga-Turm im 1822-Forum gezeigt.
Und damit hast du den Spargeln nochmal eine neue Bedeutung gegeben?
Der Spargel-Turm war Teil eines Dinner-Settings mit absurden Anordnungen und Essenspielereien, die ich mir selbst ersponnen oder im Netz gefunden habe. Da war zum Beispiel auch ein Gurkenturm. In China gab es den Trend, sich seinen Salat in einem Schnellimbiss auf die Weise vollzukloppen, immer dann, wenn man nur eine Runde am Buffet drehen durfte. Damit man ja genug bekommt! Diese Übertreibung durch die Verschwendung des Essens wollte ich durch das spielerische Lagern verdeutlichen. Absurditäten der Natur von Menschenhand auf die Spitze getrieben sind meist Ausgangspunkt meiner Arbeiten.
Wie viel Humor verträgt die Kunst?
Ruhig die volle Dröhnung. Aber letztendlich wohl immer so viel wie die betrachtende Person verträgt und versteht.
Wer oder was nimmt sich zu ernst?
Eventuell erzwungene und reingeprügelte Themen und Bedeutungen des Kunstschaffenden – klar, es gibt wichtig und richtig wichtig, aber das dann am liebsten authentisch. Zusatzantwort: meine Antwort und ich nehmen sich zu ernst.
Wo hört der Spaß auf?
Genau jetzt. Tschüss, danke, Anna, für das Interview, ich find dich ganz spitze. Und April, April, vielleicht mein’ ich’s ja alles doch nicht so. :——)
In unserer Interview-Reihe “Gute Laune mit” sprechen wir mit Künstler*innen, deren Arbeit uns Freude macht, weil sie clever und humorvoll ist – vor allen Dingen nicht so unangenehm egal, wie vieles, dass wir vor Publikum mit wissendem Nicken bedenken und privat zum Gähnen finden.
Gute Laune mit Sophia Süßmilch
Gute Laune mit Marcel Walldorf