Berlin Art Week 2020
Alles, was ihr wissen müsst

7. September 2020 • Text von

Schnallt euch an, keine lange Vorrede: Wir haben richtig viel vor die Woche. Die neunte Berlin Art Week steht an. Außerdem das Gallery Weekend und dann sind da noch all die Veranstaltungen, die in keinem der offiziellen Programme gelistet, aber trotzdem unbedingt sehenswert sind.

Malerein von Nadira Husain und Catherine Biocca.
Catherine Biocca: „Flight of Icarus“, 2018. Courtesy of PSM.// Nadira Husain: „Soft Situation and Curls“, 2018. Courtesy of PSM.

Alles geht auf gar keinen Fall – deswegen haben wir uns in diesem Jahr für eine klare Strategie entschieden. Zur Art Week empfehlen wir Ausstellungen und Events, die nur in dieser einen Woche beziehungsweise für kurze Zeit stattfinden – oder die besonders wichtig sind. Morgen folgt ein Artikel mit zehn Eröffnungen in Galerien, allesamt Orte, die wir richtig gerne mögen. Und nächste Woche schreiben wir noch einmal für euch zusammen, welche Ausstellungen in Museen und Institutionen eröffnet haben, noch eine Weile laufen und deswegen ganz in Ruhe während der kommenden Wochen besucht werden können. Los geht’s also mit der Planung für diese Woche:

Gallery Weekend ist ihnen nicht genug – sieben Berliner Galerien haben sich zusammengeschlossen und bespielen die Wilhelm Hallen in Reinickendorf. Die 3000 Quadratmeter der ehemaligen Eisenfabrik bietet genau das, was wir zur Kunstwoche wollen: exzellente Positionen in ungewöhnlichem Kontext. Gestemmt wird das Spektakel von Alexander Levy, BQ, ChertLüdde, Klemm’s, Kraupa-Tuskany Zeidler, Plan B und PSM. Und wenn ich mal so frei sein darf: Ich freue mich besonders auf die Arbeiten von Catherine Biocca, Sol Calero, Guan Xiao und Nadira Husain.

WANN: K60 ist von Mittwoch, den 9. September, bis Sonntag, den 13. September, sowie Samstag, den 19. September, und Sonntag, den 20. September, von 12 bis 19 Uhr geöffnet.
WO: Wilhelm Hallen, Kopenhagener Str. 60, 13407 Berlin.

Zwei Arme, eine Hand hält Metallstäbe und berührt damit den anderen Arm.
Photo: Nona Inescu.

Peles ist ein Schloss in Rumänien und Peles Empire ein Künstlerinnenduo, bestehend aus Katharina Stöver und Barbara Wolff. Beim Schloss hat sich das Duo seinen Namen geliehen. Die beiden Frauen geben zur Berlin Art Week in ihrem Projektraum drei anderen Künstler*innen eine Bühne. Unter dem Titel „touch“ stellen Nona Inescu, Jimmy Robert und Sung Tieu aus. Peles Empire ist einer der zehn Projekträume und Initiativen, die in diesem Jahr mit dem Project Space Award des Berliner Kultursenats ausgezeichnet werden. Auf der Webiste der Berlin Art Week gibt es eine Übersicht mit allen Gewinner*innen.

WANN: Die Ausstellung läuft bis Samstag, den 3. Oktober. Sie ist nach Absprache via Mail geöffnet.
WO: Peles Empire, Karl-Marx-Strasse 58 (2. Hof, 3. Etage), 12043 Berlin.

Außenansicht der Berliner Clubs Berghain mit einem Banner von Rirkrit Tiravanija, auf dem steht: MORGEN IST DIE FRAGE.
Rirkrit Tiravanija: “MORGEN IST DIE FRAGE” für Studio Berlin 2020 an der Berghain Fassade (Entwurf).

Am Studio Berlin kommt man in dieser Woche nicht vorbei. Die Aufregung war schon im Vorfeld groß – klar, schließlich bespielt die Sammlung Boros mal eben das Berghain und das wollten nicht nur diejenigen sehen, die gewöhnlich in dem legendären Club verkehren. Dazu kommt eine Artist List, die ihresgleichen sucht. Mehr als 80 Künstler*innen, die in Berlin leben oder arbeiten, bespielen die Location mit Fotografie, Skulptur, Malerei, Video, Sound, Performance und Installation. Dabei sind zum Beispiel Jagoda Bednarsky, Zuzanna Czebatul, Eliza Douglas, Petrit Halilaj & Alvaro Urbano, Klára Hosnedlová, Lindsay Lawson, Katja Novitskova, Timur Si-Qin, Anna Uddenberg oder Raphaela Vogel – und nein, ich konnte mich da jetzt leider nicht kürzerfassen, das ist schon unter Schmerzen zusammengestrichen. Was die Sache extra spannend macht: Wie im Berghain üblich sind Fotos verboten. Hier hilft dann wohl kein Google und kein Instagram, ihr müsst schon selber hin.

WANN: Studio Berlin ist ab Mittwoch, den 9. September für Besucher*innen geöffnet. Tickets könnt ihr über die Website buchen – unter der Woche gibt es Führungen, am Wochenende Timeslots. Installiert sind die Arbeiten voraussichtlich bis Jahresende.
WO: Berghain, Am Wriezener Bahnhof, 10243 Berlin.

Eine Frau tanzt in langem Kleid und mit Federschmuck im Haar in einer Fabrikhalle.
Cao Fei: My Future is Not a Dream 02, 2006, C-Print. © Cao Fei.

Man kann nie genug Videoarbeiten von Cao Fei gesehen haben. Sie schauen sich auch hervorragend zum zweiten und zum dritten Mal. Drum legen wir euch nahe, euch in den PalaisPopulaire zu begeben, um „Whose Utopia?“ zu genießen. In einer chinesischen Glühbirnenfabrik drücken junge Arbeiter*innen ihre Wünsche und Hoffnungen in Performances aus. In knapp 20 Minuten werden Glühbirnen produziert, es wird geschuftet, dann getanzt, musiziert, man geht ins Bett. Sie sind Individuen innerhalb einer Produktionskette. Kommt vorbei, denkt nach über Arbeit und Konsum. Es lohnt sich.

WANN: „Whose Utopia?“ von Cao Fei ist von Mittwoch, dem 9. September, bis Montag, den 14. September zu sehen. Während der Berlin Art Week hat das Museum jeden Tag von 11 bis 21 Uhr geöffnet.
WO: PalaisPopulaire, Unter den Linden 5, 10117 Berlin.

Foto von mehreren Schwarz-Weiß-Fotos, eine Arbeit von Šejla Kamerić.
Šejla Kamerić: “EXISTENCE, Anthropological Study of Death, Funerals and Things we leave behind”, 2020, Series of 82 photographs, © the artist.

„I guess I die another day”, ist das Mindeste, was man in Rückschau auf einen vergangenen Tag sagen kann und auch der Titel der neuesten Ausstellung von CCCCCOMA, dem Curational Collective Connecting Concepts of Communication and Art. Parallel zum Gallery Weekend bespielt das Kollektiv die ehemalige Kapelle des Neuen St. Jacobi Friedhofs in Neukölln. Künstler*innen wie Šejla Kamerić, Via Lewandowsky und Martin Maeller verhandeln Tod, Transzendenz und neue Anfänge.

WANN: Eröffnung der Ausstellung „I guess I die another day” von CCCCCOMA ist am Mittwoch, den 9. September, von 18 bis 22 Uhr. Die Ausstellung läuft bis Sonntag, den 13. September, und ist währenddessen immer von 12 bis 18 Uhr geöffnet.
WO: Neuer Friedhof St. Jacobi, Hermannstraße 99-105, 12051 Berlin.

Installation mit Gurken von Slavs and Tatars.
KW Institute for Contemporary Art, Slavs and Tatars, Towarzystwo Szubrawców, 2015, Raster Gallery, Warschau. Courtesy Slavs and Tatars.

Art Week ohne Bar geht gar nicht. Aber es soll ja nicht irgendeine sein. Deswegen empfehlen wir die Pickle Bar von Slavs and Tatars. Ganz in der Nähe des Ateliers der Gruppe ist in Zusammenarbeit mit den KW Institute for Contemporary Art ein Rückzugsort entstanden für Freund*innen loser Zungen, fermentierter Drinks und Spirituosen. Aperetivo Bar in Slawisch, heißt es. Die Künstler*innen Selin Davasse, Shalva Nikvashvili und Ana Prvački führen als Tamadas, als Tischmeister*innen, durchs Programm. Wenn ihr dabei sein wollt, müsst ihr euch vorher anmelden, der Eintritt kostet 10 Euro und umfasst Getränke und Snacks.

WANN: Die Pickle Bar von Slavs and Tatars und den KW öffnet am Freitag, den 11. September, und am Samstag, den 12. September, um 18 und um 20 Uhr, sowie am Sonntag, den 13. September, um 15 und um 17 Uhr.
WO: Stephanstraße 11, 10559 Berlin

Links ein halbierter Vogelkäfig von Via Lewandowsky, rechts eine Arbeit von Karin Sander.
Via Lewandowsky: “Geteilte Freude ist doppelter Spaß”, 2002. © Via Lewandowsky // Open Houses Werkhof L.57 Ivo Wessel, Karin Sander, Brushstroke, red, 2019, mobile acrylic paint, fluorescent, dimensions variable (ca. 10 x 20 cm), Edition of 5 plus 1 artist’s proof. © Karin Sander; VG Bild-Kunst, Bonn 2020; Courtesy Esther Schipper, Berlin; Photo: Martin Lauffer.

Wie wohl Künstler*innen wie Katharina Grosse oder Karin Sander arbeiten? Das lässt sich im Rahmen der Art Week herausfinden. Sie alle haben ihre Ateliers im Werkhof L.57 in Moabit und der öffnet seine Türen für Besucher*innen. Die Künstler*innen öffnen ihre Ateliers und nehmen an einer von ihnen kuratierten Gruppenausstellung in den Räumen der Architekten Sauerbruch Hutton teil. Ebenfalls vor Ort: Die Sammlung von Softwareentwickler Ivo Wessel. Dort gibt es neben Konzeptkunst, konkreter Malerei und Fotografie zum Beispiel Videoinstallationen von Julian Rosefeldt, eine Installation der !Mediengruppe Bitnik und Videoarbeiten von Klaus vom Bruch und Bjørn Melhuszu sehen.

WANN: Eröffnung im Werkhof L.57 ist am Freitag, den 11. September, von 17 bis 21 Uhr. Am Samstag, den 12. September, und am Sonntag, den 13. September, sind die Räume von 14 bis 21 Uhr zugänglich.
WO: Werkhof L.57, Lehrter Straße 57, 10557 Berlin.

Aussicht aus dem Veranstaltungsraum auf die Dächer der Stadt Berlin.
Location View Open White Gallery.

Hoch hinaus geht es mit der Open White Gallery. Wer die Gruppenausstellung „Sun Oil“ sehen will, muss im alten Posttower mit dem Lastenaufzug in den 22. Stock fahren. Belohnt werden Besucher*innen nicht nur mit einem traumhaften Ausblick über Berlin. Zu sehen sind Malereien von Charles Laib Bitton, Tadashi Toyama und Martin Aagaard Hansen. Jeden Abend zum Sonnenuntergang gibt es eine Soundperformance von Yi Ten.

WANN: Die Ausstellung „Sun Oil“ der Open White Gallery ist am Freitag, den 11. September, von 18 bis 22 Uhr, am Samstag, den 12. September, von 16 bis 22 Uhr, und am Sonntag, den 13. September, von 16 bis 20 Uhr zu besuchen.
WO: Hallesches Ufer 60, 10963 Berlin

Ansicht einer Kunstinstallation im Zeiss-Großplanetarium.
Berliner Festspiele/Immersion, Thomas Wilfred, Opus 161, 2020. © Berliner Festspiele/Immersion, Foto: Matthias Völzke.

Im vergangenen Jahr brachte der Mobile Dome auf dem Kreuzberger Mariannenplatz Kunst in die Kuppel. In diesem Jahr bespielen die Berliner Festspiele mit „The New Infinity“ den Kuppelraum des Zeiss-Großplanetariums. Gezeigt werden Arbeiten zeitgenössischer Künstler*innen, die speziell für Planetarien und Full Domes produziert wurden, aber auch klassische Avantgardefilme der „Visual Music“ und Werke der Kunstgeschichte. Das ist etwas Besonderes und deswegen sind online auch keine Tickets zu erwerben. Aber es gibt gegebenenfalls Restkarten an der Abendkasse.

WANN: Eine Übersicht über die Veranstaltungen im Rahmen von „The New Infinity“ findet ihr auf der Seite der Berliner Festspiele. Alle finden zwischen Freitag, dem 11. September, und Sonntag, dem 13. September, statt.
WO: Zeiss-Großplanetarium, Prenzlauer Allee 80, 10405 Berlin

Eine Arbeit von Luiza Prado de O. Martins.
Luiza Prado de O. Martins: “A Multispecies Banquet”. Courtesy of the artist.

Stolze 10.000 Quadratmeter misst das Gelände des E-WERK Luckenwalde. Dort trifft Kraftwerk auf Kultur. Wo früher Kohle verbrannt wurde, können Besucher*innen heute ihre Mobiltelefone kostenlos mit Kunststrom aufladen. Performance Electrics hat dafür historische Zapfsäulen umgenutzt. Der Künstler Samuel Treindl hat außerdem das ehemalige Transformationszentrum des Kraftwerks als öffentliche Küche und Bar „TRAFO“ neugestaltet. Während der Öffnungszeiten der Ausstellung werden gegen eine Spende saisonale, kohlenstoffarme Menüs angeboten.

WANN: Eröffnung ist am Samstag, den 12. September, von 16 bis 20 Uhr.
WO: E-WERK Luckenwalde, Rudolf-Breitscheid-Str. 73, 14943 Luckenwalde.

Alle Informationen zum offiziellen Programm der Berlin Art Week gibt es online. In diesem Jahr solltet ihr etwas besser organisiert sein. Für einige Veranstaltungen müsst ihr Slots buchen.

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