In Schale geworfen Galerie Sans titre eröffnet einen neuen Space
22. September 2022 • Text von Teresa Hantke
Was vor sechs Jahren unter dem Namen Sans titre (2016) als nomadisches Projekt seinen Anfang nahm, ist nun in frisch renovierten Räumen als fester Bestandteil der Pariser Galerieszene im Marais angelangt. Marie Madec und Eloi Boucher eröffnen ihre neuen Räume mit der Gruppenausstellung “Mon palais, choir”.
Es ist Rentrée in Paris. Nach langen, heißen Sommermonaten ist das Publikum im September hungrig darauf, neue Ausstellungen zu erkunden, bisher noch nicht bekannte Künstler und Künstlerinnen zu entdecken und sich wieder in das Getümmel der reichen Pariser Galerienszene zu stürzen. Zeitlich besser hätte man insofern die Eröffnung neuer Ausstellungsräume kaum legen können. Mit der Gruppenausstellung “Mon palais, choir”, zeigen die Gründerin der Galerie, Marie Madec und ihr Direktor Eloi Boucher, Arbeiten von Künstlern und Künstlerinnen, mit denen sie die letzten Jahre zusammengearbeitet haben. Sieben von ihnen, darunter die deutsche Malerin Tanja Nis-Hansen, die Städelschule-Abgängerin Zuzanna Czebatul oder der englische Skulpteur Hamish Pearch gehören mittlerweile zum festen Programm von Sans titre.
Eine Herzensangelegenheit der Galerie stellt vor allem die Förderung internationaler junger Talente in der Anfangsphase ihrer Karriere dar. Der Wunsch, den jungen Künstler und Künstlerinnen wie Agnes Scherer oder Robert Brambora, zu Beginn ihrer Karriere einen Raum zu geben sowie diese in einem gelungenen Rahmen zu präsentieren, ist der Galerie bis dato sehr geglückt: immer überraschend und dabei sehr überzeugend.
2016 begann Madec eine Ausstellung in ihren eigenen vier Wänden zu kuratieren und präsentierte Werke von Neïl Beloufa, Eliza Douglas oder Cédric Rivrain. Der Projektraum Sans titre (2016) war geboren. Drei Jahre lang fungierte die jetzige Galerie mit festem Künstlerstamm als nomadisches Projekt, das Ausstellungen in Städten wie Marseilles, Mexico-Stadt oder Brüssel organisierte. 2019 fand man schließlich geeignete Räume in einem ehemaligen Theater im 10. Arrondissement von Paris.
Nach einer Vielzahl an Ausstellungen und Messeteilhaben in den Newcomer-Sektionen großer Messen wie der FIAC 2021 in Paris oder der LISTE in Basel, präsentiert sich die Galerie mit modifiziertem Namen sans titre und neuen Räumen. Hinter einer rotgestrichenen, unter Denkmalschutz stehenden Fassade im Herzen des Marais, in der Rue Michel le Comte befindet sich nun der neue Anlaufpunkt. Der Titel der Ausstellung “Mon palais, choir” spielt direkt auf die ehemalige Nutzung der historischen Räumlichkeiten an. Zudem ist die rote Fassade, die einst eine Bar aus der Zeit der Restauration schmückte, eines der letzten Fragmente dieser emblematischen Architektur in Paris.
Die Gruppenschau vereint Werke, die auf Gemeinschaft und Geselligkeit anspielen. Zwei Zustände, die nach zweieinhalb Jahren der Pandemie noch immer als Besonderheiten angesehen werden können. So kommen auf dem als „Dinosauri e pesci“ betitelten großformatigen Gemälde des kürzlich verstorbenen italienischen Künstlers Ezio Gribaudo Fische und Dinosaurier zusammen. Die um die Ecke gehende Malerei von Yan Xinyue feiert den Exzess und auch auf Tanja Nis-Hansen rotem Gemälde verschütten die Figuren bei gemeinsamen Feiern den Wein.
Die Freude am Beisammensein überträgt sich auf das Publikum. Es macht deshalb umso mehr Spaß an der gut besuchten Eröffnung teilzuhaben. “Festive overindulging..laughing..smoking..”, wie es auf dem in Orange- und Brauntönen gehaltenen Werk von Tanja Nis-Hansen am Ende der Ausstellung heißt. Und es ist genau dies – eine fröhliche Ausschweifung – ein Fest auf und mit den Künstlern und Künstlerinnen, die Marie Madec und Eloi Boucher in ihrem viel versprechenden Programm vertreten. “Mon Palais, choir” macht definitiv Lust auf mehr, dafür braucht es nicht erst die nächste Rentrée.
WANN: Die Ausstellung „Mon palais, choir“ läuft bis Samstag, den 15. Oktober.
WO: Sans titre, 13 rue Michel le Comte, 75003 Paris, Frankreich.