Kollaborative Zuversicht Max Goelitz über seine neue Galerie in München
2. April 2020 • Text von Quirin Brunnmeier
Christa und Wolfgang Häusler haben im März die Leitung ihrer traditionsreichen Münchner Galerie an einen langjährigen Mitarbeiter übergeben. Die neu formierte Galerie max goelitz eröffnet am 2. April mit der multimedialen Gruppenausstellung „take me to“ zunächst nur online. Wir sprachen mit dem Jung-Galeristen über seinen Neuanfang und Kontinuität in stürmischen Zeiten.
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, auch für Max Goelitz. Er war lange Zeit in leitender Position bei Häusler Contemporary München tätig. Die Galerie setzte erfolgreich einen Schwerpunkt auf zeitgenössische Kunst aus den Bereichen konzeptuelle Malerei, Zeichnung und Skulptur. Goelitz wird die Galerie nun unter eigenem Namen am gleichen Ort weiterführen.
gallerytalk.net: Du hast lange in der Galerie Häusler Contemporary gearbeitet, nun führst Du die Galerie unter Deinem eigenen Namen weiter. Was sind wichtige Erfahrungen für Deinen Schritt in die Selbstständigkeit?
Max Goelitz: Ich habe fast zehn Jahre bei Christa und Wolfgang Häusler gearbeitet, zunächst als Assistent, dann als Direktor. Zudem habe ich für die Galerien in München und Zürich Projekte mit dem Künstler James Turrell betreut. Das waren für mich spannende Erfahrungen, ich hatte den Vorteil, viel reisen zu können, habe die internationalen Kunden der Galerie betreut, mit einem Schwerpunkt auf dem US- und Latein-Amerikanischen Raum. Wir haben auch versucht, Kundenbeziehungen nach Asien aufzubauen, über eine Co-Teilnahme an der Art Basel Hong Kong. Die Galerie stand vor einer Herausforderung, die wir mit vielen anderen Galerien teilen. Wir hatten das Privileg, international renommierte KünstlerInnen im Programm zu haben und mussten dementsprechend international agieren. Eine Galerie muss den KünstlerInnen etwas bieten können. Viele unserer KünstlerInnen sind auch bei großen Galerien vertreten, auf einer gewissen Ebene steht man in einem Konkurrenzverhältnis. Daher war es immer der Ansatz, kreativ eine Nische zu finden, in der wir als kleine, mittlere Galerie, trotzdem auf internationalem Niveau agieren können, im Feld der Großen. Das ist die Herausforderung.
Dieser Herausforderung willst Du Dich auch mit der Galerie max goelitz stellen?
Mein Ansatz ist und war immer ein kollaborativer. Es existieren zwar noch Vorstellungen von Exklusivität bei gewissen Galeristen, in denen KünstlerInnen ausschließlich von einer Galerie vertreten werden. Mein Ansatz ist jedoch ein offenerer: Oft sind einzelne Galerien, realistisch betrachtet, nicht in der Lage, einen signifikanten Impact zu generieren. Auch die KünstlerInnen haben verstanden, dass in einem kooperativen Zusammenspiel von mehreren Galerien ihre größte Chance liegt. Von daher ist es mein Ansatz, sehr aktiv mit Partnerschaften zwischen Galerien umzugehen. So ist es uns gelungen eine enge, freundschaftliche Zusammenarbeit mit der Galerie OMR aus Mexico-City einzugehen. Das bedeutet gemeinsame Messeteilnahmen, gemeinsame Ausstellungen und gemeinsame Entwicklung von Großprojekte. Wir haben KünstlerInnen unserer Partnergalerie im europäischen Kontext vorgestellt und eingeführt, aber dies ganz stark auch in die andere Richtung forciert. Da ist die jeweilige lokale Vernetzung für beide Partner natürlich sehr von Vorteil. Das ist ein Weg, den eine Galerie unserer Größe gehen können: Ein Netzwerk auf Augenhöhe, das von einer authentischen lokalen Basis eine internationale Sichtbarkeit für die KünstlerInnen schaffen kann.
Diese Formen der Kollaboration willst Du weiter intensivieren?
Es gehört viel dazu, solche Partnerschaften aufzubauen, auch auf persönlicher Ebene. Aber das ist ein Weg, den ich versuchen werde zu intensivieren, um Partnerschaften mit weiteren Galerien einzugehen. Es ist für meine Galerie im Moment natürlich ein Neubeginn, daher auch der Titel der ersten Ausstellung „take me to“ – das signalisiert einen Aufbruch in eine Zukunft, die ich aktiv gestalten will. Dabei habe ich natürlich den Vorteil, dass ich von einer starken Basis aus beginnen kann. Häusler Contemporary war fast dreißig Jahre lang eine wichtige Galerie in München, mit einem relevanten Programm, das ich auch zu einem großen Teil weiterführen werde. Die Galerie ist organisch gewachsen, mit dem Umfeld, mit den Kontakten zu Sammlern und natürlich mit den engen Beziehungen zu den KünstlerInnen. Mein Anspruch wird es sein, daran erfolgreich anzuknüpfen. Ein Aspekt wird sicher eine gewisse Kontinuität sein, programmatisch aber auch in der Unternehmenskultur. Gleichzeitig will ich natürlich ein eigenes Profil entwickeln, eine Verjüngung in Gang setzen. Jede Galerie wächst und entwickelt sich mit ihrem Programm über die Jahre. Ich bin aus einer anderen Generation und habe einen anderen Blick auf KünstlerInnen meiner Generation.
Die Übernahme einer bestehenden Galerie mit einer langwierigen Geschichte ist ein großer Schritt.
Als Galerist hat man eine entscheidende Rolle für das Programm, auch in der Außenwahrnehmung der Galerie. Absolut grundlegend für die Übernahme der Galerie war für mich zuerst die Zustimmung der KünstlerInnen. Als die Übernahme der Galerie dann an das engste Umfeld kommuniziert wurde, gab es sehr positive Signale, eine Welle wohlmeinendes Feedback. Trotz meiner schon zuversichtlichen Haltung bin ich noch positiv überrascht worden. Ich glaube viele haben auch das Gefühl, es ist gut, wenn es Veränderungen in München gibt. Viele der etablierten Galerien entspringen einer gewissen Generation. In dem längeren Zeitraum, in dem wir über eine Übergabe der Galerie gesprochen haben, konnten wir kaum Beispiele finden, bei denen eine Übergabe einer Galerie, speziell außerhalb von familiären Banden, gut geklappt hat. Für mich war auch der Schritt aus einem Angestelltenverhältnis in eine unternehmerische Rolle zentral. Ich habe mich entschieden, den Standort, auch im Sinne der Kontinuität, beizubehalten, auch wenn sich das Namensschild ändert. Es bleibt für mich dennoch ein großer unternehmerischer Schritt.
Für diese Entwicklung zwischen Kontinuität und Verjüngung steht auch die Auswahl der KünstlerInnen für die Eröffnungsausstellung?
Ja, sie ist der Ausgangspunkt. Eine Gruppenausstellung mit den sieben internatioanlen KünstlerInnen Niko Abramidis &NE, Neil Beloufa, Nina Canell, Brigitte Kowanz, Haroon Mirza, Gabriel Rico und Keith Sonnier. Gerade für das erste Jahr habe ich eine Reihe von generationsübergreifenden Ausstellungen geplant. Einige der Positionen sollen bald in Einzelausstellungen und in Duo-Ausstellungen vertieft werden. Dabei geht es mir darum, ganz entschieden mit dem bestehenden Programm weiterzuarbeiten aber auch neue Kontextualisierungen zu ermöglichen. Ganz wichtig ist mir die Internationalität des Programms. Die KünstlerInnen der Eröffnungsausstellung sind auf internationalem Niveau, werden von großen Galerien präsentiert und auf Biennalen gezeigt. Das ist das Level, an dem ich mich auch in Zukunft orientieren will.
Die Ausstellung „take me to“ wirkt in sich sehr schlüssig. Auffällig ist ein gewisser Minimalismus, aber auch ein bewusster Umgang der KünstlerInnen mit Technik.
Die Technik soll nicht im Vordergrund stehen, aber sie ist natürlich ein verbindendes Element. Ich wollte Arbeiten zeigen, die den Betrachter involvieren. Ich zeige nicht in erster Linie Medienkunst, sondern Positionen, die einen ebenso selbstverständlichen Umgang mit technischen Ansätzen wie auch mit den traditionellen Bildmedien verfolgen. In diese Richtung wird sich mein Programm entwickeln, denn ich denke, eine zeitgenössische Relevanz zeigt sich auch immer im Umgang mit den Lebenswelten, in denen wir uns befinden. Das machen KünstlerInnen oft noch sensibler als wir alle. Jedoch geht es nie um Technologie als Selbstzweck. Mir sind konzeptbasierte Positionen wichtig. Weniger eine klassische Narration, eher die Auseinandersetzung mit gedanklichen Konstrukten, die eine Arbeit in einen Kontext einbetten können. Was mich sehr freut, ist, dass die Arbeiten in dieser Ausstellung, unabhängig vom Medium oder der Generation der KünstlerInnen, eine gemeinsame Tonalität haben.
Du willst kollaborativ und auch international arbeiten. Das heißt, Du willst auch auf Messen gehen?
Wenn es wieder Messen gibt, ja (lacht). Eigentlich wäre die Art Cologne dieses Jahr meine erste Messe gewesen, in einem Doppelstand mit Häusler Contemporary, die weiterhin die Galerie in Zürich betreiben. Das Szenario, in dem wir uns gerade befinden, war natürlich keines der Szenarien, die ich im Vorhinein durchgespielt hatte. Aber ich bin nach wie vor zuversichtlich. Im normalen Modus hätten wir jetzt mit einem großen Fest die Galerie eröffnet. Es macht mich natürlich ein bisschen traurig, dass das jetzt nicht möglich ist. Aber ich bin mir sicher, dass sich dieser Schritt nachholen lässt und das Interesse auch in der Zukunft nicht abreißen wird. Der total globalisierte und eventisierte Kunstmarkt ist zum Innehalten gekommen, für uns wie für alle andere Galerien auch. Aber wir sehen das nun als unsere Strategie: Wir werden Videos der Ausstellung veröffentlichen aber auch immer prüfen, was Mehrwert schafft. Unser Team arbeitet gerade sehr intensiv an der Aufbereitung von Inhalten, zu den KünstlerInnen, zu den einzelnen Arbeiten. Ich sehe die nächsten Wochen vor allem als Zeit der Kommunikation. Wir wollen uns auf das konzentrieren, was am wichtigsten ist – die Kunst.
WANN: Die Ausstellung „take me to“ wird am Donnerstag, den 2. April online eröffnet. Sie wird bis 14. Juni präseniert. Die offizielle Eröffnung der Galerie für eine breitere Öffentlichkeit wird zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.
WO: Online hier, offline bei Max Goelitz, Maximilianstraße 35, Eingang Herzog-Rudolf-Straße, 80539 München.