Raus aus der Hauptstadt Kunst-Ausflüge um Berlin herum
27. Juli 2021 • Text von Carolin Kralapp
Keine Lust, eine Urlaubsreise zu planen, aber dennoch Verlangen nach einem kleinen Ortswechsel, um dem Großstadttrubel in Berlin für einen Moment zu entfliehen? Kein Problem! Wir haben unsere favorisierten Ausflugsziele um Berlin herum zusammengefasst – das Beste daran: Überall gibt es derzeit Kunst zu sehen.
Bernau bei Berlin: Galerie Bernau
Im Hof der Galerie Bernau steht ein Baugerüst. Es scheint erst einmal keinen Zweck zu erfüllen und das ist doch direkt der beste Indikator dafür, dass es sich hierbei um Kunst handeln dürfte. Im Nord-Osten Berlins könnt ihr euch aktuell gleich drei Ausstellungen auf einmal anschauen. Eine davon ist Alison Darbys “Shift”. Das besagte Gerüst hat die Künstlerin mit Textilien aus Beton anstelle der üblichen trittsicheren Böden ausgestattet. Es ist die Bühne für eine Soundarbeit, die ihr Faultiere euch auch hier anhören könnt, falls ihr denn noch nicht in die Bahn gen Bernau steigen wollt. Es geht um das älteste Industriegebäude auf der Spreeinsel Alt-Stralau, das 1865 als Textilfabrik erbaut, während der 1920er Jahre von der Radio- und Rundfunkindustrie genutzt und nun nach Schließung, Zwischennutzung, Besetzung für exklusives Wohnen hochsaniert wird.
WANN: “Shift” von Alison Darby läuft bis Samstag, den 31. Juli.
WO: Galerie Bernau, Bürgermeisterstraße 4, 16321 Bernau bei Berlin.
Der Tipp kommt von Anna Meinecke
Biesenthal: Wehrmühle Biesenthal
Wer abseits des Trubels auf der Suche nach einem Ort der Ruhe und des Kunstgenusses mitten im Grünen ist, ist auf dem Gelände der Wehrmühle Biesenthal und der aktuellen Ausstellung “Shapes of Comfort” sehr gut aufgehoben. Noch an den nächsten beiden Wochenenden können die internationalen Keramikarbeiten im harmonischen Einklang mit Konturen, Formen und der umliegenden Natur besichtigt werden. Die Ausstellung wird begleitet von Workshops und zeigt die Arbeiten von 8 Künstler*innen. Mit dabei sind zum Beispiel Yasmin Bawa, Margaret Rae Flatley, Iva Drekalovic und Davide Monaldi. Die Empfindung und das Naturerlebnis stehen hier ganz klar im Vordergrund und den Objekten wird der nötige Raum für ihre persönlichen Entstehungs- und Hintergrundgeschichten gegeben. Die Ausstellung bietet die perfekte Gelegenheit, runterzufahren und gleichzeitig etwas über Keramikkunst zu lernen, die vielerorts noch immer um die volle Anerkennung als Kunstdisziplin zu kämpfen hat. Unser Tipp: Lasst euch von den Kurator*innen der Schau, Elizaveta Petrova, Tijoe Meyer Hecken und Jakub Kubica herumführen und etwas zu den Werken erzählen – man hängt an ihren Lippen, so spannend ist das!
WANN: “Shapes of Comfort” ist noch bis Sonntag, den 08. August, jeweils an den Wochenenden von Freitag bis Sonntag zu sehen.
WO: Wehrmühle Biesenthal, Wehrmühlenweg 8, 16359 Biesenthal.
Meseberg: Schloss Meseberg und Umgebung
Etwa eine Stunde nördlich von Berlin entfernt trifft zeitgenössische Kunst auf barocke Architektur im beschaulichen Meseberg, einem Ortsteil der Stadt Gransee. Die Galerie Nagel Draxler, die Standorte in Berlin, Köln und München hat, richtet hier die Ausstellung “1ST MESEBERG INTERNATIONAL for Contemporary Art” auf dem Areal des im 18. Jahrhundert erbauten Schloss Meseberg aus und zeigt 17 künstlerische Positionen unterschiedlicher Medien. Beim Schlendern trifft man zum Beispiel auf ein übergroßes Magnum-Stieleis, ein begehbares “gelbes Loch” oder Gartenskulpturen mit niedlichen aufgespießten und blumenähnlichen Wesen. Perfekt für eine kleine Sommerpause. Wer stellt aus? Unter anderem Anna Fasshauer, Kirsi Mikkola, Dominik Sittig und Mirjam Thomann. Geplant ist es, auch zukünftig in Meseberg Sommerausstellungen zu realisieren und den Skulpturengarten zu bespielen. Das sollten wir also im Blick behalten!
WANN: “1ST MESEBERG INTERNATIONAL for Contemporary Art” läuft noch bis zum 28. August.
WO: Meseberger Dorfstraße 32, 16775 Gransee.
Lieberose: Schloss Lieberose
Rohkunstbau geht in die nächste Runde und zeigt im etwas in die Jahre gekommenen Schloss Lieberose im brandenburgischen Dahme-Spreewald eine neue Ausstellung mit dem Titel “Ich bin Natur. Von der Verletzlichkeit. Überleben in der Risikogesellschaft”. Sie ist eine Reaktion auf den noch immer andauernden Pandemie-Zustand, in dem wir uns als Gesellschaft im – mehr oder weniger – Miteinander befinden und von dem wir vermutlich alle so langsam die Nase voll haben. Wann der Zustand tatsächlich überwunden sein wird, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehen. Die künstlerischen Arbeiten kreisen rund um die Natur, um unser Verhältnis zu ihr, um Naturkatastrophen, den Klimawandel, den Verlust von natürlichen Lebensräumen oder, selbstredend, den Ausbruch von Pandemien. Alle Werke der 22 international eingeladenen Künstler*innen sind entweder explizit für die Ausstellung entstanden oder aus den jeweiligen Beständen ausgewählt. Zu sehen sind unter anderem Arbeiten von Yoko Ono, Gilbert & George, Philippe Parreno und Luzia Simons.
WANN: Rohkunstbau 26 läuft noch bis zum 3. Oktober.
WO: Schloss Lieberose, Schloßhof 3, 15868 Lieberose.
Kummerow: Schloss Kummerow
Kunst in spektakulären Räumlichkeiten – wer kann sich dessen schon verwehren. Das schnieke Schloss Kummerow zweieinhalb Autostunden nördlich von Berlin macht das Eigenheim zum zentralen Sujet der Ausstellung “TRAUTES HEIM, ALLEIN”. Nachdem wir über die vergangenen Monate alle exzessiv daheim gewesen sind, dürfte das ein Thema sein, an das Betrachter*innen schnell anknüpfen können. Es geht um Geschmack, Gemütlichkeit und Abschottung. Weil der Rückzug ins Private eben immer auch die Abschottung von Öffentlichkeit impliziert, ist die Schau auch eine politische. Henrike Naumann kombiniert Nachwende-Mobiliar mit der Malerei ihres Großvaters, Peter Piller dokumentiert deutsche Eigenheime Marke BRD mit einem erwähnenswerten Akzent auf dem Akt des Rasenmähens, Andrea Grützner lässt mit ihrer Fotografie ästhetisch wirken, was tatsächlich Koblenz ist. Lust bekommen? Rein ins Auto! Die fotografische Sammlung des Hauses ist ebenfalls geöffnet und lädt ein, noch ein bisschen länger durch die opulenten Räumlichkeiten zu flanieren.
WANN: “TRAUTES HEIM, ALLEIN” läuft noch bis zum 31. Oktober.
WO: Schloss Kummerow, Dorfstraße 114, 17139 Kummerow.
Der Tipp kommt von Anna Meinecke
Lust auf Stadtflucht, aber ihr wohnt nicht in Berlin? Wir haben bereits Tipps für Kunst-Ausflüge rund um Frankfurt, in Bayern und in Nordrhein-Westfalen zusammengestellt. Und wenn’s mal etwas weiter weg sein soll: Diese Museen sind eine Reise wert.