Schlag den Gong
Sarah Ancelle Schönfeld bei Jevouspropose

7. August 2023 • Text von

In der 14. Ausgabe der kuratorischen Serie Jevouspropose zeigt Elise Lammer Arbeiten von Sarah Ancelle Schönfeld. In der Ausstellung „Tout Doux: Gong Bath“ zu sehen sind drei Frauengestalten aus Draht. Ihre Brüste bestehen aus je zwei Gongs, die zu schlagen, die Künstlerin die Ausstellungsbesuchenden einlädt.

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Sarah Ancelle Schönfeld, Installation view “Tout Doux: Gong Bath”. Solo show curated by Elisa Lammer, Jevouspropose, Zurich, 2003. Courtesy of the artist. Photo Studio Seghrouchni.

Der Ausstellungsraum des Zürcher Offspace Jevouspropose ist wie ein Schaufenster von der Straße her einsehbar. Von außen sind drei weibliche Figuren mit runden Brüsten zu erkennen, die den weißen Ausstellungsraum bevölkern. Eine Figur sitzt auf dem Fensterbrett, eine kniet auf dem Boden und eine schwebt mit ausgebreiteten Armen wie im Sprung von der Decke.

Sarah Ancelle Schönfeld schuf die Skulpturen aus je einem Rundstab von Hellblau überzogenem Stahl. Geschwungen, gedreht, geknickt und gebogen wird der Rundstab zu einer grafischen Umrisslinie. Die Skulpturen konstituieren sich aus dieser Linie und dem von ihr umschlossenen Raum.

Von einem frontalen Betrachtungsstandpunkt besehen, evozieren die Skulpturen die Formen weiblicher Körper. Beim Umrunden der Arbeiten ergeben sich jedoch unterschiedliche Ansichten. Je nach Standpunkt der Betrachtenden lösen sich die drei Körper in abstrakte Liniengefüge auf.

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Sarah Ancelle Schönfeld: Tout Doux: Gong Bath, 2023. Steel, powder-coated and brass, 170 x 104 x 136 cm. Installation view from the solo show “Tout Doux: Gong Bath”, curated by Elise Lammer, Jevouspropose, Zurich 2023 // Sarah Ancelle Schönfeld, Installation view “Tout Doux: Gong Bath”. Solo show curated by Elisa Lammer, Jevouspropose, Zurich, 2003. Courtesy of the artist. Photo Studio Seghrouchni.

Vor jeder der Arbeiten schweben zwei runde Metallscheiben wie Brüste. Sie sind durch transparente Nylonfäden an den Rundstäben angebracht und hängen folglich frei beweglich im Leerraum der Skulpturen. Es handelt sich um Buckelgongs, um Klangkörper aus Bronze. Diese kommen traditionellerweise als Musikinstrumente zum Einsatz oder sind mit rituellen und religiösen Praktiken verbunden.

In der Ausstellung „Tout Doux: Gong Bath“ werden diese Objekte nicht nur visuell, sondern auch körperlich erfahrbar gemacht. Die Gongs dürfen berührt und mit einem Schlägel angeschlagen werden. Dies kostet zunächst Überwindung. Denn das Gebot der Unantastbarkeit des Kunstwerks im White Cube wird damit unterlaufen. Mit diesem „To Do“ des Anschlagens eines als Brust visualisierten Gongs vermittelt die Künstlerin eine provokante und zugleich humoristische Einladung an die Rezipierenden ihrer Arbeit.

Die Ausstellungsbesuchenden aktivieren die Klangkörper und werden so direkt in die Arbeit einbezogen. Durch das Schlagen der Gongs werden die Skulpturen zum Klingen gebracht. Ihr Ton durchdringt den Ausstellungsraum. In direkter Nähe zu den Klangkörpern ist die Vibration des Gongs deutlich spürbar. Zudem bringt jeder Gong einen anderen Ton hervor. Schönfelds Arbeiten schaffen einen Erfahrungsraum, der alle Sinne anspricht.

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Sarah Ancelle Schönfeld, Installation view “Tout Doux: Gong Bath”. Solo show curated by Elisa Lammer, Jevouspropose, Zurich, 2003. Courtesy of the artist. Photo Studio Seghrouchni.

Diese sinnliche Erfahrung soll dabei auch eine heilsame Wirkung entfalten. In vielen Kulturen werden Gongs heilende Eigenschaften zugeschrieben, die sich durch ihre Schwingungen und meditativen Klänge vermitteln. Schönfeld setzt sich in ihren multimedialen Arbeiten mit diesem Heilwissen auseinander. Es geht ihr dabei um die Vermittlung eines alternativen Erfahrungswissens, das sich einer rein kognitiven Beschreibung entzieht. Einem stressüberladenen Alltag möchte sie ein meditatives, physisches Erleben von Kunst entgegen setzen.

In Ausstellungsraum von Jevouspropose zeigt Schönfeld abstrakte Stahlskulpturen und zugleich klingende Körper. Zum Tönen gebracht, erzeugen diese Arbeiten ein „Klangbad“, das eine wohltuende Wirkung entfaltet. Die Körper der Betrachtenden treten in direkte Beziehung zu den der Skulpturen. Beide werden in Schwingung versetzt.

WANN: Die Ausstellung „Tout Doux: Gong Bath“ läuft bis Sonntag, den 27. August.
WO: Jevouspropose, Molkenstrasse 21, 8004 Zürich.

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