Die besten 9 Ausstellungen zum Gallery Weekend
8. September 2020 • Text von Anna Meinecke
Doppelte Extravaganza in dieser Woche. Es ist schließlich nicht nur Art Week, sondern auch das Gallery Weekend wird nachgeholt. Wir haben die vielversprechendsten Ausstellungen in Galerien gesammelt – manche zählen zum offiziellen Programm, andere werden einfach so richtig gut.
Es tropft von den Lippen von Anna K. E.. Die Künstlerin blickt hinab auf die Kamera, während sich die Flüssigkeit langsam auf die Kamera zubewegt, sie schließlich verdeckt. Die Betrachter*innen blickt sie an von einem großformatigen Screen. Es ist ein mächtiges Bild: Der Raum ist fast leer. Gerahmt wird er von Ballettstangen, an denen Lautsprecher montiert sind. Rhythmische Trommelschläge erzeugen einen ganz eigenen Sog. Die Ausstellung „Dolorem Ipsum“ könnte reduziert wirken, verspricht jedoch gleichzeitig ein intensives Erlebnis.
WANN: Von Mittwoch, den 9. September, bis Sonntag, den 13. September, ist die Ausstellung „Dolorem Ipsum“ von 10 bis 19 Uhr geöffnet, danach zu den regulären Öffnungszeiten der Galerie. Zudem gibt es eine neue Ausstellung im Online-Viewing-Room.
WO: Galerie Barbara Thumm, Markgrafenstr. 68 (Passage), 10969 Berlin.
Die Kokosnuss in den Händen in der Hängematte schaukeln – das wird wohl nichts in diesem Jahr. Zwar wollten wir schon 2019 alle nicht mehr so viel fliegen, aber erst seit der Pandemie scheint Urlaub im Allgäu einer nennenswerten Zahl an Mitmenschen eine attraktive Alternative zu karibischem Sandstrand. „palm down“ heißt die Ausstellung von Andy Kassier im HANZ.studio. Sie wagt den Spagat zwischen dem Verfall des Paradieses und dem Entspannungsversprechen bepalmter Landschaften, die Andy Kassier in der Rolle des Performers ins Home-Office holt. Andy, der erfolgreiche Geschäftsmann, lädt in Sakko und Pantoffeln zur Beobachtung.
WANN: Von Mittwoch, den 9. September, bis Sonntag, den 13. September, ist die Ausstellung „palm down“ zwischen 13 und 21 Uhr geöffnet, bis Sonntag den 4. Oktober nach Vereinbarung.
WO: HANZ.Studio, Strausberger Platz 19, 10243 Berlin.
Identität funktioniert nicht wie ein Apothekerschrank – im Sinne von „alles hat seine Schublade“. Die Ausstellung „Splintered subjects along the margin“ in der Galerie Anton Janizewski denkt Identität nicht in festen Kategorien, sondern fragmentarisch, und Individuen entsprechend als Summe von vielem, nicht als Representant*innen für etwas Bestimmtes. Teilaspekte von Identität können sich ergänzen, sie können überlappen, aber sie können sich auch widersprechen. Arbeiten von Manuela De Laborde, Jenny Berger Myhre, Heiko-Thandeka Ncube, Mazlum Nergiz und Lemohang Jeremiah Mosese zeigen Bezüge zwischen Gender, Race und Klasse auf.
WANN: Eröffnung ist am Mittwoch, den 9. September, von 18 bis 20 Uhr. Ab Freitag, den 11. September ist die Ausstellung „Splintered subjects along the margin“ zu den regulären Öffnungszeiten der Galerie zu sehen.
WO: Galerie Anton Janizewski, Goethestraße 69 10625 Berlin.
Wenn Träume in den Tag hineinreichen, dann sind es hoffentlich süße. Von schlechten Gedanken will sich schließlich niemand in den Morgen tragen lassen. Aber man kann sich das ja nicht aussuchen. „My Dream Is Longer Than The Night“ heißt die Ausstellung von Benedikte Bjerre bei Goeben Berlin. Und wenn wir irgendwas nicht erwarten können, dann sind das vermutlich rosige Zukunftsvisionen. Gezeigt werden wenige großformatige Arbeiten – Lüftungsmodule, eine Collage mit Auszügen aus der „New York Times“ auf Stahl. Und laut wird’s.
WANN: Eröffnung der Ausstellung „My Dream Is Longer Than The Night“ ist am Donnerstag, den 10. September, von 14 bis 21 Uhr. Während der Art Week ist sie am Freitag, Samstag und Sonntag geöffnet, ansonsten immer samstags von 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung.
WO: Goeben Berlin, Goebenstrasse 22, 10783 Berlin.
Ziemlich genau vor einem Jahr war es schon einmal Brandon Lipchick, der uns zu Robert Grunenberg lockte. Damals mit pastelliger Malerei. Rosige Körperteile, Keramik und Tennisbälle erinnerten an den Spätsommerurlaub, den man vergessen hatte, zu planen. Fassen wir uns kurz: So wird die Ausstellung „Visions of Song“ überhaupt gar nicht. Es sind Wolken aufgezogen über den Motiven Lipchicks. Da sind Schlangen, Pfeile, Flammen. Die Körper wirken schwach, gar leblos. Es ist 2020 und 2020 fühlt sich nicht an wie ein Wochenende auf Capri. Schließen wir an dieser Stelle mit dem Satz, den Lipchick dem Text zu seiner Ausstellung voranstellt: „This is the real world, after all.“
WANN: Die Ausstellung „Visions of Song“ von Brandon Lipchick ist ab Donnerstag, den 10. September, zu den regulären Öffnungszeiten der Galerie zu sehen.
WO: Robert Grunenberg, Marburger Str. 3, 10789 Berlin.
Mode, Esoterik, Weiblichkeit und Feminismus – über diese Schlagwörter erschließt sich der Kosmos von Sylvie Fleury. Jedenfalls ein bisschen, denn die Kunst will schließlich erlebt werden. Unter dem Titel „SHAME“ bespielt Fleury gleich beide Standorte der Galerie Mehdi Chouakri. Sie deutet Arbeiten männliche Künstler um (Donald Judd), lässt Arme und Hände von den Wänden hängen und naja, zu sehen ist auch dieses eine ganz besonders fabelhafte paar Glitzerschuhe.
WANN: Während des Gallery Weekends ist die Ausstellung „SHAME“ von Freitag, dem 11. September, bis Sonntag, dem 13. September, von 10 bis 19 Uhr geöffnet.
WO: Galerie Mehdi Chouakri Mommsenstrasse, Bleibtreustrasse 41, 10623 Berlin sowie Galerie Mehdi Chouakri Fasanenplatz, Fasanenstrasse 61, 10719 Berlin.
Orgasmus, Erkenntnis, Schmerz – all das kann begleitet sein von einem leidenschaftlichen „Aah“. Welches dieser Aahs der Titel der Ausstellung von Austin Lee nun meint, müsst ihr selbst entscheiden. Peres Projects zeigt neue Gemälde des Künstlers. Die sind so genau so verspielt, knallig und von liebenswert anmutenden Figuren bevölkert, wie man es von Lee bereits kennt. Die Motive wirken vertraut, gleichzeitig scheinen die Bilder ein Tor in eine Fantasiewelt zu öffnen, in der Realität und Vorstellung bereits verschwommen sind. Lees Arbeiten sind ganz offensichtlich verwurzelt im Zeitgeist, dabei aber mit einem Optimismus ausgestattet, den die Gegenwart nicht selten vermissen lässt.
WANN: Eröffnung der Ausstellung „Aah“ ist am Freitag, den 11. September, von 18 bis 20 Uhr. Danach die Schau zu den regulären Öffnungszeiten der Galerie zu sehen.
WO: Peres Projects, Karl-Marx-Allee 82, 10243 Berlin.
Ja, es sind nackte Körper, doch sie fordern unsere Sehgewohnheiten heraus. Ambera Wellmann spickt ihre Arbeiten mit kunstgeschichtlichen Referenzen. Ihre Figuren verweigern sich dennoch gänzlich einer normativen Lesart. Sind es Menschen, sind es Tiere? Welches Geschlecht haben sie oder haben sie keins? Wellmann nimmt eine feministische, queere Perspektive ein. Sie zeigt Körper sinnlich verknotet und verletzlich zugleich. Man muss ihre Malerei unbedingt live gesehen haben.
WANN: Eröffnung der Ausstellung von Ambera Wellmann ist am Freitag, den 11. September, von 18 bis 21 Uhr. Danach die Schau zu den regulären Öffnungszeiten der Galerie zu sehen.
WO: Kraupa–Tuskany Zeidler, Kohlfurter Str. 41/43, 10999 Berlin.
Vorhang auf, Bühne frei, tretet ein. Wer eine Ausstellung von Catherine Biocca besucht, findet sich sofort mittendrin im Geschehen. Im Fall von „Milky Seas“ bei PSM ist es ein Schwatz zweier alter Frauen, den Besucher*innen nicht überhören können. Wird hier gehetzt, gescherzt oder aufgestachelt? Es wird aufregend unruhig und auf jeden Fall ein Erlebnis.
WANN: Während des Gallery Weekends ist die Ausstellung „Milky Seas“ am Samstag, den 12. September, und am Sonntag, den 13. September, von 12 bis 19 Uhr geöffnet. Danach die Schau zu den regulären Öffnungszeiten der Galerie zu sehen.
WO: PSM, Schöneberger Ufer 61, 10785 Berlin.
Eine Übersicht für das offizielle Programm gibt es auf der Website des Gallery Weekends.
Noch nicht genug auf dem Zettel? Dann empfehlen wir euch unsere Übersicht mit Ausstellungen und Veranstaltungen, die nur diese Woche beziehungsweise für kurze Zeit stattfinden. Kommende Woche folgt ein Artikel über Ausstellungen in Museen und Institutionen, die ihr euch auch die kommenden Wochen über noch in Ruhe anschauen könnt.