Kunstgriff ins Klo
Warum der deutsche Kunstbetrieb immer antirassistisch handeln muss

9. Juni 2020 • Text von

Kunst hat einen edukativen Auftrag. Der geht weiter als mit dem Finger in die Vereinigten Staaten zu zeigen oder nur schwarze Instagram-Blöcke zu posten. Für diesen Auftrag stehen eine Menge intelligenter Individuen und Netzwerke an unserer Seite, die seit Ewigkeiten ihre Arbeit und ihr Leben für Menschenrechte geben. Wie können wir proaktive Solidarität in einer Zeit finden, in der historische Risse unsere globale Gesellschaft in Schutt und Asche legen? (Text: Anna Ehrenstein und Heiko-Thandeka Ncube)

Ein Screenshot vom Instagram-Profil des hFACTOR Kollektivs aus Lagos zeigt George Floyd.

Das hFACTOR Kollektiv in Lagos spricht solidarisch und teilt videos der Person George Floyd. Screenshot: Instagram/hfactor.co.

Angesichts der Geschehnisse in den USA stellt sich bei vielen im deutschen Kunstbetrieb die Frage; wie können wir jenseits von Hashtag-Aktivismus antirassistisch arbeiten? Bei mir stellt sich die Frage; warum fragen mich derzeit so viele Menschen nach Rat – während sich kein Mensch bei mir gemeldet hat, als ein terroristischer Anschlag in Hanau vor drei Monaten neun Brüdern und Schwestern das Leben gekostet hat? Weshalb überrascht Rassismus immer wieder? Wie viele Menschen müssen sterben, bevor sich die Mehrheit, die nicht von Rassismus betroffen ist, für antirassistische Arbeit einsetzt? Und wie kann ich als Weiß lesbarer Kanake im Kunstkontext Stellung zu einer fatalen Struktur beziehen, unter der ich leide, von der ich jedoch auch profitiere – ohne meine eigene Perspektive zu zentrieren oder schwarzen Freund*innen von mir die Aufgabe zu erteilen, erneut kostenlose Aufklärungsarbeit für Weiße Menschen zu leisten? Während ich mir diese Fragen stelle, organisieren sich rechtsradikale Gruppen mit dem Slogan „white lives matter“ auf Berlins Potsdamer Platz und bedrohen mit Hakenkreuzen und SS Runen migrantische Geschäfte in unserem Viertel Neukölln. Es reicht nicht, „kein Nazi“ zu sein, es wird Zeit, aktiv Antirassist*in zu sein.

Bevor ich diese Plattform nutze, um auf Positionen und Möglichkeiten innerhalb des Deutschen und internationalen Kulturbetriebs einzugehen, folgt die hervorragende Analyse des deutsch-simbabwischen Künstlers Heiko Thandeka-Ncube. Danach spreche ich darüber, warum die Erkenntnis unserer persönlichen rassistischen Sozialisierung zentral für eine multipolare und antifaschistische Zukunft ist.

Illustration der Künstlerin Sunanda Mesquita, welche gemeinsam mit Künstler Amoako Boafo “We Dey“ Kunst und Community Zentrum in Wien begründet hat, Courtesy Sunanda Mesquita.

Ruhe in Stücken – Heiko-Thandeka Ncube

Die weltweite Empörung über die rassistische Unterdrückung in den USA hat viele dazu veranlasst, sich zu fragen, ob dieser Moment tatsächlich einen Wendepunkt markieren könnte. Für die Staaten mag dies eine berechtigte Frage sein. In Bezug auf Westeuropa und Deutschland im Besonderen wird diese Frage jedoch unklar. In vergleichbaren Fällen mobilisieren europäische Menschenrechtsorganisationen Proteste, die nur selten in den Fokus des Mainstreams rücken. Sie erhalten auch kaum nennenswerte Unterstützung von außerhalb der jeweiligen Länder. Größere Demonstrationen sind oft nur möglich, wenn Organisationen auf die Empörung über Vorfälle in den Staaten reagieren und anschließend vergleichbare Todesfälle im Land diskutieren.

Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, beginnend mit dem massiven Einfluss der USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Alles, was in den Staaten passiert, wird in Europa diskutiert. Die politischen Kämpfe von MLK und Malcolm X sind bekannt und die Verbindung zwischen ihnen und George Floyd ist offensichtlich. Ihn kennen Europäer*innen, während viele wohl Schwierigkeiten haben würden, eine*n einzige*n europäische*n Aktivist*in zu nennen. Die US-amerikanische Kultur ist allgegenwärtig. Während die schwarzen Amerikaner*innen teilweise eine konterkulturelle Haltung einnehmen, haben sie die amerikanische Kultur deutlich geformt und geprägt. Menschen auf der ganzen Welt wachsen mit Jazz, Disco, Techno, Hip-Hop usw. auf, bewundern ihre Stars und identifizieren sich mit ihnen. Daher besitzen Afroamerikaner*innen eine soft power, die sie auf eine Art und Weise vermenschlicht, die auf andere Opfer rassistischer Angriffe nicht zutrifft.

Die Reaktion der Europäer*innen auf den Vorfall zwischen ASAP Rocky, seiner Entourage und einem syrischen Migranten in Schweden spricht für sich. Schwarze US-amerikanische Prominente haben eine große Reichweite. Es erfordert einiges, um eine kraftvolle Geste wie „taking a knee“ zu formulieren, aber ausgeführt von einem NFL-Star kann eine solche Geste in der westlichen Öffentlichkeit explodieren. Ein internationaler Hit wie „Formation“ von Beyoncé, NIKE-Werbeanzeigen und die gemeinsamen Anstrengungen von weiteren afroamerikanischen Prominenten tragen zu dieser Manifestation bei. Darüber hinaus werden schwarze Amerikaner*innen in Europa als US-Bürger*innen angesehen, weshalb sie eher als Expats behandelt werden. Umgekehrt tun die Europäer*innen sich schwer, ihre eigene Nicht-Weiße Bevölkerung als Bürger*innen ihres Landes zu betrachten. Nicht-Weiße Europäer*innen können leicht als vorübergehende Besucher*innen oder Geflüchtete angesehen werden. Das schafft eine Distanz zwischen der westlichen Bevölkerung und ihren Nicht-Weißen Gemeinschaften. Und dies wiederum wirkt sich unweigerlich auf die Fähigkeit Weißer Europäer*innen aus, Mitgefühl zu empfinden.

Es gibt noch ein weiteres Argument hinsichtlich der Verknüpfung der rassistischen Vorfälle zueinander. Die USA sind eine riesige Nation und mehrere Ereignisse können leicht unter einem für die USA spezifischen Begriff der rassistischen Ungerechtigkeit zusammengefasst werden. Trayvon Martin (2012), Charlottesville (2017), George Floyd (2020) usw. sind eindeutig Teil desselben Systems. Wenn wir jedoch Westeuropa als Ganzes betrachten, mit einer Bevölkerung, die ungefähr Zweidrittel der Bevölkerung der Staaten ausmacht, tendiert die Öffentlichkeit dazu, diese Themen zu isolieren. Malmö (2009-2010) ist ein schwedisches Problem. Die Misshandlung von Théo (2017) ist ein französisches Problem. Das Macerata-Shooting (2018) ist ein italienisches Problem. Grenfell Tower (2017) und Belly Mujinga (2020) sind britische Probleme. Amad A. (2018), William Tonou- Mbobda (2019) und Hanau (2020) sind deutsche Probleme.

In Bezug auf die Zurückhaltung, den Fall von Oury Jallohs (2005) ernsthaft erneut zu untersuchen, und die Enthüllungen im Rahmen des Prozesses gegen den NSU (1998-2011) zeigt sich, dass diese Angriffe zum Teil das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen hochrangigen Beamten und rassistischen Organisationen sind. Die massiven Proteste nach dem Tod von Zyed Benna und Bouna Traoré in Paris (2005), nach dem Tod von Mark Duggan in London (2011) die Unruhen in Schweden 2016, die Gilets Noir in Paris (2019) sind alle Teil desselben europäischen Problems. Westliche Medien verbinden jedoch selten alle Punkte. Die EU ist ein Staatenverbund, der sich von den USA unterscheidet. Im Wesentlichen handelt es sich jedoch um zwei Ausprägungen desselben Phänomens.

Die Wahrnehmung von Fällen in den Staaten in Verbindung mit spezifischen ineinandergreifenden Problemen wie etwa der weiten Verbreitung von Feuerwaffen schafft ein vollständiges Bild, das im Vergleich zum Selbstbild Europas nur in Stücken existiert. Die Vorfälle sind fragmentiert und erstrecken sich über die Flüchtlingskrise, die Frankophonie, die Gastarbeiter-Generation, die Jugoslawienkriege, Commonwealth of Nations usw. Sie werden aber selten unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass ein einheitliches europaweites rassistisches System besteht, das Menschen tötet.

Dies gibt Europa die Möglichkeit, auf ein vollständiges Referenzsystem in den USA hinzuweisen und gleichzeitig europäische Strukturen und Vorkommnisse zu isolieren und herunterzuspielen. Daher neigen  Europäer*innen dazu, Rassismus in den Staaten als systemisches Problem und Rassismus in Europa als eine Ansammlung von Ausnahmen zu begreifen. Jedes Gespräch kann leicht in ein Gespräch über die spezifischen Merkmale des Rassismus in den USA umgeleitet werden und wird so zu einem Instrument, um die Merkmale und das Fortbestehen des Rassismus in Europa zu überschatten.

Dieses vollständige Bild bietet eine Infrastruktur der Aufmerksamkeit, die zu einem potenziellen Wendepunkt führen kann, genau wie der Mord an George Floyd. Die Geschichten von Ahmaud Arbery, Christian Cooper, Breonna Taylor etc. werden sofort unter einem Banner vereint. Und das grausame Filmmaterial von George Floyds Mord entzündet die Flamme. Es kommt zu Protesten, die einen kritischen Punkt erreichen und eine Art Rückkopplungsschleife bilden. Aufnahmen von Polizisten, die äußerst makabre Maßnahmen ergreifen, erreichen die Öffentlichkeit und verursachen noch mehr Wut. Donald Trump (high auf Hydroxychloroquin) gießt zusätzliches Öl ins Feuer. Die Proteste werden immer wütender und unkontrollierbarer und sogar die europäische Öffentlichkeit mischt sich ein.

Ironischerweise war es der westliche Imperialismus, der die rassistische Ideologie hervorgebracht hat. Die Aufklärung ging Hand in Hand mit der Formulierung der Rassentheorien, die jetzt in die Ewigkeit widerhallen. Dabei hat Europa inzwischen einen Weg gefunden, dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verdrehen und auszulagern. Rassismus ist ein globales hierarchisches und fragmentiertes System, welches verschiedene Gruppen von Menschen unter derselben Prämisse unterdrückt. Es schafft verschiedene Nachteile für Nicht-Weiße in einem komplexen Umfang und hindert diejenigen, die gemeinsam unter Rassismus leiden, daran, einen einheitlichen Widerstand und eine einheitliche Solidarität zu etablieren.

Die unausgeglichene Verteilung der Aufmerksamkeit bedeutet eine Ablenkung, die zu dieser Dynamik beiträgt. Eine Ablenkung, die innerhalb der Funktionalität des Rassismus funktioniert. Kurz gesagt: Europa ist bestrebt, Rassismus vor dem Hintergrund des Rassismus in den USA zu diskutieren, da dies den Rassismus in Europa scheinbar minimiert. Das Echo der US-Empörung in Europa ist gut, aber die mangelnde Bereitschaft, dasselbe gegenüber Ereignissen in Europa zu praktizieren, ist schockierend. In vielerlei Hinsicht ruht der Nicht-Weiße Körper in Stücken. Während einige Todesfälle bessere Chancen haben, wahrgenommen zu werden, werden andere, die ein ähnliches Schicksal erlebt haben, ignoriert. Einige Gemeinschaften scheinen gerade näher an einem tatsächlichen Wendepunkt – an tief greifenden systemischen Veränderungen, anderen wird endlos ein Märchen von isolierten Vorfällen erzählt.

Each One Teach One e.V., Berliner Empowerment Ort und Archiv, informiert über Schwarzen Aktivismus im Mannheim der 70er Jahre.

Zurück zu Anna:

Westeuropäische Kunst hat eine gewalttätige Geschichte, die eng mit der Rechtfertigung des imperialistischen Kolonialsystems zusammenhängt und damit mit der Konstruktion von Rasse. Museen oder Fotografie waren hierbei Werkzeuge, die zentral zu der Verteidigung von Kolonialhierarchien und Sklaverei beigetragen haben. Bewusst benutze ich das Wort Rasse. Denn auch wenn die Genetik keinerlei Menschenrassen kennt, so kennt die Realität jedoch Rasse als soziales Konstrukt. Der gesellschaftliche Prozess von Rassifizierung bedeutet weit mehr als „Hautfarbe“. Hässliche Dinge benötigen keine schönen, sondern klare Worte. Rasse ist Erinnerung an den Ursprung des Konzepts. Die afrodeutsche Antirassismus-Autorin Tupoka Ogette hat mit „Exit Racism“ ein fantastisches Buch für den deutschen Kontext geschrieben. Siebzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges sind wir weit davon entfernt, Rassismus oder Faschismus bekämpft zu haben. Auf dem Weg brauchen wir sowohl Solidarität als auch einen ehrlicheren und reflektierteren Diskurs.

Wer mehr über die imperialistische Geschichte von Museen oder Fotografie erfahren möchte, kann dazu in Ariella Aisha Azoulays Büchern lesen. Westlicher Kunstkanon wird in den meisten Kontexten als „universell“ und „neutral“ gelehrt, monopolar. Wissen kommt von Norden nach Süden. Von Westen nach Osten. Für eine multipolare Welt und „planetare Curricula“ kämpfen Theoretiker*innen wie Azoulay oder der politische Philosoph Achille Mbembe. Der postkoloniale Denker ist aktuell zentral in Diskussionen des Deutschen und internationalen Feuilletons, seit aufgrund seiner Israelkritik der Vorwurf des Antisemitismus im Raum steht. Angesichts der zwei größten Abgründe moderner, „europäischer“ Geschichte – dem Holocaust und dem Kolonialsystem  – diskutieren und zerreißen sich hier eine Vielzahl von gut erzogenen, „erwachsenen“, „toleranten“ und „liberalen“ Menschen ausgesprochen emotional gegenseitig. Viele sind sich dabei jedoch aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur „Leitkultur“ der „Objektivität“ ihrer eigenen Meinung extremst sicher.

Öffentliche Kritik an der Staatspolitik Israels ist in Deutschland unmöglich. Als muslimische*r Migrant*in in Deutschland den Islam zu kritisieren auch. Beim einen wird man direkt als von „arabischer Propaganda verseuchte*r Antisemit*in“ verschrien, beim anderen füttert man Neonazis oder paternalistische Linke mit „Futter für Islam-Bashing.“ Rassismus ist eine systematische Kollisionskette, welche auf unvorstellbarste Arten Konversation blockiert.

Kuratiert von Aysun Bademsoy und Ayşe Güleç sprechen NSU-Prozess Nebeklägerinnen 2019 im HKW, Berlin Foto: Aysun Bademsoy.

Flüchtige Überraschung zu tragischen Lebensumständen von People of Color in Deutschland wirkt für Betroffene oft wie ein zynischer Schlag ins Gesicht. Wie erreichen wir konstante Solidarität? Und welche Verbündeten nehmen wir in Kauf, um das Systemische am Rassismus zu zerstören? Nachdem Erdogan twitterte, er verdamme den faschistischen Mord an George Floyd, wurden das Offensichtliche verurteilende Stimmen laut: Als ob ein Faschist Faschisten verdammt! Simultan hat dieser Tweet viele türkisch-sprachige Konservative darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Kampf auch ihr Kampf ist. Solidarisch hupende Taxifahrer*innen entlang der BLM-Demonstrationen in Berlin sind nur ein Resultat neuer Allianzen. Niemand kann „unemotional“ oder „objektiv“ über Rassismus sprechen. Zeitgenössische Neurowissenschaften liefern mit dem Konzept der Neuroplastizität Basis gegen die zentrale Objektivitätsparole. Unsere Perspektive nicht als universell zu penetrieren und bei Kritik direkt gekränkt rumzuheulen, ist Voraussetzung für eine Verpflichtung zur „Würde des Menschen“.

Was kann ich nun konkretes als kunstinteressierter Mensch, Künstler*in, Kurator*in oder Galerist*in tun?

Unabdingbar ist, sich eigenständig mit Rassismus-kritischer Arbeit auseinanderzusetzen – vor allen wenn du der Weißen Mehrheitsgesellschaft angehörst. Kunst findet nicht im Vakuum statt. Schwarze Menschen und People of Color lesen zur Struktur des Rassismus als Teil eines psycho-somatischen Überlebenskampfes. Weiße Menschen, um besser zu erkennen, was das Leben ihnen nicht zeigt.

Du kannst Künstler*innen, Räume und Organisationen finanziell unterstützen, die Institutions-, Kolonialismus und Rassismus-kritischen Diskurs betreiben wie das Künstlerradio reboot von Diana McCarty, We Dey in Wien, den HMKV in Dortmund, District Berlin oder Savvy Contemporary. Diskurs findet jedoch auch in kommerziellen Galerien statt. Wenn diese wie KOW Berlin die Galerie schließen, um an Antirassismus-Demonstration teilzunehmen, ist das eine weitere Möglichkeit der Solidarität.

Die US-amerikanische Digital-Kunst-Plattform Rhizome sammelt digitale Ressourcen für Protest. Das Zeitz MOCAA in Kapstadt streamt unter dem Hashtag #radicalsolidarity Konversationen aus dem Lockdown. Bei Contemporary& werden Statements der afrikanischen Diaspora gesammelt und – unabhängig davon, wie hip das Thema gerade ist – für einen Raum für Kunst aus afrikanischen Perspektiven gearbeitet. In einem Text spricht das Team von Contemporary& über ein weiteres rassistisches Problem des Kunstbetriebs: Quotenschwarze. Tokenmigranten. Das ist in vielen deutschen Kunsthochschulen genauso Usus wie in Museen oder Jurys.

Die foundationclass bildet die optische Ausnahme innerhalb eines heterogenen Weißen Lehrkörpers der Kunsthochschule Weißensee. Dieser wurde letztes Jahr lautstark von Studierenden kritisiert. Diskussionen zur „Besatzungspolitik“ ermüden People of Color, verfestigen Rassismus und Weiße Vorherrschaft. Ein internationales Programm reicht nicht aus, wenn das gesamte Team der „Leitkultur“ angehört. Ein britischer und ein französischer Mitarbeiter reichen auch nicht. LOL. Vereinzelte migrantische oder afrodeutsche Token im Kunstbetrieb nach Außen zu präsentieren, ist ebenso rassistisch. Eine „diverse Ausstellung“ zählt nicht, wenn die gesamte Sammlung Weiß bleibt. Wir sind in einer Zeit, in der Faschismus blüht wie vor dem Zweiten Weltkrieg. Wir brauchen konkrete Solidarität. Worte und Aktion. Es ist genug Kuchen für alle da.

Auch von Seite des Individuums lässt sich Plattform immer teilen, egal wie fragil sich diese anfühlt. Da Arbeit im Kunstbetrieb nicht direkt Aktivismus ist, hat die Künstlerin Cana Bilir-Meier entschieden, ihre Buchverkäufe der Initiative-Schwarzer-Deutscher zu spenden. Der Künstler Will Fredo sagt in einem Instagram-Video dazu: „Den blockierten Stream auf Instagram sehe ich nicht als Solidarität. Als Solidarität sehe ich konkrete Auseinandersetzung und ein Foto deines Kontoauszuges – der zeigt wie du einen Teil deines Besitzes an eine Antirassismus-Initiative abgibst.“

Auch wenn du – so wie ein Großteil des deutschen und internationalen Kunstbetriebes – extrem unterbezahlt und überarbeitet bist, gibt es sicherlich eine Möglichkeit, dich proaktiv gegen Rassismus einzusetzen. Als Künstler in einer komplett Weißen Ausstellung kannst du zum Beispiel, dem*r Kurator*in  erklären, dass du deshalb im Duo arbeitest, du deine Besatzungspolitik veränderst oder jede dir mögliche Summe spendest. Auch fünf Euro unterstützen aktivistische Arbeit.