Highlights der Kunstmesse Brafa Auf diese Messe-Stände freuen wir uns
24. Januar 2024 • Text von Julia Stellmann
Die Brafa ist eine der ältesten Kunst- und Antiquitätenmessen der Welt. Verstaubt ist ihr Programm aber keineswegs. Denn in diesem Jahr nehmen 132 Galerien aus 14 Ländern teil, die für neue Perspektiven auf die Kunstgeschichte sorgen. Die ausgestellten Arbeiten reichen von der Antike bis zur zeitgenössischen Kunst, erlauben eine Reise durch zahlreiche Epochen und Stile. Nach diesen Künstler*innen und Aussteller*innen lohnt es sich, Ausschau zu halten.
Rodolphe Janssen, Brüssel
Gar nicht mal so stille Stillleben zeigt der Stand von Rodolphe Janssen. Das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu dekorativem Beiwerk verkommene Genre erlebte in den ätherischen Gemälden von Ensor ein echtes Revival. Von den Seiten in den Bildraum dringende für Ensor typische Masken schufen eine Bühne, dessen “Theater der Dinge” erst Nachfolger Magritte zu sprengen wusste. Kostüme, mythologische Stoffe und lebendiges Bildpersonal bevölkern aber auch die Stillleben von Gert und Uwe Tobias, die neben anderen zeitgenössischen Künstler*innen Ensor und Magritte gegenübergestellt werden. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den vom Markt vergessenen, belgischen Hyperrealisten der 1970er-Jahre Marcel Maeyer und Guy Degobert, die aus alltäglichen Gegenständen mit dem Pinsel surreale Architekturen erbauten.
Meessen De Clercq, Brüssel
Glänzendes Kupfer offenbart ein Gesicht, welches die Besucher*innen mit geschlossenen Augen anzublicken scheint. Gleich zwei Kupferköpfe sind es, die auf einem Porträt des Prinzen Siddhartha basieren und auf hellenistische, indische sowie persische Kulturen zurückgreifen. Namsal Siedlecki unterzog das kostbare Material jedoch gleich mehreren elektrolytischen Bädern, wodurch sich horizontale Schichten bildeten. So überlagern sich in „Gandhāra“ Sedimente, erinnern an einen nie enden wollenden Zeitfluss und erzählen von einander bedingenden Kulturen sowie Zivilisationen. Folgerichtig stellt Meessen De Clercq Siedlecki gemeinsam mit Werken von Künstler*innen anderer Kulturen wie Thu Van Tran oder Ellen Harvey aus.
Sofie van de Velde, Antwerpen
Wie lässt sich das Alte mit dem Neuen verbinden? Sofie van de Velde bringt auf der Messe Künstler*innen der Galerie mit historischen Positionen zusammen. Der einzigartige Stil des belgischen Malers Pieter Jennes fußt beispielsweise deutlich erkennbar auf flämischen Malern der 1920er-Jahre wie Jean Brusselmans, Gustave De Smet, aber auch Ensor, Otto Dix oder Georg Grosz. Dazu kommen popkulturelle Einflüsse aus Filmen von David Lynch und Werner Herzog, die sich zu unwirklich anmutenden Szenen fügen. Ähnlich dem zeitgenössischen Maler Felix De Clerk, dessen in gedämpfter Farbigkeit gehaltene Bilder sowohl von Netflix als auch von Folklore inspiriert sind. In der direkten Gegenüberstellung lassen sich mit den Augen lange historische Linien ziehen, enträtselt sich so manches verborgene Geheimnis.
De Wit Fine Tapestries, Mechelen
Wandteppiche sind langweilig? Die 1889 gegründete Königliche Manufaktur De Wit mit Sitz in der Abtei Tongerlo in Mechelen beweist auf der Messe das Gegenteil. Wusstet ihr zum Beispiel, dass eine Handfläche Teppich circa fünf Stunden Handarbeit bedeutet? Oder, dass Wandteppiche in kriegerischen Auseinandersetzungen verbrannt wurden, um an die goldenen Fäden zu kommen? De Wit hält noch mehr solcher spannender Side Facts bereit, denn sie gelten weltweit als Branchenführer im Bereich der Konservierung und Restaurierung antiker musealer Wandteppiche. So befreien sie textile Arbeiten aus dem Louvre oder dem Metropolitan Museum vom Staub der Geschichte. Zur Brafa bringt De Wit Wandteppiche aus der hauseigenen Sammlung mit, die eine zeitliche Spanne vom frühen 15. Jahrhundert bis heute abdecken.
Baronian, Brüssel, Knokke
Dünne Platten stehen dicht nebeneinander, bilden Abbruchkanten als hätte die Flut vom Material gezerrt. Bei David Nashs “Red Slices” meint man zunächst auf eine steinerne Formation zu blicken, doch die Farbgebung entlarvt den Werkstoff als Holz. Denn immerzu stehen Bäume im Fokus von Nashs Arbeiten, deren Material in seiner Ursprünglichkeit die finale Form der Skulpturen mitbestimmt. Mit Künstler*innen der Arte Povera gründete Albert Baronian vor mehr als 50 Jahren seine Galerie in Brüssel, eine der ersten Kunsthandlungen in Belgien. Anlässlich des im vergangenen Jahr gefeierten Jubiläums präsentiert er auf der Messe neben Nash andere Urgesteine der Kunstszene wie Gilbert & George oder Anselm Kiefer.
Nosbaum Reding, Brüssel, Luxemburg
Füße, Hände, Gesichter, die mal aus dem Boden und dann aus ineinander verschlungenen Gedärmen ragen. Ein Käfer mit Hut im Bett. Ein Huhn mit dem Hals auf einem Baumstumpf. In Manuel Ocampos Gemälden ist so einiges los. Allerlei sakrale und politische Symbole kombiniert mit apokalyptischen Szenen und pornografischen Darstellungen finden sich darin. Votivbilder seiner philippinischen Heimat stehen neben Hakenkreuzen oder KuKluxKlan-Kapuzen. Ein absurdes Durcheinander entsteht, welches einem das Lachen im Halse stecken bleiben lässt. Nosbaum Reding bringt Ordnung ins Chaos und Ocampo mit Künstler*innen wie Peter Zimmermann und Fatiha Zemmouri zusammen.
Axel Vervoordt, Antwerpen
Wer schon einmal die Galerieräume, Künstler*innenateliers, Wohn- und Büroflächen von Axel Vervoordt auf einem ehemaligen Industriegelände bei Antwerpen besucht hat, weiß um den guten Geschmack des belgischen Kunsthändlers und Sammlers. 1857 als Brennerei- und Mälzereianlage erbaut, findet sich am Ufer des Albertkanals mittlerweile ein einzigartiger Ort der Kunst. In einer Art architektonischen Wunderkammer lässt sich dort ständig Neues entdecken, finden sich dauerhaft installierte Kunstwerke wie “At the Edge of the World” von Anish Kapoor. Diesem Konzept treu bleibend präsentiert Axel Vervoordt auf der Brafa u.a. einen an Seerosen erinnernden Tisch von Joaquim Tenreiro oder eine grünlich schimmernde Vase von Pierre Culot.
Paul-Delvaux-Stiftung, Koksijde
1924 veröffentlichte André Breton sein erstes Manifest. Anlässlich dieses großen Jubiläums des Surrealismus ist die Paul-Delvaux-Stiftung Ehrengast der Brafa 2024. In einem eigenen Raum werden die Besucher*innen in wie Wachträume anmutende Gemälde mit mysteriösen Figuren vor antiken Architekturkulissen oder Bahnhöfen entführt. Die Sonderausstellung gibt Einblick in das geschlossene, traumähnliche Universum des belgischen Malers Paul Delvaux. Der introvertierte Künstler vermied jeglichen Kontakt zur surrealistischen Bewegung, stand ihr allein in der kulissenähnlichen Komposition nahe. Anhand von Werken aus verschiedenen Schaffensperioden lässt sich der Werdegang dieser ungewöhnlichen künstlerischen Position nachvollziehen.
WANN: Die Kunst- und Antiquitätenmesse BRAFA läuft von Sonntag, 28. Januar, bis Sonntag, 4. Februar, 2024, 11 bis 19 Uhr. Sonderöffnungszeit am Donnerstag, 1. Februar, 2024 bis 22 Uhr.
WO: BRAFA, Brussels Expo, Hallen 3 & 4, Place de Belgique 1, 1020 Brüssel.
In freundlicher Zusammenarbeit mit BRAFA Brüssel.