Various Others Spezial
Der Kunstherbst 2020 in München

9. September 2020 • Text von

Frische Luft tut gut, aber es ist langsam wieder Zeit für ein paar gepflegte Indoor-Aktivitäten. Galerien, Off-Spaces, Museen und andere Institutionen bringen mit der Initiative Various Others den Kunstherbst in Schwung. Da kann man schon mal den Überblick verlieren. Hier sind die Shows, die ihr auf keinen Fall verpassen solltet.

Auf dem Bild sieht man eine zweiteilige Malerei in schwarz und weiß. Viele geometrische Formen prägen das Bild.
Troels Wörsel, Untitled (“Buzz…”), 1980, Courtesy Jahn und Jahn.

Manchmal hört man A, versteht B und gibt C weiter. Kommunikation ist immer ein Entziffern von Zeichen, die zueinander in Beziehung stehen. Wo haben die Schatten ihren Ursprung? Unter dem Titel „Joker“ zeigt die Galerie Jahn und Jahn eine Ausstellung über das Sehen, Sprechen, Schreiben, Bildermachen und die Schönheit und Komplexität des Verarbeitens von Zeichen und Bezeichnetem. Die Ausstellung wurde vom Künstler Julius Heinemann zusammengestellt und soll sich der Freude an der Sinnfindung widmen. Für die Ausstellung kooperiert Jahn und Jahn mit der Thomas Dane Gallery aus London und der garcía | galería aus Madrid.

WANN: Die Eröffnung ist am Freitag, den 11. September, 17–21 Uhr, zu sehen bis zum 10. Oktober.
WO: Jahn und Jahn, Baaderstraße 56 C, 80469 München.

Zu sehen ist ein Plakat, darauf der Schriftzug "In the Bombay underworld" und drei Personen: ein Mann und zwei Frauen.
Hans HS Winkler: untitled (detail), 2019, c Sandeep, Courtesy by the artist, Kunstraum.

Unter manchen Umständen ist die einzig adäquate Aktion die Reaktion. Das Projekt „Responive Curating“ im Kunstraum reflektiert das Medium „Ausstellung“ im Kontext pandemischer Vorzeichen und digitaler Mechanismen. Der Kunstraum ist die zweite Station des Ausstellungsformates, das im indischen Bangalore startete. Die Arbeiten werden dabei an jeder Station nach bestehenden Instruktionen neu realisiert. So werden formale Prinzipien der instruction-based art der 1960er Jahre zitiert, jedoch um digitale Perspektiven erweitert. Zu sehen sind Arbeiten internationaler Künstlerinnen, die die Möglichkeiten des Settings ausloten. Sollten die Arbeiten während der Ausstellung nicht verkauft werden, werden sie in den jeweils lokalen Entsorgungskreislauf integriert.

WANN: Die Eröffnung ist am Freitag, den 11. September, 15–21 Uhr, zu sehen bis zum 25. Oktober.
WO: Kunstraum München, Holzstraße 10, 80469 München.

Zu sehen ist ein Bild aus der  Serie "Blumensprengungen" von Annette Wehrmann. Man sieht einen Blumentopf der explodiert.
Annette Wehrmann: from the series “Blumensprengungen”, 1991–95, photograph. Courtesy Ort des Gegen e.V. and VG
Bild-Kunst, Bonn.

Manche können im Home Office arbeiten, andere verlieren ihren Job. Die einen hatten während des Lockdowns einen Garten, die anderen ein kleines Zimmer. Für viele Künstler*Innen entfielen Ausstellungen und Finanzierungsmöglichkeiten. Während der aktuellen Pandemie sind die Strukturen und Verschärfungen sozialer Ungleichheiten besonders sichtbar geworden. Diesen Umständen kann die soziologische Kategorie „Klasse“ eigentlich nicht mehr gerecht werden. Unter dem Titel „Not Working“ widmet sich der Kunstverein München dem Themenfeld künstlerische Produktion und soziale Klasse. Internationale Künstlerinnen, Theoretikerinnen und Autor*innen wurden eingeladen, die gegenseitige Bedingtheit von künstlerischer Produktion und sozialer Klasse zu verhandeln.

WANN: Die Eröffnungstage sind von Donnerstag, den 10. bis Sonntag, den 13. September, jeweils 12-18 Uhr, zu sehen bis 22.November.
WO: Kunstverein München, Galeriestr. 4 (Am Hofgarten), 80539 München.

Zu sehen ist die Arbeit "Untitled" Thomas von Poschinger und Henning Strassburger. ein Splitscreen, links ein Chatverlauf, rechts eine Katze.
Thomas von Poschinger / Henning Strassburger: “Untitled”, 2020, Copyright: Thomas von Poschinger / Henning Strassburger, Courtesy Galerie Christine Mayer.

Authentizität und Sehnsüchte, Partizipation und Isolation. Schein und Wahrheit. Unter dem wunderbar nostalgischen Titel „Kir Royal“ präsentiert die Galerie Christine Mayer in Zusammenarbeit mit Contemporary Fine Arts, Berlin eine gemeinsame Ausstellung von Thomas von Poschinger und Henning Strassburger. Thomas von Poschingers Gemälde und Fotoarbeiten legen die Mechanismen unserer medial gesättigten Gegenwart offen und werfen die Frage auf, was von der gesellschaftlichen Sphäre heute noch tatsächlich greifbar ist. Im Sommer sprach er mit uns über seine Arbeit. Die Bilder von Henning Strassburger thematisieren die Ängste und Sehnsüchte einer ganzen Generation, in der die Illusion glaubwürdiger ist als jede Art von Realität.

WANN: Die Eröffnung ist am Freitag, den 11. September, 15–21 Uhr.
WO: Galerie Christine Mayer, Liebigstraße 39 80538 München

Michael Sailstorfer: “MC5”, 2017 (li.) und “MC22”, 2018 (re.) , courtesy of the artist and KÖNIG Galerie.

Der Baum ein stiller Zeuge, die Natur ein Archiv – bei Thu Van Tran geht es um Erinnerung. Leinwände traktiert sie mit Naturkautschuk und Baumstämme verfrachtet die Künstlerin auch mal am Stück in Ausstellungsräume. Nun sind ihre Arbeiten in der Galerie Rüdiger Schöttle zu sehen. Menschenlehr und melancholisch, so könnte man Thu Van Trans Kunst beschreiben. Der Ausstellungstitel „H as Homme“ legt aber bereits nahe, dass der Mensch vielleicht doch irgendwie sichtbar wird. Besucher*innen erwartet eine raumgreifende Installation, Symbolik und vielleicht die ein oder andere Parallele zu Casper David Friedrich – die jedenfalls verspricht der Pressetext. Neben den Arbeiten von Thu Van Tran werden in der Galerie Rüdiger Schöttle auch Ausstellungen von Helene Appel und Michael Sailstorfer gezeigt.

WANN: Die Eröffnung ist am Freitag, den 11. September, 15–21 Uhr.
WO: Galerie Rüdiger Schöttle, Amalienstraße 41, 80799 München.

Los geht es bei Various Others am Mittwoch, den 9. September, mit einer Eröffnung im Museum Brandhorst. Am Donnerstag, den 10. September empfehlen wir euch die Bar im Hofgarten des Münchner Kunstvereins. Am Freitag, den 11. September, eröffnen ab 15 Uhr die Ausstellungen aller teilnehmenden Galerien und Off-Spaces. Ab 17 Uhr gibt es Apéro im TASCHEN Pop-up Store und ab 19 Uhr steigt die Various Others Gartenparty im Museum Villa Stuck. Das alles ist nur ein kleiner Ausschnitt des Programms. Am besten schaut ihr nochmal auf variousothers.com vorbei. Von Book Launch bis Bavarian Brotzeit, von Screening bis Sundowner ist alles dabei. Die letzten Veranstaltungen finden am 10. Oktober statt.

Diese Tipps kommen von Anna Meinecke und Quirin Brunnmeier.

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