Lava-Outfit auf dem COURT
Thomas von Poschinger bei Loggia

2. Juli 2020 • Text von

Im Juli zeigt der Maler Thomas von Poschinger unter dem Titel COURT eine Ausstellung bei Loggia. In seiner künstlerischen Praxis widmet er sich dem Zusammenspiel von Fotografie und Abstraktion. In seinen neuen Arbeiten verhandelt er Verbindungen zwischen Sport und Kunst, bezieht sich auf eine spezielle Tennis-Ästhetik und feiert einen Star des Sports. Mit gallerytalk.net fachsimpelt er über Beläge, Ruhm und exzentrische Outfits.

Thomas von Poschinger: COURT, 2020, Loggia.

gallerytalk.net: Bei einer Ausstellung des Projektraums easy!upstream hast du schon vor ein paar Jahren eine Arbeit gezeigt, in der Boris Becker auf einem Foto zu erkennen war. Hast du eine Faszination für Tennis?
Thomas von Poschinger: Ganz speziell für Andre Agassi. Extrem sogar. Über Andre Agassi könnte ich Stunden reden. Für mich war das der interessanteste Tennisspieler. Extrem modern und zeitgemäß. Die Art wie er gespielt hat, der beste Returner, die unerreichte Hand-Augen-Koordination, aber auch sein Leben: Er hat schon früh damit begonnen, eine Entourage um sich zu scharen. Das wurde damals sogar kritisiert. Heute ist es üblich, dass jeder Spieler ein großes Team hat. Für jeden Zeh gibt es einen eigenen Sport-Koordinator. Andre Agassi hat damals schon verstanden, dass man ein gesundes Umfeld braucht. Er war auch einer der ersten Tennisspieler, der sich philanthropisch engagiert hat.

Dabei gab sich Andre Agassi lange als Exzentriker.
Bei den deutschen Kommentatoren war er immer der “Paradiesvogel aus Las Vegas”. Seine Karriere hat aber etwas wirklich Romanhaftes. Am Anfang galt er als genialisches Talent. Dann gab es eine Zeit der Überforderung, die in eine Depression und in einen Absturz geführt hat. Dann die ultimative Rehabilitation als einer der zehn besten Tennisspieler aller Zeiten. Barbara Streisand saß in seiner Loge, er war mit Brooke Shields zusammen. Jetzt führt er eine skandalfreie Ehe mit Steffi Graf. Natürlich interessieren mich als Maler auch seine frühen Outfits: Die waren extrem bunt, er hat Jeans und enge Radlerhosen getragen und seinen Style auch regelmäßig geändert. Das war visuell sehr spannend, Agassi in einem pinken oder gelben Lava-Outfit in Roland Garros und Flushing Meadows. Sein Spiel war bahnbrechend. Umso länger seine Karriere ging, desto effizienter wurde sein Tennis.

Thomas von Poschinger: COURT, 2020, Loggia.

Bei mir löst Tennis und diese Zeit eine fast melancholische Emotion aus. War das für dich auch eine prägende Zeit?
Tennis kommt ja im Moment wieder. Aber natürlich gab es diese Zeit, diesen Hype, auch wegen Boris Becker. Ich habe selbst Tennis gespielt. Ich war auch im Tennis-Club. Nach dem Spiel eine Fanta und ein Schnitzel auf der Terrasse. Ich habe mir damals alle Spiele von Andre Agassi angesehen. Der hat sich die Fingernägel lackiert und hatte Millionenverträge für Sonnenbrillen.

Das war auch eine Hochzeit der Celebrity-Kultur. Auch eines deiner Themen: Ruhm und die Mechanismen dahinter.
Für mich war Andre Agassi fast so berühmt wie Michael Jackson. Er hatte diese Entrourage und schon früh einen Celebrity-Status weit über die Tennis-Welt hinaus. Im Vergleich zu heute ist eine Frage: Konnte Andre Agassi nur so berühmt werden, weil es noch kein Instagram und keine sozialen Medien gab oder wäre er mit Instagram noch berühmter. Sein Style von damals wäre auch in der zeitgenössischen Tenniswelt auf jeden Fall noch immer sehr glamourös.

Thomas von Poschinger: COURT, 2020, Loggia.

Für deine Bilder nutzt du Fotografien, die du in Malerei integrierst. Wie suchst du dieses Bildmaterial aus?
Ich habe schon als Kind gerne Tennis-Magazine gelesen. Für die Ausstellung bei Loggia habe ich Bilder aus aktuellen Zeitschriften genommen. Mich interessiert einfach das analoge Gefühl, die Bilder mit dem Cutter auszuscheiden und auf die Leinwand zu kleben. So entsteht ein Dialog zwischen den Farbfeldern und den Figuren, die ich auf der Leinwand platziere. Die Ausstellung heißt COURT, es geht wie im Tennis auch in der flächigen Malerei um das Material, den Belag. Ein Court ist aber auch ein königlicher Hof. Was mich interessiert sind hermetische Systeme, die mit Hilfe von Codes, Tabus und Regeln funktionieren. Auf einer gewissen Ebene ist das auch in der Kunstwelt so.

Ein Tennisplatz hat auch rein formal eine eigene Ästhetik. Das sind ja auch Farbfelder: In Wimbledon ist es das Gras, ein Sandplatz ist rot und in den USA gibt es dieses leuchtende Blau.
Der blaue Sand in Amerika ist besonders schön. Dort gibt es sehr viele Sand-Plätze und die sind alle blau. Der Sand ist dort außerdem feiner als in Europa. Und natürlich die blauen Hart-Plätze. Dieser blaue Court als amerikanischer Swimmingpool, als Referenz zu David Hockney. Das sind alles Ebenen, die ich anziehend finde, die ästhetische Ebene, die soziale Ebene. Einsamkeit spielt auch eine Rolle: Genau wie der Maler hat auch der Tennisspieler einen einsamen Job. Jede Entscheidung zählt.

WANN: Die Eröffnung der Ausstellung ist am Dienstag, den 07. Juli ab 17:00 Uhr.
WO: Loggia München, Gabelsbergerstr. 26, 80333 München.

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