Es ist aufgetischt!
Speiseraum 1st Edition: Food for Thought

5. Dezember 2022 • Text von

Unter dem Titel “Food for Thought” präsentiert die Künstlerin und Kuratorin Nata Togliatti im neuen Space “Speiseraum” eine generationsübergreifende Auswahl von 18 künstlerischen Positionen, die an den Schnittstellen von Essen und Kunst verortbar sind und eine wirklich breite Geschmackspalette abbilden.

Ausstellungsansicht: Speiseraum 1st Edition: Food for Thought, 2022, Fotos: Magdalena Jooss.

Ein bisschen verloren wirken die Bistrotische mit den weißen Tischdecken auf den ersten Blick schon. Sie stehen in einem Ausstellungsraum, ehemals ein Besprechungszimmer in einem ausufernden Bürokomplex im Südosten Münchens. Man durchstreift Gänge und Schleusen und trifft unverhofft auf eine Ausstellung, die ungewöhnlich, sehr kondensiert und doch sinnlich ist. Das Projekt “Speiseraum 1st Edition: Food for Thought” ist eine Kooperation der Künstlerin Nata Togliatti und der Community Kitchen im Zwischennutzungsprojekt “Shaere”. Togliatti hatte schon letztes Jahr eine beeindruckende Ausstellung organisiert, als sie unter dem Titel “Frische Lieferung” Werke von Künstler*innen der Münchner Akademie zusammen mit Arbeiten von Biennale- und Documenta-Teilnehmern in einem Supermarkt in der Münchner Innenstadt zeigte. Damals gab es hochkarätige Kunst im Kühlregal, nun also Kunst, im weitesten Sinne, aus der Küche.

Ausstellungsansicht: Speiseraum 1st Edition: Food for Thought, 2022, Fotos: Magdalena Jooss.

Dass der Konsum von Nahrung und der Genuss von Kunst gleichermaßen sinnliche Erlebnisse sind, ist bekannt. Künstler*innen und Institutionen loten die Schnittmengen und Schnittstellen dieser beiden Erfahrungsräume gerne aus. So breit gefächert, wie die Geschmackspalette sein kann, sind auch die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten. Wie schon in ihrer Ausstellung im Supermarkt verbindet Nata Togliatti junge, etablierte und institutionalisierte Künstler*innen miteinander. Insgesamt 18 Positionen sind zu sehen, so zeigen junge Künstler*innen aus dem Kontext der Akademie wie Janina Totzauer oder Minjae Lee Videos, Objekte und Performances, Lena Henke hat eine monochromatische Saftpresse beigesteuert, ein Bild von Juergen Teller zeigt ein hungriges Supermodel und ein Kitchen Piece von Karin Sander erinnert subtil an die unaufhaltsame Kraft der Vergänglichkeit.

Speiseraum 1st Edition: Food for Thought, Li.: Daniel Spoerri: Eurogeschnetzeltes, 2021; Mi.: Joana Loewis: Give Me Shelter, 2022; Re.: Karin Sander: Lauch (kitchen pieces), 2012; Fotos: Magdalena Jooss.

Daniel Spoerri serviert ein wohl eher trockenes “Eurogeschnetzeltes” und ein Offsetdruck von Joseph Beuys, von dem sich die Ausstellung auch den Titel geliehen hat, vermengt Kulinarik mit Poesie. “Food for Thought” ist eine ausgewogene Ausstellung, Nata Togliatti hat bei der Auswahl der Positionen unterschiedliche Medien, Strategien und Perspektiven berücksichtigt und die getroffene Auswahl elegant präsentiert. Obwohl der Ausstellungsraum dicht bespielt ist, haben die einzelnen Arbeiten genug Platz, sich zu entfalten. Im Speiseraum werden Positionen gezeigt, die durchaus geistige Nahrung bieten.

Speiseraum 1st Edition: Food for Thought Li.: Lena Henke: The mind is like an umbrella Its most useful when open (Saftpresse), 2022; Re.: Gregor Hildebrandt: Der Pizzabäcker schlägt ein Rad (Die Geschirrhandtücher meines Vaters), 2019; Fotos: Magdalena Jooss.

Der Speiseraum als Ausstellungsraum soll ein Ort sein, an dem auch bei einem gemeinsamen Essen Erfahrungen gesammelt, Gespräche geführt und neue Gedanken entwickelt werden. Daher werden auch Kunstvermittlung und ein Rahmenprogramm mit Talks, Führungen und Get-Together angeboten. Am 11. Dezember gibt es zum Beispiel um 10 Uhr einen Brunch inklusive Führung durch die Ausstellung. Um Anmeldung via speiseraum@outlook.de wird gebeten.

WANN: Die Ausstellung ist noch bis Montag, den 19. Dezember zu sehen.
WO: Speiseraum im Shaere, Fritz-Schäffer-Straße 9, München.

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