Kunst in Quarantäne #28
Über das Sammeln, Bewahren und Erinnern

6. April 2021 • Text von

Wer der allgemeinen Eintönigkeit entgegenwirken mag, findet hier ein mögliches Beschäftigungsprogramm: Einen Online-Talk von Art Tours Berlin über Félix González-Torres, die virtuellen Ausstellungen “Recollecting Futures” und “Digital Legacies 2.0”, eine Schaufenster-Ausstellung von Emily Hunt, junge Foto-Talente des FOAM Amsterdam, einen Besuch per Videocall bei Ebensperger und kulturelle Debatten bei “This is Germany”.

Zu sehen sind zwei Kunstwerke, links von Felix Gonzalez-Torres, die A Corner of Baci heißt und rechts von Ariel Hausman, die Military Landscape Painting heißt
Felix Gonzalez-Torres, “Untitled” (A Corner of Baci), 1990 (left) // Ariel Reichman, Military Landscape Painting, 2020 Acrylic on linen, 30 x 30 cm (right).

Art Tours Berlin präsentiert kommenden Donnerstag, den 8. März, um 20 Uhr ein Online-Gespräch zwischen dem Kunsthistoriker Justin Polera und Künstler Ariel Reichman über das Werk des Konzeptkünstlers Félix González-Torres und seinen Einfluss auf die zeitgenössische Kunst. Über die Website von Art Tours kann ein Online-Ticket für die Veranstaltung ab 5€ erworben werden. Wem finanziell mehr möglich ist, kann auch einen höheren Betrag spenden. Mehr zu Félix González-Torres und seiner “Fortune Cookie Corner” könnt ihr hier in einer Review von Quirin nachlesen.

Zu sehen ist das Werk wwwunderkammer von Carla Gannis, die Teil einer virtuellen Ausstellung ist, man sieht eine Landschaft in kräftigen, unrealistischen Farben mit Bäumen und Tieren und eine Straße
© Carla Gannis, wwwunderkammer.

Der Dresdener Ausstellungsraum PYLON-Lab hostet derzeit in Zusammenarbeit mit der Synthesis Gallery die Online-Ausstellung “Recollecting Futures“, die Arbeiten von Carla Gannis, Mohsen Hazrati und Christopher Meerdo zeigt. Die Ausstellung beschäftigt sich mit den Fragen, wie wir Informationen und Erinnerungen teilen, aufbewahren und wie wohl die Archive der Zukunft aussehen werden. Ihr könnt euch einen Avatar erstellen, verschiedene Räume betreten und, sofern noch andere Besucher*innen online sind, mit ihnen interagieren, chatten und sprechen.

Zu sehen sind acht Frauen of Colour, die weiße Kleider tragen und große, weiße aufgesetzte Köpfe tragen. Sie stehen im Grünen vor Bäumen und Büschen
Nastassja Swift, Remembering Her Homecoming, 2018, Short Film, 8:05 min, Videography by Torian Ugworji.

Scrollen und dabei Kunst anschauen kann man aktuell auch in der virtuellen Ausstellung “Digital Legacies 2.0”, die von Tiffany Auttrianna Ward kuratiert wurde. Die Ausstellung zeigt Positionen Schwarzer Frauen und nicht-binärer Künstler*innen, deren Arbeiten sich zwischen neuen Medien und Textilkunst bewegen. Alle Beteiligten haben sich mit der Frage auseinandergesetzt, wie Schwarze Frauen und nicht-binäre Künstler*innen digitale Archive ihres Widerstands, ihrer Existenz und Erbes aufbauen. Die Schau ist online verfügbar bis zum 30. April. Mit der Künstlerin Qualeasha Wood, die in der Ausstellung vertreten ist, hat Chefredakteurin Anna vergangenen Dezember ein Interview in der DOUBLE TAB-Reihe geführt.

Durch eine Glasscheibe sind Keramikfiguren von Emily Hunt zu sehen, es sind merkwürdige und schräge Gestalten in verschiedenen Posen und Haltungen
Ausstellungsansicht: Emily Hunt, Job Center. Aufgeladene Orte – Psychic Places, Galerie Wedding, 2021. Foto von Juan Saez.

Für einen Spaziergang in Berlin bietet sich derzeit die Ausstellung “Job Center. Aufgeladene Orte – Psychic Places” der australischen Künstlerin Emily Hunt in den Schaufenstern der Galerie Wedding an. Die Arbeiten sind ein Abbild unserer Zeit: Orte und Gesichter, wie die Künstlerin sie während des Lockdowns bei ihren Spaziergängen durch den Kiez wahrgenommen hat, finden hier ihren Ausdruck und werden uns, den Betrachter*innen, zurück gespiegelt. Zu sehen sind Keramikfiguren, sogenannte “Power Rings” und eine handgezeichnete Karte mit den “aufgeladenen” Orten.

Eine Fotografie von Alba Zari, zu sehen ist ein junges Mädchen, die eine gelbe, schmale Kerze in den Händen hält und nach unten schaut
From the series The Y, 2017 © Alba Zari / courtesy of the artist.

Fotografie-Liebhaber*innen aufgepasst: Das Amsterdamer Fotografie-Museum FOAM hat momentan eine Online-Schau im Angebot, wo junge internationale Talente und ihre Projekte mit begleitenden Audio-Aufnahmen vorgestellt werden. Unter anderem mit dabei: Simone Sapienza, Micha Serraf, Kamonlak Sukchai, Benoît Jeannet, Alba Zari und Hashem Shakeri. Zur Ausstellung geht es hier entlang. Außerdem hat das Museum den noch jungen Podcast “Foam Talks” ins Leben gerufen, wo verschiedene Fotograf*innen über ihre Arbeiten sprechen. Den Podcast findet ihr auf den gängigen Plattformen.

Zu sehen ist ein Raum der Galerie Ebensperger, eine Tür, auf der Bitte Ruhe steht und links daneben ist ein Bildschirm, auf dem eine Arbeit von Benjamin Heisenberg zu sehen ist, der Bildschirm zeigt ein Filmstill und zu sehen ist ein Leuchtschild, auf dem Caution Heavy Fog steht, der Rest ist neblig
Benjamin Heisenberg, Americana, Ausstellungsansicht, Ebensperger, 2021.

Die Berliner Galerie Ebensperger, die ihre Räumlichkeiten auf dem Gelände eines alten Krematoriums hat, dem Silent Green Kulturquartier in Berlin-Wedding, hat sich erneut ein den aktuellen Gegebenheiten angepasstes Ausstellungskonzept für ihre neueste Präsentation überlegt: “Americana” von Benjamin Heisenberg kann noch bis zum 18. April via Offline-Einzelbesuch oder Video-Anruf über das Handy angeschaut werden. Einfach einen Termin vereinbaren und los geht’s! Über das letzte Ausstellungsprojekt “Freedom & Independence” von Ebensperger haben wir hier berichtet.

Screenshot von einem YouTube-Video, zu sehen ist der Titel "Quotendebatte" und unten der Name Sylvia Schedelbauer, die in dem Video spricht. In der Mitte in einer Kartoffel, die als Diagramm dient, von links fällt Glitzer ins Bild hinein und in der Kartoffel steckt eine kleine Flagge mit Pacman-Motiv
This is Germany, TiG-04 mit Sylvia Schedelbauer, Screenshot via YouTube.

Last but not least: Die Videoreihe “This is Germany” auf YouTube beschäftigt sich mit den großen Fragen unseres kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Miteinanders und versucht, eine Momentaufnahme zusammenzufassen. Akteur*innen aus verschiedenen Tätigkeitsfeldern werden zu Themen wie der allgemeinen Quotendebatte, Cancel Culture oder der Z-Sauce befragt und ein vielfältiges Stimmungsbild versucht darzustellen. Die neueste Folge der Reihe “Lost in Translation” ist mit Künstler Nils Pooker. Außerdem mit dabei sind zum Beispiel die Direktorin des Kunstvereins in Hamburg Bettina Steinbrügge sowie die Künstler*innen Viktoria Binschtok, Sophia Süßmilch, Flaka Haliti, Will Fredo, Heiko-Thandeka Ncube und Anna Ehrenstein.