Münchner Kunstgriff
30.10. – 12.11.19

30. Oktober 2019 • Text von

Jetzt ist der Winter da, aber in der ersten November-Hälfte warten wärmende Kunsterfahrungen auf euch. Sol Calero zeigt in der Galerie Barbara Gross neue Arbeiten, GENPOOL BABY EXTREM von Alexander Scharf gibt es in der AkademieGalerie und Arne Schmidt widmet sich im Kunstraum der “Parkstadt Schwabing”.

Arne Schmitt: Zeichen der Zeit. Zur Geschichte eines geschichtslosen Gebiets, Kunstraum München.

Eine Stadt ist immer in Bewegung, Viertel verändern und entwickeln sich. Manchmal langsam, manchmal schnell. So ist die entstandene Architektur auch immer Spiegel gesellschaftlicher Prozesse. Unter dem Titel „Zeichen der Zeit“ widmet sich Arne Schmitt im Kunstraum einem Stadtteil Münchens, der in den letzten Jahren eine intensive Veränderung erfahren hat. Arne Schmitts künstlerische Praxis ist geprägt von einem puristischen und inhaltsbezogenen, konzeptuellen wie dokumentarischen Einsatz der Medien Fotografie, Video und Text. Für die Ausstellung hat er eine neue Arbeit entwickelt, die sich mit der “Parkstadt Schwabing” beschäftigt: ein etwa 40ha großes ehemaliges Industrieareal in zentraler Lage der Stadt, das seit Anfang der 2000er Jahre zu einem hochpreisigen Wohn- und Büroviertel umgebaut wurde und heute weitgehend fertiggestellt ist.

WANN: Die Eröffnung ist am Mittwoch, den 30. Oktober, 19 Uhr, zu sehen bis 8. Dezember.
WO: Kunstraum München, Holzstraße 10 Rgb., 80469 München.

Alexander Scharf: GENPOOL BABY EXTREM

Schon ein gewöhnlich großer Embryo kann einem gehörig Angst einjagen. Was aber, wenn in übermenschlicher Größe daherkommt? Mit „GENPOOL BABY EXTREM“ entwirft Alexander Scharf in der AkademieGalerie eine ultramoderne Gesellschaft: Ewige Glückseligkeit ist erreicht, Kinder sind die ultimative Ressource. Und während deren Aufzucht als heilig gilt, schwant dem Besucher der Ausstellung, dass diese Zukunft vielleicht doch nicht babyrosa ist. Was passiert, wenn die Biologie nicht länger von moralischen Erwägungen in Schach gehalten wird? Hat die Technik unsere Existenz dann verbessert? Steht unseren Kindern nicht nur Großes, sondern vielleicht sogar das Größte bevor? Mit Soundteppich, Anime-Figuren und Baby Born Puppen holt Scharf ein kleines bisschen Sci-Fi ins Jetzt. Und wie ein richtig guter Genrefilm könnte auch seine Ausstellung beklemmen, befreien und am Ende etwas Wahres über die Gegenwart erzählen.

WANN: Eröffnung ist am Montag, den 4. November, ab 19 Uhr, zu sehen bis Dienstag, 12. November.
WO: AkademieGalerie, U-Bahnhof Universität, Ausgang Akademiestraße.

Sol Calero: Espino I, 2019, Detail, Acryl, Öl-Stick und Pastell auf Leinwand, 152 × 132 cm.

Wild, bunt, irgendwie exotisch. So werden lateinamerikanische Kulturen gern dargestellt. Sol Calero spielt mit dem Klischee und macht aus vertrauter Ästhetik noch so viel mehr. Ihre Malerei ist immer auch Intervention in den Raum. Ihre Bilder sind das Tor zu einer ganz eigenen Welt, die man – hat man sie einmal betreten – nur schwer aus dem Kopf bekommt. Mit „Pasaje del olvido“, dem Pfad des Vergessens, knüpft Calero bei Barbara Gross an ihre Ausstellung in der Berliner Galerie ChertLüdde an. Farbflächen, Pflanze und Früchte. Inspiriert von Familienarchiven und privaten Dokumenten ist ihr Pinselstrich immer auch ein Prozess der Erinnerung. Wenn wir heute über Venezuela sprechen, das Land in dem Sol Calero geboren ist, dann geht es viel zu oft um Hunger oder Flucht. Doch kulturelle Identität wird abseits des politischen Diskurses über Generationen geformt. Indem Calero ein Reisebüro in die Galerieräume verfrachtet und ihre Familiengeschichte in ihrer Arbeit zitiert, eröffnet sie neue Perspektiven für all diejenigen, die eigentlich gar nicht so genau wissen, wovon sie reden.

WANN: Eröffnung ist am Donnerstag, den 7. November, ab 19 Uhr.
WO: BARBARA GROSS GALERIE, Theresienstrasse 56, Hof 1, 80333 München.

Die Absätze zu den Ausstellungen in der Galerie Barbara Gross und in der AkademieGalerie wurden von Anna Meinecke verfasst, sie sind Teil der November-Ausgabe des Superpapers.

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