Den Kopf in den Wolken
Roy Mordechay bei Nir Altman

13. Juli 2023 • Text von

Auf pastellfarbenen Leinwänden schweben Köpfe, Kaffeetassen und Kritzeleien im scheinbar luftleeren Raum. Nir Altman zeigt in der Einzelausstellung “Heel to Toe” neue Arbeiten von Roy Mordechay. Die fragmentarischen Motive des Künstlers wecken dabei Assoziationen, die von prähistorischer Bildsprache bis zu digitalen Welten reichen.

Roy Mordechay bei Nir Altman
Roy Mordechay – Heel To Toe – Exhibition view.

Nir Altman eröffnet seine neuen Galerieräume in der Gabelsbergerstraße 83 mit einer  Einzelausstellung von Roy Mordechay. Die Arbeiten des in Haifa geborenen und in Düsseldorf lebenden Künstlers bewegen sich irgendwo zwischen Surrealismus und Hieronymus Bosch, zwischen Traumbildern und verschwommenen Erinnerungen. Auf den Leinwänden tummeln sich zahlreiche Figuren, Objekte und Skizzen. Die Motive scheinen dabei losgelöst von perspektivischen Einschränkungen auf den pastellfarbenen Grundierungen der Leinwände zu schweben und auf verschiedene Bildsprachen und Kulturen zu verweisen.

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Roy Mordechay – Heel To Toe – Exhibition view.

Die hellen grünen, blauen, orangenen und beigen Hintergründe von Mordechays neuesten Arbeiten erinnern an die voreingestellten Hintergrundbilder von digitalen Geräten. Der Künstler kreiert glatte, eindimensionale Oberflächen aus Wasserfarben, auf denen sich fragmentarische Motive über- und nebeneinander schichten. Bei längerer Betrachtung lassen sich Köpfe, Hüte, Wolken, Wüsten, Zelte, Gesichter, androgyne Körperteile und mythologische Gestalten identifizieren, die Assoziationen von Wandmalereien, Hieroglyphen und surrealistischen Traumbildern hervorrufen. Mordechay lädt die Betrachter*innen dazu ein, sich in der Leinwand zu verlieren und Querverweise zu entdecken.

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Roy Mordechay – Solid options, 2023, watercolor, ink, coffee, acrylic and oil on canvas, 149 x 153 cm.

Ein wiederkehrendes Symbol in den Arbeiten der Einzelausstellung ist der Judenhut. Dabei handelt es sich um einen kegelförmigen, spitz zulaufenden Hut, der ursprünglich Teil einer jüdischen Tracht im mittelalterlichen Europa war, bevor es im 13. Jahrhundert Pflicht wurde, den Hut als stigmatisierendes Kennzeichen zu tragen. Der in Israel aufgewachsene Künstler greift immer wieder Motive aus seiner Heimat auf. Wellenförmige Striche erinnern an das Meer und die Wüste, erdige Farben und weiße Tassen an die israelische Kaffeekultur.

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Roy Mordechay – Long shot, 2023, watercolor, ink, coffee, acrylic and oil on canvas, 141.9 x 152.5 cm.

Die geradlinige Rahmung steht dabei im Kontrast zu den fluiden Inhalten auf den Leinwänden und lässt Mordechays Arbeiten zwischen Gemälden und Objekten oszillieren. Die neu angefertigten Werke scheinen in direktem Bezug zur industriellen Architektur der ehemaligen Druckerei zu stehen. Während in dem Großteil der Arbeiten die Rahmung die Leinwände umschließt, kreiert Mordechay in seinem Werk “Long shot” eine Art Fenster mit hölzernen Querstreben in der Mitte des Gemäldes – eine Referenz an die Oberlichter des Gebäudes. Das traditionelle Tableau wird aufgebrochen. Es bleibt Platz für das eigene Fantasieren.

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Roy Mordechay – Don’t get me wrong, 2023, watercolor, ink, coffee, acrylic and oil on canvas, 149 x 161 cm.

Die Figuren auf Mordechays Leinwänden haben wortwörtlich den Kopf in den Wolken. Sie schweben zwischen Raum und Zeit, durch Kulturen und Epochen. Die neuesten Arbeiten des Künstlers sind spielerisch und wirken trotz ihrer Größe federleicht in den hellen Räumen der ehemaligen Druckerei. “Heel to Toe” ist eine gelungene erste Ausstellung in den neuen Galerieräumen von Nir Altman.

WANN: Die Ausstellung “Heel to Toe” ist noch bis zum 5. August zu sehen.
WO: Nir Altman, Gabelsbergerstraße 58, 80333 München.

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