Hamburger Kunstgriff
24.09. - 07.10.20

24. September 2020 • Text von

Die Kraft der Dokumentarfotografie in den Deichtorhallen, Durchlässigkeit vs. Abgrenzung von Geschlechterrollen in der Kunsthalle, die Beziehung von Mensch und Apparat im Frappant und die Untersuchung von Strukturen bei Feinkunst Krüger – ein Top-Kunstherbst in der Hansestadt.

Man sieht eine Menschenmenge in schwarz-weiß von links nach rechts durch das Bild laufen. Es wird eine US-Flagge geschwenkt.
Jerry Berndt: Detroit, 1970 © Courtesy The Jerry Berndt Estate 2020.

Gleich drei Ausstellungen eröffnen diese Woche im Haus der Photographie in den Deichtorhallen. Alle befassen sich auf unterschiedliche, aber einander ergänzende Weise mit den Lebensbedingungen (und den sozialen Missständen) in den USA. „American Geography“ von Matt Black ist ein fotografisch festgehaltener Road Trip durch US-Gemeinden mit hohen Armutsquoten und zugleich eine Ursachenforschung und -dokumentation. In der zweiten Show, „Beautiful America“, zeigt Jerry Berndt eine Dokumentation der amerikanischen Geschichte der 1960er bis 1980er Jahre, die dem verheißungsvollen Ausstellungstitel eine melancholische Färbung gibt. Das Format „#Protestsgoviral“ schließlich greift die Inhalte von Black und Berndt auf und untersucht spezifisch die neue Bedeutung dokumentarischer Fotografie durch Hashtags und Verschlagwortung im Internet.

WANN: Alle drei Ausstellungen sind am heutigen Donnerstag, den 24. September, von 18 bis 22 Uhr geöffnet.
WO: Deichtorhallen, Haus der Photographie, Deichtorstraße 1, 20095 Hamburg.

Man sieht einen nackten weiblichen und einen nackten männlichen Kärper liegend vor dem Hintergrund einer Stadt und hinter schwertartigen Spitzen.
Max Beckmann (1884–1950): Messingstadt, 1944Öl auf Leinwand, 115 x 150 cm, Saarlandmuseum – Moderne Galerie, Saarbrücken, Stiftung Saarländischer Kulturbesitz © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 © Saarlandmuseum – Moderne Galerie, Saarbrücken, Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, Foto: Tom Gundelwein.

Was ist weiblich, was ist männlich? Lässt sich das sagen, und ist es wichtig? Fragen nach den Geschlechterrollen stellen sich Menschen seit jeher. So auch Max Beckmann, wie die Hamburger Kunsthalle in einer Sonderausstellung zeigt. Unter dem Titel „Max Beckmann. weiblich – männlich“ soll beleuchtet werden, wie sich die Arbeiten des Künstlers zwischen der Festschreibung und der Öffnung von Rollenbildern bewegen. Zugleich will die Ausstellung verdeutlichen, wo der Künstler sich selbst innerhalb dieser Facetten verortet hat.

WANN: Die Ausstellung läuft von Freitag, den 25. September, bis zum 24. Januar 2021.
WO: Hamburger Kunsthalle, Glockengießerwall 5, 20095 Hamburg.

Das Bild von Katja Windau zeigt einen kleinen goldenen Gegenstand unter einer Glasglocke, der die Form einer Patrone hat
Katja Windau: The Door, 2020.

Es wird philosophisch im Frappant: Inspiriert von Jean Genets Theaterstück „Der Balkon“ nehmen Julia Ring und Katja Windau das Verhältnis von Schein und Sein in einer technikbegeisterten Gegenwart in den Blick. Gemeinsam mit weiteren Künstler*innen wollen sie durch Performance, Installation, Skulptur, Malerei und Fotografie die Aktualität der Frage nach dem Eigentlichen, Echten in Abgrenzung zum „Fake“ unterstreichen und die Beziehung zwischen dem menschlichen Selbst und dem „Apparat“ im technischen und im übertragenen Sinne verdeutlichen.

WANN: Los geht’s am Freitag, den 2. Oktober, um 19 Uhr. Die Ausstellung „Der Apparat“ ist danach bis zum bis 11. Oktober zu sehen.
WO: Frappant,‪ Zeiseweg 9‬, 22765 Hamburg.

Man sieht die Schwarz-Weiß-Zeichnung von zwei nebeneinander sitzenden Frauen in gemusterten Kleidern.
Moshtari Hilal: Sisters (Ausschnitt).

Barbara Lüdde und Moshtari Hilal befassen sich mit „Struktur“ sowohl aus körperlich-wahrnehmbarer Sicht als auch im soziologischen Sinne. Eine Neugestaltung der Galerieräume durch transparente Flächen im Wechselspiel mit figurativen Zeichnungen, deren Protagonist*innen mit Haut und Haar selbst Oberfläche, selbst Träger*innen von Strukturen sind, sollen den Betrachtern neue Perspektiven bieten. Von der existentiellen Suche nach Sinn aus dem Korsett vorgefertigter „Muster“ heraus bis zur Besinnung auf die eigene Genese reichen die in Einzelarbeiten und Kollaborationen angebotenen Denkanstöße.

WANN: Die Vernissage ist am Samstag, den 3. Oktober (Besuch mit Terminbuchung über die Webseite der Galerie ab dem 28. September).
WO: Feinkunst Krüger, Kohlhöfen 8, 20355 Hamburg.

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