Fairy Evolution
Die Galerie Nordenhake zeigt Frida Orupabo

9. Dezember 2019 • Text von

Mit „A House Is A House“ kehrt Frida Orupabo nach ihrem Berliner Debut 2017 in der Julia Stoschek Collection in die deutsche Hauptstadt zurück. Bestechend schön und kritisch zugleich, versammelt die Ausstellung in der Galerie Nordenhake alte wie neue Arbeiten der Künstlerin und erkundet ihre Bildsprache über das Medium der Collage hinaus. (Text: Christina-Marie Lümen)

Frida Orupabo, Untitled, 2019, Courtesy the artist and Galerie Nordenhake Berlin/Stockholm/ Mexico City.

 

Mittlerweile gehört die norwegische Künstlerin Frida Orupabo zu einem neu entstehenden Kanon. Wer sie nicht bereits 2017 in Arthur Jafas Ausstellung „A Series of Unrelated Yet utterly Improbably Renditions“ in der Julia Stoscheck Collection gesehen hat, erinnert sich vielleicht an ihre delikaten Collagen auf der diesjährigen Biennale „May You Live in Interesting Times“ in Venedig. Der Sprung ist gelungen. Es geht um die virulenten Themen: „Gender“ sowie die Rolle der schwarzen Frau, Folgen und Geschichte des Kolonialismus, „Schwarz-Sein“. Die Künstlerin arbeitet dabei aus der Perspektive einer betroffenen Person.

 

Installation view „Frida Orupabo – A House Is A House“ Galerie Nordenhake Berlin November 23, 2019 – January 18, 2020; Courtesy the artist and Galerie Nordenhake Berlin/ Stockholm/ Mexico City.

Die Arbeiten in „A House Is A House“ muten weniger feenhaft an als frühere Präsentationen. Zwischen den fragilen Frauenkörpern, oder besser -wesen, findet sich auch Materielles wie in einer Kulisse: ein Haus, zwei Messer. Darüber hinaus Tiere, eine Schlange, eine Art Hauslöwe. Wiederkehrend ist auch in dieser Ausstellung das Motiv des Vogels, einer Krähe oder eines Raben. Oftmals kombiniert die Künstlerin Gefieder mit menschlichen Gliedern und Gesichtern. Zum einen erzeugt dies eine sonderbare Schönheit, das Feenhafte, Leichte der Figuren. Zum anderen evoziert es das Gefühl drohenden Unheils. Krabat-Assoziationen kommen auf. Die Collagen unterlägen keiner engen, wörtlichen Interpretation − „no too close reading“− es sei keine spezifische „content message“, die sie übermitteln wolle, sagt die Künstlerin im Gespräch. Vielmehr suche sie die Bilder intuitiv aus ihrem Fundus aus privaten und historischen Fotografien und sozialen Medien aus und interpretiere erst nachfolgend. Die Aussage der Arbeiten basiere auf einem „subconsciuous level“.

Neben dem Vogel-Motiv fällt der Anziehpuppen- oder Spielzeugcharakter der Collagen ins Auge. Dieser resultiert aus ihrer Befestigung mit einfachen Spreizklammern. Erneut ein mysteriöses, gespenstisches Element und gleichzeitig eine Betonung der Fragilität. Und durch die Ähnlichkeit zum Spielzeug ein sanfter Hauch zum Humor. Sollen die Arbeiten uns letztendlich doch gefallen?

 

Installation view „Frida Orupabo – A House Is A House“ Galerie Nordenhake Berlin November 23, 2019 – January 18, 2020; Courtesy the artist and Galerie Nordenhake Berlin/ Stockholm/ Mexico City.

Zwei neue Arbeiten präsentiert die Ausstellung: „Untitled“ (2019), historisches Filmmaterial, ist eine 3-sekündige Videoinstallation, welche im Loop den Moment des Eintauchens während einer kolonialistisch-bedingten Taufe zeigt. Der Bildschirm, der die Arbeit zeigt, liegt auf einem roten Teppich, gleich einer Lache aus Blut. Als Betrachter stehen wir darin, als sei es unsere Schuld; die Situation ist uneindeutig. Zumindest sind wir beteiligt. Die zweite neue Arbeit besteht aus vier zusammen präsentierten Fotografien „Untitled“ (2019). Alle zeigen einen mehr oder weniger offenen Mund, die Gesichtsausschnitte verweisen auf unterschiedliche Hautfarben. Die Zungen sind alle gleich Rosa. „Race und Gender“, so die Künstlerin, „seien unter anderem Dinge, die man fühlt.“

Frida Orupabo, Untitled, 2019, Courtesy the artist and Galerie Nordenhake Berlin/ Stockholm/ Mexico City.

Wie den Collagen auch, unterliegt den Arbeiten eine Ambivalenz − die offenen Münder allein besitzen zunächst etwas Komisches, Lustiges −, welche über die Ausstellung hinweg eine intensive Spannung aufbaut. Verstärkt wird diese Spannung durch das fast ausschließliche Schwarz-Weiß der Arbeiten selbst. Diese „Nicht-Farben“ verleihen dem Raum einen unklaren, wie stillstehenden Charakter. Dennoch wirkt er nicht kalt oder anonym. Die „Wesen“ erzeugen gleichsam eine geschützte, und zugleich schützende, wärmende Atmosphäre. Ein „House“, im Sinne eines Zuhauses, Zufluchtsorts.

Orupabo wolle die Schönheit des Lebens zeigen, sowie seine Hässlichkeit und seinen Schmerz. Manchmal gebe es jedoch keine Schönheit − so wie das Leben eben ist. Aber zwischen all diesen Momenten und Ebenen findet sich eine Stärke, eine emotionale Kraft, die diese Frau inne zu haben scheint, die sie in ihren Arbeiten auf eindrucksvolle Weise verbildlicht.

Frida Orupabo, Untitled, 2019, Courtesy the artist and Galerie Nordenhake Berlin/ Stockholm/ Mexico City.

WANN: Die Ausstellung „Frida Orupabo: A House is A House“ läuft noch bis 18. Januar 2020.
WO: Galerie Nordenhake, Lindenstraße 34, 10969 Berlin.

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