Endgegner Orgasmus
"Eroticissima": Sex und Liebe in der virtuellen Realität

12. Dezember 2022 • Text von

Mit „Eroticissima“ hat Miyö van Stenis einen VR-Simulator erschaffen, der Erotik auf ein neues und offeneres Level heben soll. Im Multiplayer-Modus kann nicht nur Sex frei erlebt, sondern sich auch verliebt werden. Sind die Tage von Bumble und Tinder gezählt?

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Courtesy of “Eroticissima”.

gallerytalk.net: Glaubst du, die Zukunft von Sex und Liebe ist online?
Miyö van Stenis: Die Zukunft ist jetzt – die Mehrheit der Millennials und der Generation Z knüpft menschliche Beziehungen über digitale Anwendungen. Ob beim Sex oder in der Liebe, Online-Räume spielen eine große Rolle dabei, wie wir emotionale Bindungen entwickeln.

Wie verändert die Digitalisierung Sex und Liebe?
Technologie verändert die Art und Weise, wie wir interagieren und uns verhalten. Die Liebe wird aber als eine Einheit von Verehrung und Zärtlichkeit erhalten bleiben, die es uns erlaubt, uns um ein anderes Individuum zu kümmern. Sex wird auch weiterhin seine Rolle als fleischliches Vergnügen haben und der Fortpflanzung dienen. Digitalität gibt uns dabei Werkzeuge, die uns helfen, unsere Wünsche zu verwirklichen.  

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Tomiko NFT. Courtesy of “Eroticissima”. // Addy. Courtesy of “Eroticissima”.

Ist„Eroticissima“ eine Porno-Plattform?
Ja und nein. „Eroticissima“ im Multiplayer-Modus ist so konzipiert, dass wir gemeinsam Sexualität im virtuellen Raum erfahren. Das erotische Rollenspiel stellt einen Schwerpunkt dabei dar. Die Spieler*innen müssen sich in bestimmter Weise zueinander verhalten, um sexuelle Erregung zu erleben.

Und wie ist es im Single-Player-Modus?
Der ermöglicht kuratierte Abenteuer in Einzelspieler*innen-Erfahrungen, die sich aufgrund ihrer Natur eher wie pornografische Inhalte verhalten. Du verfolgst dabei die Geschichte mit dem NPC (Non-Player-Character, bezeichnet als “Nichtspielcharakter” alle Spielfiguren, die nicht durch die Spieler*innen gesteuert werden; Anm.d.Red.), bis du die Reise zum Höhepunkt abschließt. Es ist so, als würde man den Endgegner in einem Level besiegen, um sein Ziel zu erreichen und zu einem anderen Abenteuer überzugehen.

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Gotö NPC. Courtesy of “Eroticissima”.

Was ist das Besondere an „Eroticissima“ im Vergleich zu anderen erotischen Plattformen?
Der interessanteste Aspekt ist der Multiplayer-Modus, der im Kern ein soziales Erlebnis ist, und die Tatsache, dass man viel Freiheit hat, die Bewegungen seines Avatars zu manipulieren und eine bessere Darstellung von sich selbst in Bezug auf Geschlecht, Macken oder Ähnliches zu erschaffen. Mein großes Problem mit der Mehrheit der erotischen VR-Apps ist, dass man Sexualität entweder wie mit einer Puppe erlebt, die kein echtes Feedback gibt, was sich irgendwie übergriffig anfühlt, oder dass die Inhalte ausschließlich für heterosexuelle Männer geschaffen werden. Dabei gibt es häufig keinen Platz für andere sexuelle Wesen. Wir können alle gerne mit Brüsten spielen, aber ich persönlich mag auch andere Dinge.

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Toy. Courtesy of “Eroticissima”.

Wie können User*innen an der Plattform mitarbeiten?
Ich biete anderen Entwickler*innen die Möglichkeit, Inhalte wie Abenteuer, Charaktere oder Spielzeuge einzureichen, und damit eine Plattform für den Verkauf ihrer Arbeit als NFTs. Das gibt es schon in einigen Spielen, aber es ist mir wichtig, andere Künstler*innen dazu zu bringen, Material für „Eroticissima“zu erstellen und ihnen dabei zu helfen, eine neue Art der Wahrnehmung digitaler Sexualität mit ihrer persönlichen Ästhetik oder ihren Interessen im Spiel zu schaffen.

Warum sollten Menschen die Plattform besuchen, um sich ihre erotischen Träume zu erfüllen?
Wegen der Erfahrung. Ich denke, im wirklichen Leben haben wir nicht viele Gelegenheiten, Sexualität in vollen Zügen zu erleben und vielleicht erlauben uns moralische Konventionen nicht, neue Dinge auszuprobieren, die uns vielleicht gefallen. „Eroticissima“ ist ein Raum ohne Zensurfilter – also warum sollten wir dort nicht unser erotisches Selbst sein, ohne Konsequenzen oder Scham.

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Cloris. Courtesy of “Eroticissima”. // Cloris. Courtesy of “Eroticissima”.

Ich habe eine Menge nackter Körper gesehen. An welchem Punkt kommt die Liebe ins Spiel?
Erstaunlicherweise können Menschen online eine Verbindung aufbauen und sich in jemanden verlieben, ohne ihn jemals persönlich zu treffen. Daher hoffe ich, dass Liebe auch im Multiplayer-Modus vorkommt oder sich einmischt. Ich würde gerne Teil einer Zukunft sein, in der sich Menschen in der virtuellen Realität treffen und sich verlieben, so wie wir Liebesgeschichten auf Tinder, Bumble und anderen Apps erlebt haben.

WO: Online unter www.eroticissima.wtf.
WANN: Wann immer du willst.