Embodied Reality Yu Honglei
7. Mai 2018 • Text von Lynn Kühl
Menschliche Wahrnehmung – computerbasiert, gesteuert durch Digitalisierung, fokussiert auf Materielles, Physisches. Yu Honglei nimmt die Geistlichkeit der Knowledge Economy und erweitert sie durch die Abstraktion des Mentalen.
Courtesy the artist; Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin; Antenna Space, Shanghai, Photo: def_image
Die Installation besteht aus einem Bildschirm und einem Stab auf dem ein wütender Kopf thront. Der Bildschirm zeigt Hände, sie schlagen einen Takt. Immer und immer und immer wieder. Kneten etwas Undefinierbares. Vielleicht Teig, vielleicht eine Skulptur. Plötzlich unterbrochen von dem Bild eines Wildschweins. Und dann wieder tak tak tak. Je länger der Zuschauer betrachtet, desto stärker zieht es ihn in den Bildschirm, versetzt ihn in eine Art Trance. Und immer wieder der selbe Takt, und schließlich ein Wildschwein. Und schweift der Blick doch ab, dann wandert er zum wütenden Kopf auf dem Stab. Schließt der Besuchende die Augen und träumt sich weiter, tiefer hinein in die erschaffene Umgebung, so erlebt er zeremonielle Bräuche, Riten. Spiritualität durch Hypnose, fernab von urbaner Rationalität. In der medial konzentrierten Gesellschaft nehmen sich Scanning und Browsing ihren Platz und übernehmen so die visuelle Kommunikation. Immer schauen, scannen, suchen, Informationen aufnehmen, immer mehr und mehr. Und die Konzentration auf eine Sache leidet, verursacht bei uns allen das wohlbekannte Aufmerksamkeitsdefizit.
YU HONGLEI, I,,,,,,,,, 2018, detail, Courtesy the artist; Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin; Antenna Space, Shanghai, Photo: def_image
Es könnten Schrumpfköpfe sein, aufgebart in ewiger Ruhe, es könnten Gräber sein, Männerköpfe schlafend. Oder verfallen in Hypnose. Gewonnen durch den flimmernden Bildschirm. Yu Honglei kontrastiert in seinen Werken alt und jung, innen–außen, Passivität und Aktivität. Er interpretiert Kopf und Körper und schafft so die Reflektion des menschlichen Übergangs.
YU HONGLEI ,#7, 2018, brass, stainless steel, iron wire, paper, millet rice, 103 x 52 x 52 cm, edition of 3 (+ 1AP), Courtesy the artist; Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin; Antenna Space, Shanghai, Photo: def_image
Die erste Einzelausstellung Hongleis bei Kraupa-Tuskany Zeidler entfernt sich von der bisherigen Arbeitsweise des Künstlers, die Verbalität und Lingustik einschloss, und konzentriert sich stärker auf Visualität als Kommunikationsmittel. Das Mittel der Symbolik ergänzt die Skulpturen um eine weitere Form.
YU HONGLEI, Ausstellungsansicht, Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin, 2018, Courtesy the artist; Kraupa-Tuskany Zeidler, Berlin; Antenna Space, Shanghai, Photo: def_image
Yu Honglei wurde 1984 geboren, lebt und arbeitet in Beijing. Er füllt die Erzählung von chinesischer Landschaft und Leben mit seiner eigenen Geschichte. Er betrachtet digitale Bildproduktion im Kontext von Übersetzung und Zirkulation. Im höchstpersönlichen künstlerischen Diskurs, widmet sich Honglei kulturellem Wissen und Ästhetik. Mehrfach international ausgestellt, hat Yu Honglei seine zweite Soloausstellung bereits dieses Jahr im UCCA, Beijing.
WANN: Die Ausstellung kann noch bis zum 23. Juni besichtigt werden.
WO: Kraupa-Tuskany Zeidler, Kohlfurter Straße 41/43, 10999 Berlin.
