Der Feuerbringer
Thomas Feuerstein in der ERES-Stiftung

12. Januar 2018 • Text von

Zwischen antikem Mythos, Kunst, Alchemie und Wissenschaft. Die ERES-Stiftung in der Römerstraße zeigt Thomas Feuersteins Projekt „Prometheus Delivered“.

Thomas Feuerstein: PROMETHEUS DELIVERED, 2017 (Detail), © Thomas Feuerstein, VG Bild-Kunst, Bonn.

Schläuche schlängeln sich durch den Ausstellungsraum, sie verbinden Objekte und Gefäße. Flüssigkeiten zirkulieren, reagieren miteinander. Wie in einer Mischung aus Labor, Atelier und Frankensteins Werkstatt werden in der ERES-Stiftung Objekte und Bedeutungsebenen zueinander in Beziehung gebracht. Thomas Feuerstein arbeitet in seiner künstlerischen Praxis an den Schnittstellen von Wissenschaft und Kunst. Er kombiniert in seinen Projekten Ansätze aus Philosophie, Kunstgeschichte und Literatur mit Biotechnologie, Ökonomie und Politik und schafft so Installationen, die sich zentralen Fragestellungen der Bedingung des Menschseins nähern. In der ERES-Stiftung zeigt er nun sein Projekt „Prometheus Delivered“, das im letzen Jahr auch im Haus am Lützowplatz in Berlin zu sehen war.

Thomas Feuerstein: KASBEK, 2017, © Thomas Feuerstein, VG Bild-Kunst, Bonn.

Ein zentrales Objekt der Ausstellung ist eine Replik von Nicolas-Sébastien Adams Marmorfigur „Prométhée enchaîné“ aus dem Jahr 1762. Der mythische Titan Prometheus hatten den Menschen unerlaubt das Feuer, und somit die Möglichkeit zur Entwicklung, gegeben, zur Strafe wird er von Zeus an einen Felsen gekettet. Ein Alder reißt dem Ungehorsamen nun täglich die immer wieder nachwachsende Leber aus dem gequälten Leib, Prometheus bleibt gefangen in einem Loop aus Schmerz.

PANDORAMA (KINOSKULPTUR), 2017, © Thomas Feuerstein, VG Bild-Kunst, Bonn.

Körper und Stein, Technologie und Mythos, Glaube und Angst. Thomas Feuerstein widmet sich in seiner Arbeit dem Prometheus Mythos und eignet ihn sich an. Er integriert die Skulptur-Kopie in einen Prozess. Mittels einer Lösung, die durch Löcher in den Marmor gepumpt wird, wird die Skulptur langsam erodiert. In der Flüssigkeit verstoffwechseln Bakterien Marmor zu Gips und dieser wird in einem biochemischen System zur Nahrung für menschliche Leberzellen. Ein Kreislauf aus Konstruktion und Dekonstruktion entsteht, in einem Bioreaktor, in dem humane Hepatozyten heranwachsen, entsteht gleichzeitig eine dreidimensionale Leberskulptur. In der Ausstellung werden außerdem großformatige Zeichnungen und Objekte präsentiert, eine literarische Fiktion in Form eines Hörspiels illustriert biochemische Prozesse.

Thomas Feuerstein: MEDIZINSCHRANK / MEDICINE CABINET, 2017, © Thomas Feuerstein, VG Bild-Kunst, Bonn.

In der ersten institutionellen Einzelausstellung des österreichischen Künstlers in München nähert sich Thomas Feuerstein, über den Mythos Prometheus, dem Mythos der nie enden wollenden technischen Entwicklung, immer im Spannungsfeld zwischen glänzender Utopie und mahnender Dystopie. Die ERES-Stiftung in der Römerstraße identifiziert sich als Plattform für Kunst und Wissenschaft, da ist es nur folgerichtig, dass Thomas Feuerstein sein künstlerisches Labor in ihren Räumlichkeiten aufbaut. Zur Ausstellung wird es auch Führungen und Vorträge geben. Am 30. Januar spricht der LMU Professor Dr. Wolfgang W. Schmahl über Biomineralisation als moderne Wissenschaft von Gesteinen und Geschöpfen.

WANN: Noch zu sehen bis 24. März.
WO: ERES-Stiftung, Römerstr. 15, 80801 München

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