Form to the immaterial
Seth Price im Museum Brandhorst

27. Oktober 2017 • Text von

Oberflächen und Transformation. In einer retrospektiv angelegten Einzelausstellung widmet sich das Museum Brandhorst mit mehr als 100 Werken der künstlerischen Praxis von Seth Price.

Seth Price: Different Kinds of Art, 2004 (Detail), Collection of Candace and Michael Barasch, Courtesy of Petzel Gallery, © Seth Price.

Plastik und Haut. Oberfläche und Körper. Malerische Gesten und konzeptuelle Collagen. Einige Arbeiten von Seth Price waren bereits vor zwei Jahren Teil der großen Ausstellung „Painting 2.0“ im Museum Brandhorst. Als erweiterte Malerei können auch viele der aktuell im Sauerbruch Hutton-Gebäude in der Maxvorstadt präsentierten Arbeiten gelesen werden. In der international ersten Überblicksausstellung des US-amerikanischen Künstlers Seth Price in Deutschland wird dessen Œuvre großzügig präsentiert.

Seth Price: Untitled, 2017, Courtesy IX G Seasteading Capital, Pacific Ocean, © Seth Price.

Seth Price gilt als einer der prominentesten Vertreter der Post-Internet Kunst. Er hat, als Mitglied einer mittleren Genration, in seiner künstlerischen Praxis den digitalen Transformationsprozess, den das Internet in der Kunst wie in der Gesellschaft angestoßen hat, verarbeitet. In seinem konzeptuellen und trans-disziplinären Ansatz nutzt er Video, Film, Skulptur und Installation. Er ist Autor von Büchern, beschäftigt sich mit Musik und den Funktionsweisen des Internet. Dabei ist er kein „Digital-Native“, sondern kann als teilnehmender Beobachter dieser tektonischen Veränderung gesehen werden, der die Logik, die Ästhetik und die Werkzeuge des Internets in seine Arbeit integriert und diese hinterfragt

Seth Price Vintage Bomber, 2008, Edoardo Gnemmi, Mailand © Seth Price.

In einer Arbeit im Museum Brandhorst projiziert er bewegte Bilder auf eine im Raum hängende Leinwand. Das digital manipulierte Material zeigt amorphe Formen, das sich in Wellen bewegen und in ihrer Haptik zwischen organisch und digital changieren. Die Bilder werden dabei nicht von einem HD-Beamer auf die Leinwand geworfen. Im Raum steht ein klassischer Projektor, in dem eine Filmrolle abgespult wird. Digitale Bilder, eigentlich ephemere Daten, die auf Celluloid kopiert wieder zu einem konkreten Objekt werden. Dieser Medienwechsel, das Spiel mit Material und Transformation, kennzeichnet Prices künstlerische Praxis. Er schichtet Ebenen übereinander und amalgamiert, sowohl formal als auch im Inhalt.

Seth Price: Noodles, 2011 Acryl, Lackfarbe, Courtesy of the Artist and Galerie Gisela Capitain, Cologne, Photo: Simon Vogel © Seth Price.

Materialität, Oberflächen und Körper. Price nutzt in seiner post-medium-spezifischen Praxis unterschiedliche Techniken und Medien. Er untersucht die Materialität von Oberflächen und stellt der Künstlichkeit von synthetischen Materialien fleischliche Formen entgegen. Brüste und Fäuste, die scheinbar durch Polystyrol-Platten brechen wollen. Seile, die sich wie Würmer in Bildträgern tummeln. Im Untergeschoss sind großformatige Foto-Arbeiten zu sehen. Price hat mit einer computergesteuerten Roboterkamera tausende Fotos menschlicher Haut aufgenommen und diese unter der Verwendung einer Satellitensoftware zu riesigen Bildern zusammengefügt. Die Textur der Haut, detailreich bis zu den kleinsten Falten und Härchen, bildet eine ganz eigene Oberfläche, die zwar organisch ist, in ihrer Größe und hohen digitalen Auflösung jedoch fast verstören künstlich wirkt.   

Seth Price: Untitled, 2008, Photo: Simon Vogel, © Seth Price.

Seth Price transformiert in seiner Arbeit Material und gibt dem eigentlich Immateriellen eine Form. Er nutzt Plastik, Licht, Screens, Stoffe und Haut für Prozesse der Veränderung im Spannungsfeld zwischen Fleischlichkeit und Künstlichkeit. In Zeiten der allumfassenden Digitalisierung versucht er sich an der komplexen Synthese von Technologie und Körpern.

WANN: Noch zu sehen bis 8. April.
WO: Museum Brandhorst, Theresienstraße 35a, 80333 München.

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