Kunst in Quarantäne #21
Fixe Screens und fluide Körper

16. Februar 2021 • Text von

Obwohl die Tage wieder länger werden, spricht überhaupt nichts gegen noch ein paar Stunden vor unseren Screens. Diese Woche empfehlen wir euch die Streams der VIDEONALE.18, die virtuelle Kunstinsel “Wretched Light Industry”, den Little Friend von Ben Elliot und das Schaufenster des Kunstvereins in München, sowohl digital als auch in der Realität.

Man sieht ein Still aus dem Video  A Recipe for Disaster von Carolyn Lazard aus dem Jahr 2018.
Carolyn Lazard: A Recipe for Disaster 2018, Courtesy Carolyn Lazard und ESSEX STREET, New York.

Dem Spagat zwischen Schaufensterbummel und Konsum online widmet sich das Programm des von Gloria Hasnay kuratierten „Schaufensters“ des Kunstvereins München. Es kombiniert zwei dauerhaft zugängliche Orte, ein tatsächliches Schaufenster im Münchner Hofgarten und eine digitale Plattform auf der Website der Institution. Im Moment ist dort Carolyn Lazards Video „A Recipe for Disaster“ zu sehen, in dem Filmmaterial einer US-Fernsehsendung aus den 1960er Jahren mit mehreren Textebenen kombiniert wird.

Man sieht eine digitale Ausstellungsansicht von Ben Elliots Projekt My Little Friend aus dem Jahr 2021.
Ben Elliot: My Little Friend, 2021. Online virtual reality exhibition.

Man kennt die süßen Figuren mit ihren großen Augen, die das Kindchenschema perfekt bedienen. Eine solche Figur hat der französische Künstler Ben Elliot, mit dem wir im Mai ein Interview geführt haben, nun entworfen, um Kunst, Smart Entertainment, Technologie und K.I. zu verbinden. „My Little Friend“ hat kein zugewiesenes Geschlecht, ist weder Mensch noch Tier und verkörpert doch eine Persönlichkeit, die auf mehr als ihr niedliches Aussehen verweist. Konzipiert als langfristiges und vielschichtiges Kunstprojekt, will Ben Elliot „My Little Friend“ als Marke entwickeln. Die erste Umsetzung von „My Little Friend“ beinhaltet den Launch eines Face-Filters sowie mehrere Programme in virtueller und erweiterter Realität. Hier erfahrt ihr mehr über Face-Filter und Kunst.

Gezeigt ist eine Bullen-Figur aus der digitalen Welt von Wretched Light Industry aus dem Jahr 2020.
Benjamin Villagehall and Jay Darlington: Wretched Light Industry, Copyright © Wretched Light Industry, 2020.

Eine globale Pandemie macht erfinderisch. Da viele Kunststudent*innen ihre Abschlussarbeiten gar nicht oder nur sehr beschränkt präsentieren konnten, hatte der Künstler Lucien Smith eine Idee: Er gründete mit “Serving the People” einen kreativen Inkubator und eine digitale Plattform, die Bildungs- und Kreativprogramme für ein globales Publikum bereitstellt. So soll Künstler*innen die Möglichkeit gegeben werden, sich über ihr unmittelbares Netzwerk hinaus zu vernetzen und zu wachsen. Eine digitale, globale “Diplomausstellung” im Mai 2020 zeigte Arbeiten von 836 Künstler*Innen von 96 Kunsthochschulen. Mit dem Projekt “Wretched Light Industry” entstand eine virtuelle Insel, die von 33 “aufstrebenden digitalen Künstlern, Magiern, Jammern, Weltenbummlern und Träumern aus der ganzen Welt” bespielt wird.

Still aus "Sugar" von Bjärn Melhus: ein Mann und eine Art Mensch-Roboter halten sich an den Händen.
Bjärn Melhus: “Sugar” Courtesy of Bjärn Melhus.

Als Auftakt zur diesjährigen VIDEONALE.18 Ausstellung „ FLUID STATES. SOLID MATTER“ im Kunstmuseum Bonn finden vom Mittwoch, den 3. März, bis zum Sonntag, den 7. März, die Festivaltage statt, an welchen dieses Jahr alle Werke digital gestreamt werden können. Man muss die gemütlichen vier Wände also gar nicht mehr verlassen, um an dem Festival und der Ausstellung teilzuhaben. Neben den Filmen kann man außerdem an Ausstellungsrundgängen, Künstler*innengesprächen und Workshops teilnehmen. Dieses Jahr dreht sich die „VIDEONALE.18 – Festival für Video und zeitbasierte Kunstformen“ rund um die Wechselbeziehungen zwischen Mensch, Natur und anderen Lebewesen unter dem Motto des „fluiden Körpers“. Hier könnt ihr euch bis Sonntag, den 21. Februar, für das Festival anmelden.

Der Tipp kommt von Louisa Behr.