"Mein Projekt könnte Promo gebrauchen"
Über faule Pressearbeit im Kunstbetrieb

21. Dezember 2020 • Text von

Nennt mich Prinzessin auf der Erbse, aber manchmal möchte ich mich schon ganz gern bitten lassen. Wer von mir Herz und Hirnschmalz investiert sehen möchte und nicht gerade freundschaftlich verbandelt ist, der darf sich ein bisschen ins Zeug legen. Das hier geht raus an die aus der Kunst-PR, an Galerist*innen, Kurator*innen und alle, die sonst noch Presse wollen. Fürs Lesen vorab: danke.

Ein Briefumschlag, das E-Mail-Icon, das Instagram-Icons und viele "Ungelesene Nachricht"-Erinnerungen fliegen über einen grünen Hügel.
Collage: gallerytalk.net

Ohne jemals sonderlich viel, jedenfalls nicht sonderlich viel Geistreiches über Musik geschrieben zu haben, hatte ich einige Jahre lang aus beruflichen Gründen viel Kontakt mit Musik-PRlern. Die machen das ziemlich clever. Veröffentlicht wer ein neues Album, wird mir das mehrere Wochen vorher angekündigt. Ist der Pressetext fertig, gibt’s den Pressetext hinterher – samt Hörprobe und zwei, drei neuen Fotos. Irgendwann klingelt das Telefon (gut, darauf könnte ich verzichten), durchgegeben wird ein 20-Sekunden-Pitch, wieso genau ich für genau dieses Medium eben jene Geschichte erzählen könnte. Ich kann dann Ja oder Nein sagen. Alle haben ihren Job gemacht.

Im Bereich Kunst läuft das, ehm, anders. Und ich finde es so überhaupt nicht sachdienlich, weswegen ich auch diese paar Zeilen zusammenkloppe. Anfragen erfolgen kurzfristig – gern drei Wochen nach Eröffnung, unzugänglich – zwei Seiten kryptische Kunsthistoriker*innen-Prosa ohne Kontextualisierung – und zunehmend einfach dreist – „Mein Projekt könnte ein bisschen Promo gebrauchen“. Ja, ist okay, du, wer braucht denn heute bitte keine Reichweite für etwaige Unternehmungen, frag ich mich?

Journalist*innen suchen Themen und keine Ausstellungsdaten. Wer sich für seine Schau besondere Beachtung wünscht, sollte sich um Aufmerksamkeit bemühen. Dass ein Event existiert, ist noch lange kein Grund, darüber zu berichten. Ich zum Beispiel arbeite am liebsten mit Leuten zusammen, von denen ich schon vorher weiß, dass sie etwas zu sagen haben. Das kann man für sich ganz hervorragend herausfinden, indem man einfach mal freundlich Kontakt aufnimmt mit Personen, die man spannend findet. Ganz ohne Agenda. Und dann mal schauen, wie es läuft. Stellt sich raus: Früher oder später kreuzen sich die Wege schon.

Was ich sagen will: Ehe es zu einer Zusammenarbeit kommt, hilft manchmal höfliches Abtasten (metaphorisch, sonst bitte vorher gegenseitiges Einverständnis abklären) und ein bisschen mit besten Absichten investierte Zeit – für Inhalte wie zwischenmenschliche Vibes gleichermaßen. Vor allem hilft ein bisschen Mühe, ein bisschen Freundlich-Sein. Oder jedenfalls rechtzeitig verschicktes, ansprechend verpacktes, individuell adressiertes Material per Mail. Also quasi das Gegenteil von unkommentierten Pressemitteilungen via Instagram-DM. Danke.