Wiener Moderne 2.0 Josiah Mcelheny und sein Ornament Museum
20. Januar 2017 • Text von Agnes Wyskitensky
Insgesamt ein ganzes Jahr lang wird im MAK die Installation von Josiah Mcelheny gezeigt. Mithilfe älterer Formen schafft der Künstler in “The Ornament Museum” den Beginn von etwas Neuem. In dieser Ausstellung stehen der Betrachter und dessen Bewusstsein im Vordergrund.
Geht man durch die Ausstellung Wien 1900, gelangt man im Obergeschoss zu „The Ornament Museum“, einem Museum-im-Museum, welches aus einem begehbaren Pavillon aus Glas und Holz besteht. Durch die dunkle und fast dramatische Beleuchtung, bekommt die Szene eine monumentale Wirkung. Große Glasfensterpaneele sind mit feinen ornamentalen Mustern bedeckt, die uns an Zeichnungen Koloman Mosers erinnern. Stilistisch gliedert sich „The Ornament Museum“ in die Dauerausstellung des MAK ein. Die gezeigten Formen und Muster erscheinen uns – gerade in Wien – auch äußerst bekannt. Was ist daran also neu?
Eine einleitende Texttafel beim Treppenaufgang soll zunächst Aufschluss über die verschiedenen Muster und deren Bedeutung geben. Wörter wie „vorbewusst“, „neurasthenisch“ und „monomanisch“ begegnen einem, wodurch Assoziationen zur Psychologie des frühen 20. Jahrhunderts entstehen. In einem kurzen Text der Kuratorin wird „The Ornament Museum“ außerdem als Beginn eines neuen Museumsmodells beschrieben, in welchem die ästhetischen Formen wiedergefunden werden sollen, die in einer Wechselwirkung mit unserer Psyche stehen.
Es geht also um Kunst und Psychologie. Der Pavillon agiert als Raum, in dem in erster Linie nicht das Kunstwerk, sondern der Betrachter und dessen Empfinden im Mittelpunkt steht. Auf je einer Wand des Pavillons verbildlichen die Ornamente, die uns zu Beginn vorgestellt wurden, verschiedene Bewusstseinszustände. Die Formen und Muster auf den Glasfenstern sollen das psychische Befinden der Menschen beeinflussen. Befindet man sich im Pavillon strahlt die ganze Szenerie zusammen mit der Beleuchtung eine erstaunliche Ruhe aus. Etwas, das man durch die dynamischen Formen an den Fenstern zunächst nicht erwarten würde.
Eine klare Bezugnahme zu älteren Formen und Darstellungen ist jedoch sehr auffällig. Der von Josiah Mcelheny eigens für das MAK geschaffene Pavillon greift die Designsprache der Wiener Moderne auf und erinnert an den Pavillon von Josef Hoffmann für die Weltausstellung in Paris 1925. Auch die damalige Diskussion mit anderen Architekten, wie Adolf Loos, über die Ornamentik spielt in „The Ornament Museum“ eine Rolle. Eine weitere Verbindung bildet die Psychologie Sigmund Freunds. Dies wird durch die Zuschreibung der verschiedenen Muster zu einem bestimmten Bewusstseinszustand klar. Auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts sollen die ornamentalen Formen der Wiener Moderne die Psychologie der Gesellschaft dargestellt haben. Der Künstler sieht das Projekt auch als historischen Brückenschlag, welches spartenübergreifend verschiedene Theorien und Methoden in sich vereint.
Ganz nach dem Motto „Oldies never die“ lässt Josiah Mcelheny in seinem „Ornament Museum“ die Formen und Psychologie der Wiener Moderne wiederaufleben und führt sie zu einer neuen Interpretation. Seine Ausstellung zeigt vor allem, welche Bedeutung die Avantgarden des 20. Jahrhunderts heute noch haben und, dass die heutige Künstlergeneration keineswegs unbeeinflusst von dieser reaktionären Zeit bleibt. Obwohl man anfangs nicht genau sehen kann, was an „The Ornament Museum“ neu und zeitgenössisch ist, wird dem Besucher spätestens beim Verlassen der Ausstellung klar, dass das Aufgreifen älterer Formen und deren Neuinterpretation, wie wir es auch aus der Musik und Mode kennen, ein Phänomen ist, welches unsere heutige Zeit nur zu gut repräsentiert.
WANN: Die Ausstellung läuft noch bis 2. April 2017.
WO: MAK, Österreichisches Museum für angewandte Kunst/Gegenwartskunst, Stubenring 5, 1010 Wien.