Wenn Sammeln zur Schau wird
Ein Einblick.

28. Mai 2016 • Text von

Die Sammlungen der Museen bleiben mitunter viele Jahre in den Archivräumen, bevor sie in den Ausstellungsraum dürfen. Oft ein langes Warten. Das Stadtmuseum hingegen macht eine Ausstellung daraus und zeigt seine Errungenschaften der letzten Dekade.

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Herlinde Koelbl: Monika E.; München, aus der Serie: Das Deutsche Wohnzimmer, Vor 1980, Gelatineentwicklungspapier (Ankauf Herlinde Koelbl 2012) © Herlinde Koelbl.

Das Stadtmuseum zeigt eine Fülle an hauseigenen Fotografien, die von den Anfängen des Mediums bis hin zu neueren Arbeiten, wie die von Herlinde Koelbl, Silke Grossmann und Olaf Unverzart reichen und in der letzten Dekade den Weg in die fotografische Sammlung des Stadtmuseums fanden. Wie der Titel „Geschenkt. Gekauft. Gefunden.“ deutlich macht, ­– und so betont es zudem noch die Alliteration – legt sich die Ausstellung im Grunde auf das Konzept der Aneinanderreihung fotografischer Errungenschaften fest und begründet so das Zusammentreffen solch unterschiedlicher Arbeiten im Ausstellungsraum. Der zudem gesetzte didaktische Rahmen, der Einordnung und Sinnabschnitte schaffen möchte, korreliert mit dem Fokus auf das Aufzeigen des Sammelns und kommt auch manchmal in Bedrängnis. Zu weitläufig ist die Fülle an Arbeiten und neben dem dominanten Fokus auf das Sammeln parallel schwer zu bewältigen.

Nachvollziehbar ist, wie und durch wen die gezeigten Werke ihren Weg ins Museum fanden und das lässt Schlüsse über die kuratorische Arbeit in Hinblick auf die Sammlungspflege am Haus zu: Ankäufe von Werken junger Fotografen ist dem Stadtmuseum ein wichtiges Anliegen. Leider wird das vorgestellte Projekt La Brea Matrix mehr im Text angedeutet, als wirklich einsehbar und man fragt sich nicht nur hier, ob das enge Nebeneinander den vielen Fotografien wirklich gut tut. Schön ist zu sehen, dass sich das städtische Haus mit Hilfe ihres Freundeskreises um 80 Stereoaufnahmen von Joseph Alberts bemühte, die architektonisch bedeutende Orte Münchens zeigt und eine heute nicht mehr gängige Technik erlebbar macht.

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Anonym: Schornsteinfeger, Deutschland Um 1885, Kollodiumpapier (Ankauf Sammlung Dietmar Siegert, 2014) © Münchner Stadtmuseum.

Die vor zwei Jahren von mehreren Stiftungen finanzierte Sammlung Dietmar Siegert bekommt besondere Aufmerksamkeit. Schwerpunkt ist hier Fotografie des 19. Jahrhunderts mit Werken von Georg Maria Eckert, die Naturaufnahmen Joseph Alberts und die Portraits von Franz Hanfstaengl. Der großen Verantwortung, den vollständigen Nachlass Hermann Landshoffs zu vertreten, stellt man sich sicher gerne. Neben einer Konzentration auf Münchner Werke und Künstler gibt die aktuelle Sammlung unter anderem auch einen umfangreichen Einblick in die Fotografie während der Meiji-Zeit in Japan. Die mit Hand gefärbten Fotografien von Kimbei Kusakabes geben tiefe und intime Einblicke in das Japan dieser Zeit.

Um den Werken nicht nur den Stempel seines Beschaffungsweges aufzudrücken, wird die Schau nicht nur darauf begrenzt. Die Sammlung zu bewahren und sie adäquat auszustellen ist ein weiterer Anspruch des Stadtmuseums. So wird ein didaktischer Rahmen schnell erkennbar. Leider wird dieser auch manchmal zur Nebensache und die einzelnen Arbeiten werden in ihrer künstlerischen Entfaltung gestört. Das mag zum einen daran liegen, dass das Selektieren für die Ausstellung eher einem praktischen Grund unterlag, zum anderen aber auch, dass oft Arbeiten zu Nachbarn gemacht werden, die sich mehr dem Dialog versperren und man ins rätseln gerät, als wirklich anzuregen. Im vollen Ausstellungsraum werden die Arbeiten zu Teilen nach Genre, wie Stillleben, serielle Fotografie, Portrait, Architektur –und Reisefotografie geordnet. Das es dabei Überschneidungen gibt ist klar, hier kommt es aber auch zu Verwirrungen. So sind zu Beginn der Schau Serien von Dieter Appelt und Seiichi Furuya gezeigt. Der begleitende Text betont, dass eine Serie nur in ihrer Vollständigkeit gezeigt, zu seiner Botschaft gelangt. Leider sind zu viele Fotografien aus ihrer Serie gelöst und werden trotzdem ausgestellt. Ein Widerspruch, zugleich aber auch wichtige Realität des Sammelns. Wie die Kuratoren deutlich machen, ist das „Schnippselhafte“ genauso Teil der Sammlung und hier nachvollziehbar gemacht.

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Silke Grossmann (Cynthia Beatt, Arme und Wasserrinnsale) Dessauer Straße, Berlin, 1982 Gelatineentwicklungspapier (Schenkung Silke Grossmann, 2015) © Silke Grossmann.

In dieser Schau bleibt stets die Frage im Raum ob ihre Realisierung nicht mehr eine Verpflichtung der Stifter und Schenker gegenüber ist – aber das verdrängt man besser schnell. Selbst wenn es so ist, bleibt das Angewiesensein auf Mäzenen eine notwendige Tatsache und das wird hier transparent gemacht. Die hohe Quantität und die nicht ganz gelungene inhaltliche Einteilung der Schau macht das Betrachten etwas mühsam, zeigt aber auf, dass Sammlungen weiterhin wachsen und diesen eben auch Verpflichtungen innewohnen. Obwohl die Schauen der fotografischen Sammlung die letzten Jahre sehr überzeugend waren, bleibt es hier eher bei einer etwas Unausgegorenen mit dennoch sehr sehenswerten Arbeiten. Die Intention des Sammelns als immer noch wichtige Aufgabe eines Museums wird einsehbar gemacht, versperrt sich allerdings manchmal einer tieferen inhaltlichen Auseinandersetzung.

WANN: Die Ausstellung ist noch bis Sonntag, den 31. Juli 2016
WO: 
Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München

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