Von Herzdöschen und Brilliantringen ES REGNETE GANZ VIEL LIEBE von Thomas von Poschinger
19. Mai 2017 • Text von Quirin Brunnmeier
Professionalisierte Gefühle, romantisierte Sehnsüchte und trotzdem ganz viel ehrliche Liebe. Der junge Maler Thomas von Poschinger zeigt unter dem Titel „ES REGNETE GANZ VIEL LIEBE“ bei Hubert Burda Media neue abstrakte Bilder und Fotografien, die er gekonnt in ein installatives theatrum sacrum einbettet.
Als Communications Highway ist der Veranstaltungsort bei Hubert Burda Media im Arabellapark angekündigt, doch die Schnellstraße der Kommunikation erweist sich als großzügiger Büroflur, der zwei Abteilungen des Medienkonzerns miteinander verbindet und nun mit Kunst bespielt wird. Der Gefahr, als Corporate-Kunst-Feigenblatt zwischen Bürotüren und Aufzügen eingequetscht zu werden, entgeht Thomas von Poschinger elegant durch einen durchdachten Umgang mit dem Raum und präzise gesetzte installative Elemente.
Den Gang durchzieht der Länge nach ein vom Künstler installierter roter Teppich, der schon einige Filmpremieren und Boutiqueeröffnungen erlebt zu haben scheint, man meint die Spuren gebrochener Stöckelschuhe förmlich erkennen zu können. Die rechte Wand und Teile der Decke hat Thomas von Poschinger in sattem Gold gestrichen, fünf seiner abstrakten Malereien sind in gleichmäßigen Abständen gehängt. Jeweils darüber digitale Fotografien, quasi als Deckenmalerei: Abzüge von abfotografierten Bildern aus Zeitschriften. Die Gesichter von kühl lächelnden Stars, ein von der Burda-Gattin Maria Furtwängler in die Kamera gehaltener Brilliantring. Auf einem der Bilder sieht man eine kleine Dose in Herzform auf der die Frage „Magia o Technologia?“ zu erkennen ist. Magie oder Technologie? Kunst oder Kitsch? Wahre Gefühle oder kalte Posen?
Zeitschriften wie Bunte funktionieren als Bildgeneratoren für professionelle Gefühle, Verlage wie Burda sind die Orte, an denen Stars und Sternchen geschaffen werden, denn die Sehnsucht nach dem perfekten, glamourösen Leben verkauft sich gut. Am Ende des Gangs hat Thomas von Poschinger ein Biedermeierbett positioniert, davor, auf einem Sockel und quasi als Übergang zu einem neuen Raum, steht eine schwere, goldene Standuhr, die sich als Filmrequisite entpuppt. Am Abend der Eröffnung lag ein junger Schauspieler im feinen Schlafanzug im Bett, lümmelte sich und las, über Mikrofon und Verstärker laut in den Raum schallend, Auszüge der aktuellen Ausgabe der Bunte vor. Aggressive akustische Irritationen eines Lesers, die das räumliche der Ausstellung ergänzten. Und unter dem Bett, brav zusammengelegt, eine Ausgehuniform der Bundeswehr.
In der von Mon Muellerschoen kuratierten Ausstellung „ES REGNETE GANZ VIEL LIEBE“ kombiniert Thomas von Poschinger unterschiedliche Elemente zu einem schlüssigen Ganzen. Subtil unterwandert und hinterfragt er den Charakter des Ortes, spielt mit bürgerlichen Symbolen und kratzt subversiv am dünnen Lack der von den Medien konstruierten Ideale. In der Kombination der einzelnen Komponenten der Ausstellung setzt er gekonnt Bezüge und Brüche, stellt gewisse Haltungen bloß, wird dabei aber nicht zynisch, sondernd bleibt wohlwollend. Nur seine pastosen, feinen Bilder bekommen in diesem installativen Kontext vielleicht nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Diese rhythmischen Bilder, in denen Thomas von Poschinger Zeichensysteme und Relationen abstrakt verhandelt, bestechen auch auf sich alleine gestellt. An einer weißen Wand.
WANN: Die Ausstellung ist zu sehen bis 9. Juni.
WO: Hubert Burda Media, Communication Highway, Arabellastraße 23, 2.OG 81925 München.