Aus der Plastik-Zeitkapsel
Trevor Shimizu bei Christine Mayer

10. Juli 2024 • Text von

Die Einzelausstellung “2007 – 2017“ von Trevor Shimizu in der Galerie Christine Mayer ist keine Retrospektive. Vielmehr ist die gesamte Show eine Erweiterung der Grenzen von Malerei, ihrer Wahrnehmung und auch Wertschätzung. Dabei sind die gezeigten Bilder ein Echo der Vergangenheit in der unmittelbaren Gegenwart.

Trevor Shimizu: 2007 – 2017, Galerie Christine Mayer, 2024.

Es ist zwar keine Retrospektive seiner Arbeiten, die Trevor Shimizu in der Galerie Christine Mayer präsentiert. Und dennoch signalisiert schon der Titel der Ausstellung, dass die gezeigten Werke eine gemeinsame Vergangenheit haben. “2007 – 2017“ besteht aus mehreren Bildobjekten, die sich in ihrer aktuellen Form neu rematerialisiert haben. Ursprünglich waren sie Teil der Garbagebag-Skulptur “Untitled“ aus dem Jahr 2008. Diese war Shimizus Beitrag zur Gruppenausstellung “Workspace” in der Galerie Christine Mayer im Jahr 2008, in der auch Arbeiten von Josh Kline, Dean Kenning, Devon Costello und Antoine Catala gezeigt wurden. Die Garbagebag-Skulptur selbst existiert nicht mehr, der Inhalt dieser Plastiktüte  füllt nun aber die Räume der Galerie im Lehel in München.

Trevor Shimizu: 2007 – 2017, Galerie Christine Mayer, 2024.

Die Arbeiten wurden, seit sie das Atelier des Künstlers verlassen haben, noch nie offen gezeigt. Sie sind gleichzeitig alt und neu für das Publikum. Die zwölf Bildobjekte aus der Plastiktüte sind abstrakt, gestisch, fragmentiert und teilweise zerstört. Bei manchen ist die Leinwand perforiert oder hat sich vom Keilrahmen gelöst. Ecken sind umgeknickt und Farbe abgebröckelt. Neben diesen Gemälden aus der schwarzen Plastiktüte zeigt die Ausstellung die beiden älteren Arbeiten “Coke” und “Mirror”, die etwa zur gleichen Zeit im Jahr 2007 entstanden sind, als Shimizu, ein multidisziplinärer Künstler, dessen Praxis Performance, Video und Skulpturen umfasst, wieder mit der Malerei begann.

Trevor Shimizu: 2007 – 2017, Galerie Christine Mayer, 2024.

Zudem ist in der Ausstellung eine gestische Landschaftszeichnung zu sehen, “Landscape” aus dem Jahr 2017 war ein früher Versuch des Künstlers, der den Anstoß zu einer Serie über die Natur gab. Neben diesen Bildträgern zeigt Trevor Shimizu auch eine Videoarbeit: “Cyborg” aus dem Jahr 2007 ist eine eklektische Audio-Video-Collage, in der nostalgische, utopische und apokalyptische Elemente zu einer Sci-Fi-Parodie arrangiert sind. In all diesen Arbeiten steckt ein trockener Humor, der die bleierne Ernsthaftigkeit der Kunst in Frage stellt und diese geschickt unterläuft. Shimizu spielt in diesen Arbeiten auf experimentelle Art mit den formellen Grenzen von Malerei, ihrer Wahrnehmung und auch Wertschätzung.

Trevor Shimizu: 2007 – 2017, Galerie Christine Mayer, 2024.

15 Jahre waren die Bilder, die jetzt in der Galerie Christine Mayer zu sehen sind, metaphorisch oder auch ganz real in einer schwarzen Plastiktüte verborgen, vom Künstler selbst in diese gesteckt. Waren die Bilder nicht gut genug, damals in einer Ausstellung gezeigt zu werden? Oder waren sie, im Gegenteil, ihrer Zeit einfach weit voraus? Gezeigt wurden sie bereits 2008, als unsichtbarer Teil der konzeptuellen Tüten-Skulptur ohne Titel. Nun als Teil von “2007 – 2017“ sind sie nicht weniger konzeptuell. Man kann die Arbeiten selbst als abstrakt und gestisch beschreiben und ihre Qualitäten als Bilder untersuchen. Durch den Akt des Verbergens und Wiederfindens erweitert Trevor Shimizu aber den Rahmen der Wahrnehmung der Kunst, des Künstlers und des Prozesses der Entstehung von Kunst.

WANN: Die Ausstellung “Trevor Shimizu: 2007 – 2017” ist noch bis Samstag, 3. August, zu sehen.
WO: Galerie Christine Mayer, Liebigstraße 39, 80538 München.

Weitere Artikel aus München