Sommer, Sonne, Sonnenschein offen Vol. 2 in der EIGEN + ART
17. Juli 2018 • Text von Lynn Kühl
Die Hitze jagt ins Freibad, auf die Blumenwiese, treibt in die Irre. Der Wind lässt Mobile spielen und Dünen verschieben. Die Kombination an Kunstwerken in der Gruppenausstellung „offen Vol. 2“ in der Galerie EIGEN + ART gleicht einem Tag im Freien. Hello Sweet Summer.
Die Galerie EIGEN + ART zeigt in den Sommermonaten jüngere und bereits etablierte Künstlerinnen und Künstler, die sie in den letzten Monaten beeindruckt oder begleitet haben. Die Ausstellung „offen Vol. 2“ lässt sie miteinander in Dialog treten. Eingeleitet wird die Ausstellung durch den taiwanesischen Künstler Yang-Tsung Fan. Dieser lässt uns den Sonnenbrand spüren, ohne dass wir das Haus verlassen müssten. Die Serie „Swimming Pool“ zeigt unterschiedlichste Perspektiven aus der Welt des Freibads. Meist wohlig gerötet sonnen sich Fans Darstellerinnen und Darsteller in Badehose- und anzug am Beckenrand oder planschen im spritzigen Wasser. Mal mit kleinem Spannerblick unter Wasser, mal mit Frontalansicht des Schwimmers, verpasst Yang-Tsung Fan eine kreative Abkühlung und wirft die Betrachtenden in absurde Schwimmbadszenarien. Das Zusammenspiel konzeptueller Farbfelder und gestischer Malerei erzeugt lebendige Bilder und lässt gemeinsam ins kalte Wasser springen. Die geometrische Abstraktion des Schwimmers in „Floating in Fallen Leaves“ erzeugt selbst unter Wasser eine enorme Tiefe und wirbelt den sonst so ruhigen Pool in ein Meer aus Luftblasen und kleinen Wellen. Die Bäume, die ihre Blätter ins Wasser werfen, sind dicht und intensiv ausgeführt, ohne Plastizität jedoch lediglich ein grüner Hintergrund. Kombiniert mit diesem blauen Glitzern, welches einen so mächtig in die Tiefe zieht, macht Yang-Tsung Fan das öffentliche Schwimmbad zum Place to be 2018.
Vom Wasser in die Lüfte bleibt auch Raul Walch thematisch auf hoher See. Der 1980 geborene deutsche Künstler erschafft in der Mitte des Ausstellungsraums ein thronendes Mobile aus geometrischen Figuren, die an fliegende Drachen erinnern. Zurückgeworfen in Kindertage verspürt man den Wunsch hochzugreifen, das Mobile zum Schwingen und Drehen zu bringen und ewig zu bewundern, wie eine dynamische Bewegung entsteht, die ineinander und miteinander läuft. Walchs Mobile ist allerdings kein Spielzeug, sondern vielmehr eine Anlehnung an Sonnenreflektoren zu Orientierung und Markierung durch die Küstenwache für die Rettung von Schiffsbrüchigen. Die kinetische Figur erfährt so eine, Walchs Arbeiten häufig eigene, Abwandlung und künstlerische Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Realität. Raul Walch studierte am Institut für Raumexperimente der Universität der Künste und regt durch seine vielschichtige Arbeit zum Nachdenken an, wie gut es wohl ist, wenn sich das Fähnchen im Winde dreht.
In den sommerlichen Dialog mischt sich ein rauer Ton. Zora Jankovićs Sklupturen aus Beton und Stahl strahlen etwas Brutales aus, etwas Mächtiges. Sie eröffnen weitere architektonische Räume und greifen zugleich in den realen Raum ein. Das Grafische der Skulptur erzeugt ein Spiel aus Licht und Schatten und setzt Gegensätze, die sich auf alles Umliegende übertragen. Das Spielerische der anderen Künstler wird in Frage gestellt und ergänzt diese doch zugleich um eine weitere Ebene. Im Einklang mit dem Massiven stehen Andreas Mühes Bilder. Auch hier schafft Licht die spezielle Farbigkeit. Die 24-teilige Foto-Serie „Mühe-Köpfe“ wirkt maskulin und fast archaisch. Ihre Ästhetik erinnert an Götter, Rammstein, hat etwas Erhabenes. Sie zeigen die verschiedenen Stadien des physischen Verfalls seiner eigenen in Stein geschlagenen Büste. Ulrike Theusners Radierungen aus der „Sweet Birds of Youth” Serie bringen eine Sanftheit zurück in das Zusammenspiel. Melancholisch versinnbildlichen sie Erstarrung und Desillusionierung der Gesellschaft und führen zugleich in den Aufbruch. Kraft dafür ziehen sie aus dem Dialog mit dem Brutalen und dem Erhabenen.
Der Raum findet das Verspielte wieder bei Alexander Wolff. Die Ernsthaftigkeit wird in Frage gestellt, während sich ihrer doch bedient wird. Die sanften Formen und leichten Farben des Werkes sind umrandet von einem gräulichen Schatten, der den Bildraum der Leinwand erweitert. Wolff benutzt für seine Bilder Textilfarbe, Staub, verschiedene Stoffe und Licht. Sandig und staubig – Sommer, Sonne – aus dem Pool in die Wüste. Mit bühnenartigen Szenarien mit Figuren und Objekten, Wörtern und Textfragmenten erforscht Marion Fink den Möglichkeitsraum der Realität. Sie spricht aus, was bereits lange im Raum stand – das Obskure. Mit sanften Pinselstrichen nähert sie sich der Fragwürdigkeit ihrer selbst und der anderen.
Geboren 1970, wurde der britische Künstler Justin Mortimer bereits 2004 von Gerd Harry Lybke und Neo Rauch mit dem East Award bei der East International in Norwich ausgezeichnet. Seine HOAX Serie bringt morbide Natürlichkeit in den Raum. Verwaschen und verwelkt entsteht eine starke Dynamik in den Bildern, wodurch sich die Elemente widersprechen. Trancig verschiebt sich der Blick und bringt das zurück, was sich jeder an einem heißen Sommertag wünscht – die Bewegung im Raum – den Wind.
WANN: Die Ausstellung kann bis zum 25. August, jeweils dienstags bis samstags von 11 bis 18 Uhr besichtig werden.
WO: In der Galerie EIGEN + ART, Auguststraße 26, 10117 Berlin.