SOLID GOLD #1
Galerist und Künstleragent Alex Duve

29. März 2019 • Text von

Mit SOLID GOLD öffnen wir für euch eine Schatzkammer: Kunsthistorikerin und Kuratorin Barbara Green wirft einen Blick hinter die Kulissen des Kunstbetriebs und besucht außergewöhnliche Künstler, Kuratoren und Galeristen in ihren Produktionsstätten. Ob aufregende junge Talente oder etablierte Ausstellungsmacher – das neue Interviewformat stellt Euch spannende Persönlichkeiten des Kunstbetriebs vor. Los geht’s mit Alex Duve!

Alex Duve 2019, Foto: Adam Naparty.

Die Situation des Berliner Kunstmarkts ist ein altbekanntes und viel diskutiertes Thema: Mieten steigen, freie Räume für Künstlerateliers schrumpfen, mittelständige Galerien haben Schwierigkeiten mit den Big Playern mitzuhalten, Künstler und Künstlerinnen sind darauf angewiesen sich, abseits einer Galerierepräsentanz, zu professionalisieren. Wie man auf diese Umstände positiv und innovativ reagiert zeigt der Galerist Alex Duve, seit Anfang des Jahres betreibt er eine Salongalerie in einem Loft in Kreuzberg und ist zukünftig auch als Agent für verschiedene Künstler tätig. Barbara Green sprach mit ihm über sein erfolgreiches neues Modell, Digitalisierung im Kunstbetrieb und aufstrebende Talente.

Barbara Green und Alex Duve im Gespräch, Foto: Adam Naparty.

gallerytalk.net: Gratulation zu den neuen Räumen und Deiner Salongalerie. Wie ist Dein Gefühl nach der Eröffnung der ersten Ausstellung?
Alex Duve: Richtig gut. Ich merke zwar, es ist immer alles noch neu und der jetzige Zustand wirkt wie ein dynamisches, ja fluides Gebilde, bei dem sich noch viel verändert und weiterentwickelt. Ich fühle mich aber viel freier und flexibler. Wer kommt schon in den Genuss, vier Mal im Jahr in seiner eigenen Wohnung Kunst zu zeigen, die er sich selbst ausgesucht hat? Das ist wunderschön! Die Galerien in Berlin sind zu den Eröffnungen gut besucht, aber während der Laufzeit nicht mehr – das war einer der Gründe, wieso ich eine Salongalerie etablieren wollte. Und jetzt plötzlich, mit den neuen Räumen, schreiben ständig Leute und wollen Termine machen, das freut mich natürlich. Die Reaktionen sind durchweg positiv.

Gibt es Dinge, die Du noch ändern möchtest?
Bei der Eröffnung haben wir alle Möbel rausgestellt und ich habe bemerkt, dass das Loft in diesem Zustand wie eine normale Galerie aussieht. Ich entwickle das Ganze gerade noch – beim nächsten Opening möchte ich das Sofa und den Tisch im Raum stehen lassen, damit ein Salongalerie-Feeling rüberkommt. Es ist gerade eine aufregende Zeit. Ich mache das mit der Galerie jetzt schon seit zehn Jahren, aber bei mir zu Hause ist es schon etwas vollkommen Anderes.

Duve Berlin 2019, Foto: Adam Naparty.

Wie sehen die Reaktionen der Besucher aus?
Die Leute sind oft überrascht und fragen „wohnst Du hier tatsächlich?“ Sie können es sich nicht vorstellen, weil das Loft einen Galeriecharakter hat und Schlafzimmer und Badezimmer versteckt sind. Es ist ein großer Raum und das finden meine Gäste schon sehr interessant, es ist ungewohnt und sie sind überrascht, dass ich in meiner eigenen Galerie wohne.

Erzähl uns von Deinen Anfängen bis jetzt …
Damals habe ich die Galerie mit Birte Klemann aufgemacht, die lange für EIGEN+ART tätig war, aber leider ist Birte nach 6 Monaten nach New York gegangen, weil sie sich verliebt hat, und entschied dort zu bleiben. Und dann stand ich da und habe überlegt: „Du kennst niemanden, hast keine Pressekontakte und was machst Du jetzt? Arbeite ich erst mal in einer großen Galerie und sammle dort Erfahrungen?“ Aber ich hatte den unterschriebenen Mietvertrag für die Galerieräume und für die Künstler eine Verantwortung und da entschied ich mich weiter zu machen, was erstmal ein ganzes Stück Arbeit war.

Ich habe zehn Jahre eine ganz reguläre Galerie geführt, bin auf Messen gegangen und habe zwölf Künstler repräsentiert – das mache jetzt nicht mehr. Aber ich arbeite noch für ein paar junge Künstler als Agent. Ich kümmere mich um deren Entwicklung, versuche Ausstellungen zu finden, bringe sie in Kontakt mit Kuratoren und Ausstellungsmachern und bringe die Arbeiten an den Mann. Das Schöne an der Salongalerie ist, dass Besucher und Sammler die Kunst in einer Wohnung betrachten und sich vorstellen können, wie es bei einem selbst zu Hause aussehen könnte.

Alex Duve und Barbara Green im Gespräch, Foto: Adam Naparty.

Wie siehst Du die Entwicklung des Kunstmarkts?
Der Kunstmarkt hat sich unglaublich verändert. Früher gab es eine kleine elitäre Gruppe an Galerien, Künstlern und Sammlern. Für den Wandel wird immer wieder der Finanzcrash 2008 angeführt – ich habe das Gefühl, das mehrere Sachen aufeinander wirken. Es ist normalerweise ein Auf und Ab, aber dann wurde Kunst extrem hipp; es schwappten enorm viele neue Sammler auf den Kunstmarkt – Celebrities wie Leonardo DiCaprio oder Kanye West waren auf den großen Messen und junge Leute wollten nicht mehr Rockstar, sondern Künstler werden. Die Preise junger Künstler stiegen in die Höhe, es kamen Spekulanten auf den Markt, die an einem Tag gekauft und am andern Tag wiederverkauft haben, um Geld zu machen und das hat ziemlich viel kaputt gemacht. Aber auch die Menge an jungen Galerien und Künstlern schoss in die Höhe. Das hat sich wieder gelevelt. Sammler sind jetzt viel vorsichtiger geworden und schauen erstmal, bevor sie kaufen, wie sich der Künstler oder die Künstlerin entwickelt.

Duve Berlin 2019, Soloausstellung von Martin Lukác, Foto: Adam Naparty.

Mit dem Maler Martin Lukác hast Du die erste Show in der Salongalerie eröffnet, was sind die Themen seiner Malereien – ich blicke zum Beispiel gerade auf vier Gemälde mit den Ninja Turtles…
Ja genau, ein immer wiederkehrendes Element in seiner Arbeit. Die Ninja Turtles haben alle Namen von italienischen Künstlern – da ist der Bezug zur Kunst. Martin ist mit diesen Comicfiguren aufgewachsen. Zu der Zeit, als die Revolution im Ostblock stattfand, sind die Teenager mit den ganzen West-Trash Comics in Berührung gekommen und die Ninja Turtles haben seine ganze Entwicklung geprägt. Als Martin sich entschieden hat, Künstler zu werden, hat er gemerkt, dass es passt, sich mit diesem Motiv auseinanderzusetzen. Man kann die Werkreihe als pokulturelle Malerei bezeichnen, die auf Massenmedien reagiert. Heute sind die Arbeiten vor allem nostalgische Objekte – eine kollektive Erinnerung an die Kindheit einer ganzen Generation.

Der andere Teil der Show zeigt seine Hauptserie, die „Signiture Serie“. Lukáč bezieht sich hier auf die intensiven Farben von Glasmalereien sakraler Bauten. Er balanciert zwischen Form und Formlosigkeit, und seine Leinwände bewegen sich an der Schwelle zwischen dem Amorphen und dem Moment, in dem eine Form entsteht und Gestalt annimmt. Es gibt ein Motiv, dessen Potenzial variiert und erforscht wird, bis es erschöpft ist. Diese neuen Bildkompositionen kombinieren verschiedene Bildsprachen der Vergangenheit und rekonfigurieren sie für neue Kontexte.

Duve Berlin 2019, Soloausstellung von Martin Lukác, Foto: Adam Naparty.

Wie wirst Du auf die Künstler, die Du ausstellst, aufmerksam?
Ich mache Research überall und lustigerweise habe ich Matin über Instagram gefunden, wie auch Oli Epp, einen Künstler aus London, den ich im September zeige. Die Mittel ändern sich, wie Künstler sich selbst vermarkten. Man kann sogar Kunst über Instagram verkaufen und wird von Sammlern angeschrieben. Es ist super spannend, ich merke, dass sich viele Leute noch dagegenstellen. Wir sind aber an einem Punkt angekommen, an dem sich die ganze Welt durch die Digitalisierung ändert, aber eben auch die Kunstwelt.

Woher kommt diese Gegenwehr gegen das Digitale?
Man will immer an dem Gewohnten festhalten. Wenn etwas ganz neu ist und sich vollkommen verändert, sträuben sich Viele dagegen. Es gibt einige etablierte Galeristen oder Künstler, die wollen das nicht, aber ich merke einfach, dass es vor allem für junge Künstler ein gutes Promotion-Tool ist. Es hat sich wirklich viel verändert. Früher musstest Du Zeitschriften durchblättern und natürlich zu allen Ausstellungen gehen. Wenn man internationalen Research machen wollte, musste man alle Kunstmagazine lesen, die es gab. Es gab unzählige Publikationen und Kuratoren haben ihre Hotshots der letzten zwei Jahre in Büchern komprimiert – bis das Buch gedruckt ist, ist das doch heutzutage schon wieder völlig überholt. Ich mag neue Sachen und finde das interessant.

Alex Duve in seinen neuen Räumen 2019, Foto: Adam Naparty.

Kuratorisch bist Du auch außerhalb Deiner Salongalerie tätig …
Selten, zu selten – aber immer gerne wieder. Während der Armory Show in New York, die gerade im März lief, haben wir für einen Tag eine Pop-Up-Ausstellung in der Lower East Side mit zwei Künstlern organisiert, mit denen ich zusammenarbeite: Danni Pantel und Karl Luis Vossbeck. Ich bin der Agent von beiden. Die Künstler sind eng befreundet und hatten Ihr Atelier im selben Gebäude. Im Januar haben wir uns entschieden, dass es für beide ein guter Schritt sei, ein paar Monate in New York zu arbeiten und so neue Kontakte zu machen, aber auch neue Impulse für ihre Arbeit zu bekommen. Danni Pantel hatte schon eine Einzelausstellung bei mir in der Galerie und die zweite folgt diesen November. Kallu habe ich durch Danni kennengelernt und seine Arbeit ist mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Er ist ein sehr innovativer junger Künstler mit trotzdem sehr klassischen Ansätzen. Das mag ich sehr. Mittlerweile bin ich auch sein Agent und er wird in 2020 eine Einzelausstellung bei mir haben.

Danni Pantel und Karl Luis Vossbeck in ihrem Studio in New York, Foto: Bella Innes // Karl Luis Vossbeck, weder dies weder noch, 2019.

Wie sieht Dein zukünftiges Galerieprogramm aus?
Duve Berlin ist immer dafür bekannt gewesen, mit jungen Künstlern zusammenzuarbeiten und junge Talente zu entdecken. Ich habe manchen Künstlern ihre erste Ausstellung in einer richtigen Galerie ermöglicht und das Konzept ziehe ich jetzt weiter durch. Im ersten Jahr präsentieren wir ganz junge Maler und Malerinnen, als nächstes zeigen wir Marta Vovk, die Show kuratiert Philipp Bollmann. Vovk verwendet mit Photoshop verzerrte Logos von Big Playern des Weltmarktes, die sich die fragwürdige Ehre teilen im Schwarzbuch der Markenfirmen ganz oben gelistet zu sein aufgrund von Vergehen im Arbeitsrecht, Umweltverschmutzung, kriminellem Rohstoffhandel und mehr. Gleichzeitig haben diese Unternehmen gemein, dass viele von uns sie allesamt selbst konsumieren – sei es aus Bequemlichkeit, Mangel an Alternativen oder changierenden Modetrends. Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.

Marta Vovk , ADDYYBAYRYGOOGMNSTNKE , 2018 .

Danach zeigen wir eine Doppelausstellung mit der Bildhauerin Roxanne Jackson und Oli Epp, dem Londoner Künstler, den ich bereits erwähnte. Epp bezeichnet sich selbst als Post Digital Artist und wirft in seiner Malerei Fragen auf, wie wir uns selbst und andere im digitalen Zeitalter wahrnehmen. Roxanne Jacksons makabre Arbeiten sind schwarzhumorig und untersuchen die Verbindung zwischen menschlicher Transformation, Mythos und Kitsch.

Oli Epp, Foto: Hannah Burton Photography // Roxanne Jackson: Karma Chamillionaire (View 1), 2018.

Ende des Jahres hat Danni Pantel ihre Soloshow, ihre Arbeiten haben eine fesselnde tänzerische Bildsprache, Chaos und Ordnung liegen eng beieinander. Ich freue mich sehr auf dieses Jahr!

Wunderbar, viel Erfolg für die kommenden Ausstellungen in den neuen Räumen!
Danke!

WANN: Die Ausstellung “I’D RATHER BE WITH YOU” von Martin Lukáč läuft noch bis Freitag, den 5. April. Wer sie sich angucken will, braucht einen Termin.
WO: Galerie Duve Berlin, Michaelkirchstraße 15, 10179 Berlin.

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