Angekommen in der Grenzenlosigkeit "Sind wir schon da?" von Aneta Kajzer bei Conrads
9. Februar 2022 • Text von Carolin Kralapp
Die Galerie Conrads ist endlich angekommen – an ihrem neuen Berliner Ausstellungsraum. Mit “Sind wir schon da?” von Aneta Kajzer hätte der frisch renovierte Ort nicht fulminanter eröffnet werden können. Die neuesten Arbeiten der in Berlin lebenden Künstlerin offenbaren eine breite Farbpalette, einen aufregenden Duktus und figurative Bildelemente, die sich völlig in der Abstraktion aufzulösen scheinen.
Die Galerie Conrads hat ihre Pforten in Charlottenburg geöffnet und begrüßt das Publikum mit neuen Arbeiten der Künstlerin Aneta Kajzer. Wer sich in der deutschen Kunstszene bewegt und sich dazu ein bisschen auf Instagram rumtreibt, kommt an Aneta aktuell nicht mehr vorbei. Die farbintensiven Malereien der Künstlerin ziehen die Aufmerksamkeit auf sich und sorgen – online wie offline – dafür, dass der Blick hängenbleibt. In ihren Arbeiten zeigen sich uns bekannte Bildelemente: Gesichter, Köpfe, ein einzelner Mund, Augen oder Haare, die jedoch bei näherer Betrachtung in einer abstrakten Farbwelt mit geschwungenen Pinselstrichen verschwimmen und ein nicht mehr eindeutig definierbares Gesamtbild ergeben.
Die Ausstellung trägt die Frage “Sind wir schon da?” als Titel – sie begleitet den Ausstellungsbesuch und fordert Besucher*innen heraus, eine mögliche Antwort zu finden. Richtig oder falsch gibt es dabei nicht. Wo sollen wir eigentlich ankommen? Vermittelt die Frage eine bestimmte Erwartungshaltung, signalisiert sie ein mögliches Ende der Pandemie, das aber offensichtlich noch nicht erreicht ist oder doch eher eine Form von Melancholie? Oder kommt hier alles zusammen?
Neben dem unkonventionellen Ausstellungstitel regen auch die Betitelungen der einzelnen Kunstwerke gleichermaßen die Fantasie an. Mit “Schönheit”, “Aufbrechen” oder “Candy Dreamland” gibt die Künstlerin ihren Arbeiten etwas mit auf den Weg, ein Gefühl oder eine persönliche Assoziation, die sie selbst mit den Werken hat. Im Gespräch mit gallerytalk.net gibt Aneta Kajzer an, dass es ihr dabei nicht wichtig ist, dass die Betrachter*innen genau das in den Bildern erkennen, was sie auszudrücken versucht. Was für den einen ein Hundekopf zu sein scheint, ist für die andere vielleicht doch ein Mondgesicht. Oder lässt sich nicht doch in einigen Arbeiten eher so etwas wie ein Pferdekopf erkennen? Bei dem bereits erwähnten Werk “Aufbrechen” drängen sich unweigerlich Assoziationen zu einer Gewürzgurke auf. Was möchte einem das Unterbewusstsein wohl damit mitteilen?
Die Arbeiten in der Ausstellung zeigen deutlich, dass sich die Künstlerin sowohl im Klein- als auch Großformat auszudrücken weiß. Der dynamische und wechselnde Pinselstrich lässt sich in allen Arbeiten ausmachen, die Bildsprache bleibt in allen Formaten gleichermaßen aufregend. Ihre Werke beginnt Aneta Kajzer in ihrem Berliner Atelier zunächst auf dem Boden malend, wechselt später an die Wand, arbeitet meist mit dem Pinsel oder entscheidet sich spontan doch für Finger und Hände als Arbeitswerkzeuge. Die grobe Struktur des Farbauftrags im unteren Bildteil ihres “Wellenreiters” gibt Aufschluss darüber, dass die Künstlerin die Farbe hier ausschließlich mit der Hand auf die Leinwand gebracht hat.
Die Offenheit – sowohl für den Malprozess an sich als auch für die einzelnen Bildelemente – zieht sich durch ihr gesamtes künstlerisches Werk. Die figurativen Elemente, die verschiedenen Gesichter und Formen, die in den Bildern zu erkennen sind, entstehen im direkten Schaffensprozess. Zu Beginn eines jeden Werks steht die Farbwahl, Skizzen oder konkrete Vorstellungen ergeben sich während des Malens aus dem Moment heraus. Die Kunst von Aneta Kajzer lebt von ihrer Offenheit, von ihrer Vorstellungskraft und der großen Freiheit, die die Betrachter*innen vor den Originalen erfahren dürfen. Ihre Werke sind eine Einladung, den eigenen Gedanken freien Lauf zu lassen und sich für einen Moment in den verschwommenen und farbenfrohen Bildwelten zu verlieren.
Mehr Malerei aus Berlin gefälligst? Farbexplosionen und Hängebrüste gibt es im Interview mit Sophia Süssmilch zu entdecken oder Architektur- und Naturfragmente in Neonfarben bei Susanne Bonowicz.
WANN: Die Ausstellung “Sind wir schon da?” läuft noch bis zum 19. März.
WO: Galerie Conrads, Horstweg 33, 14059 Berlin.