Schönheit in Farbe und Abstraktion
Cathrin Hoffmann und Anna Steinert in der Galerie Tanja Wagner

31. März 2021 • Text von

„The Future is Beautiful“ in der Galerie Tanja Wagner vereint Post-Digital Pop mit abstrakter Malerei. Die Künstlerinnen Cathrin Hoffmann und Anna Steinert liefern einen kraftvollen, flüchtigen Lichtblick in düsteren Pandemie-Zeiten.

Arbeiten von Anna Steinert und Cathrin Hoffmann in der Galerie Tanja Wagner.
Installationsansicht “The Future Is Beautifull”, Cathrin Hoffmann & Anna Steinert, Galerie Tanja Wagner, 2021. Courtesy of Galerie Tanja Wagner.

„The Future is Beautiful“ – in Zeiten der Krise, der Instabilität und einer nicht enden wollenden Pandemie erscheint dieser Satz unter dem grauen Himmel Berlins wie ein zynischer Kommentar auf die Gegenwart. Nach Monaten der Corona-bedingten Schließung von Galerien, Museen und anderen Ausstellungshäusern kann der Titel zur Ausstellung mit Werken von Cathrin Hoffmann und Anna Steinert jedoch auch als Kampfansage verstanden werden, als eine Form der Beweisführung, dass in der Zukunft etwas Positives liegt, dass das Warten auf Kunst und Kultur sich lohnt.

Arbeiten von Anna Steinert und Cathrin Hoffmann in der Galerie Tanja Wagner.
Installationsansicht “The Future Is Beautifull”, Cathrin Hoffmann & Anna Steinert, Galerie Tanja Wagner, 2021. Courtesy of Galerie Tanja Wagner.

Bei Betreten der Galerieräume wird deutlich: Der Kontrast zwischen drinnen und draußen könnte stärker kaum sein. Wo draußen das Grau des regnerischen Himmels dominiert, da strahlt drinnen die Kraft der Farben von den Wänden her die Besucher*innen an und zieht hinein in den Bann der ausgestellten Malerei. Abwechselnd blickt man, der Hängung folgend, auf die digital verformten und in Malerei analogisierten Gestalten in der Kunst Cathrin Hoffmanns sowie auf die lebendigen und farbenfrohen Abstraktionen Anna Steinerts.

Die Größe der Malereien variiert zwischen groß- und mittelformatigen Bildern über die drei Galerieräume hinweg. Das Medium der Malerei ebenso wie ihre Farbigkeit und Leuchtkraft lassen die Werke der beiden Künstlerinnen in den Räumen der Galerie Tanja Wagner Bild für Bild zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen.

Arbeiten von Cathrin Hoffmann in der Galerie Tanja Wagner.
Installationsansicht “The Future Is Beautifull”, Cathrin Hoffmann & Anna Steinert, Galerie Tanja Wagner, 2021. Courtesy of Galerie Tanja Wagner.

Im Ausstellungstext lädt Tanja Wagner ein zur Erforschung der Frage: Welche Kraft hat die Schönheit in unserer Welt? Beide Künstlerinnen, das wird bei einem genauen Blick deutlich, reflektieren die Kraft der Schönheit auf denkbar unterschiedliche Weise: Cathrin Hoffmanns Kunst lässt sich dem Post Digital Pop zuordnen. Der Begriff wurde vom britischen Künstler Oli Epp geprägt und meint eine Kunstform, die Internet und Konsum motivisch verbindet und mit den formalen Mitteln der Pop Art spielt. Ein genaues Hinsehen jedoch legt motivische wie formalästhetische Unebenheiten unter der glatten Oberfläche der Kunst Cathrin Hoffmans offen, in Form von Pickeln auf der Haut der Figuren oder Nippeln, dargestellt als grobe Farbkleckse.

In Gestalt ihrer digital anmutenden Wesen, deren häufig trauriger, emotionaler Ausdruck von tief menschlichen Zügen zeugt, fordert die in Hamburg lebende Künstlerin die klassischen Vorstellungen des Schönen und Idealen heraus. Hoffmanns Bilder erzählen formal wie motivisch von einer Zukunft, die auf eine ungewöhnliche Art und Weise schön ist. Zufällig aber dafür nicht weniger treffend spiegeln sich die Besucher*innen bei ihrem Corona-bedingten Privatbesuch der Galerie in den isolierten, futuristischen Gestalten der Malereien Hoffmanns. Dieser Zufall wirft die Betrachtenden dieser „schönen Zukunft“ auf ihre eigene Gegenwart zurück.

Anna Steinert: “Taktile Theorie II”, 2021, Oil, oil sticks on canvas 70 x 60 cm. Courtesy of Galerie Tanja Wagner. // Anna Steinert: “A Moment of Connection”, 2020, Oil, oil sticks on canvas, 130 x 105 cm. Courtesy of Galerie Tanja Wagner.

Anna Steinerts abstrakte Malereien bestechen zunächst durch ihre bunte und fröhliche Farbigkeit. Steinert bedient in ihren Werken eine klassische Vorstellung von Schönheit, spielt mit einem Gefühl von optimistischer und wohltuender Ästhetik und bricht doch formal, in Form der Abstraktion, mit traditionellen Vorstellungen des Schönen in der Kunst. Auch hier ist es das genaue Hinsehen, der konzentrierte Blick, der in der Abstraktion Formen und Gesichter auftauchen lässt. Damit fixiert Steinert die Idee von Schönheit letztlich nicht bloß an der Oberfläche, sondern unter all den Linien, wilden Kringeln und bunten Flecken aus Ölfarbe, Kreide und Acryl in einem Gefühl der Unmittelbarkeit.

Passend zu diesem Eindruck verordnet die in Berlin lebende Künstlerin das Schöne in ihren Arbeiten in der Imagination der Betrachter*innen. Im Ausstellungstext heißt es von Steinert: „Es ist bei meinen Bildern nicht primär das Sehen als eine kategorisierende Eigenschaft, die bestimmt, was Schönheit ist, sondern die des inneren Auges, das auch nach einer inneren Wahrheit Ausschau hält.“ Von den Betrachtenden ihrer Werke fordert sie offenbar mehr als bloßes Hinsehen, eine Art Einfühlung.

Arbeiten von Anna Steinert und Cathrin Hoffmann in der Galerie Tanja Wagner.
Installationsansicht “The Future Is Beautifull”, Cathrin Hoffmann & Anna Steinert, Galerie Tanja Wagner, 2021. Courtesy of Galerie Tanja Wagner.

Schönheit in den Werken von Cathrin Hoffmann und Anna Steinert ist ebenso plakativ und instagrammable wie komplex und vielschichtig. Ihre Schönheit liegt auf der Oberfläche dieser Werke, in den formalen Mitteln, ebenso wie in tieferen Lagen, die sich nur durch eine genaue Betrachtung, durch ein Hineinfühlen, offenlegen. Es ist die Gemeinsamkeit dieses Spannungsfeldes, das die Werke der beiden Künstlerinnen in einer gemeinsamen Ausstellung zu einem harmonischen Ganzen werden lässt.

Darin liegt auch die Antwort auf die Frage nach der Kraft der Schönheit, die der Ausstellungstext stellt: Schönheit wird in der Ausstellung „The Future is Beautiful“zu etwas Erlebbarem. Wie flüchtig dieses Erleben, dieser kraftvoll farbenfrohe Lichtblick in die Zukunft letztlich ist, wird spätestens beim Heraustreten aus der Galerie Tanja Wagner deutlich, wenn sich über die bunten Farben wieder der graue und düstere Schleier der Hauptstadt legt. Umso mehr jedoch lohnt sich ein kurzes Eintauchen in eine Zukunft, die in der Tat schön sein kann. Und die so schön ablenkt vom grauen Alltag in der Pandemie.

WANN: Die Ausstellung läuft noch bis Samstag, den 17. April. 
WO: Galerie Tanja Wagner, Pohlstraße 64, 10785 Berlin



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