Von Pferden und Menschen
Sarah Bogner in der Galerie Christine Mayer

8. Juni 2023 • Text von

Wer ist hier Ross und wer der Reiter? In einer konzentrierten Ausstellung präsentiert die Galerie Christine Mayer in München unter dem Titel “Arrière Garde” pastellige Bilder von Sarah Bogner. Ihre Pferde erweisen sich dabei als allzu menschlich.

Sarah Bogner: Arrière Garde, Installationsansicht, 2023, Galerie Christine Mayer, Courtesy Sarah Bogner und Galerie Christine Mayer.

Anthropomorph wirken die Figuren auf Sarah Bogners Bildern, die aktuell unter dem Titel “Arrière Garde” in der Galerie Christine Mayer im Lehel gezeigt werden. Zwar sehen sie aus wie abstrahierte Pferde, haben deren charakteristische Gesichtsform und auch die langen Hälse. Aber manche von ihnen rauchen und sie haben unterschiedliche Frisuren. Die Mähnen, mal geflochten, mal leger drapiert, verleihen den einzelnen Figuren einen jeweils individuellen Charakter. In Rosa-, Grau- und Gelbtönen gestaltet heben sie sich vom Hintergrund ab. Sarah Bogner geht gekonnt mit der farblichen Gestaltung um, sie verbindet Farbtöne und schafft elegante Verläufe und scharfe Kontraste.

Sarah Bogner: Arrière Garde, Installationsansicht, 2023, Galerie Christine Mayer, Courtesy Sarah Bogner und Galerie Christine Mayer.

Der Titel der Ausstellung “Arrière Garde” bedeutet in der wörtlichen Übersetzung “Nachhut” und ist im militärischen Sinne das Gegenteil der Vorhut, der Avantgarde. Und so ambivalent, kokett und humorvoll wie die Mensch-Pferd-Figuren, ist wohl auch dieser Titel im Kontext der Kunst zu verstehen. Die Bilder mögen zwar auf den ersten Blick plakativ und etwas naiv wirken, aber Sarah Bogner, die gemeinsam mit Josef Zekoff auch den Kunstbuch-Verlag Harpune betreibt, stellt diese Naivität explizit aus. Ihre Kreaturen sind albern, aber gleichzeitig verletzlich. Sie haben einen skurrilen Witz und wirken in ihrem Zusammenspiel auf der Leinwand zutiefst menschlich. Und mit dem Vorwurf, zu plakativ zu sein, wird auch ein Maler wie Alex Katz konfrontiert, zu dessen Arbeiten man Sarah Bogners Bilder in Beziehung setzen kann.

Sarah Bogner: Arrière Garde, Installationsansicht, 2023, Galerie Christine Mayer, Courtesy Sarah Bogner und Galerie Christine Mayer.

Auch malerisch sind die gezeigten Bilder mehrschichtig. Sarah Bogner nutzt unterschiedliche Techniken, kombiniert Linien und Formen mit fein nuancierten Hintergründen. Sie bewegt sich zwischen dem Malerischen und Grafischen, aber auch hier lösen Grenzen sich auf und Formen verfranzen sich ins Abstrakte. Durch ihren Umgang mit Farbe, schafft die Künstlerin Stimmungen, die ihre equinen Protagonist*innen in ein angemessenes Licht setzen. Sarah Bogner ist nah an ihren Figuren, sie inszeniert sie elegant und intim, gibt den individuellen Charakteren Platz. In den Gruppenbildern interagieren diese miteinander, gehen aufeinander zu und aufeinander ein, wie Freunde auf einer Party.

Sarah Bogner: Arrière Garde, Installationsansicht, 2023, Galerie Christine Mayer, Courtesy Sarah Bogner und Galerie Christine Mayer.

Die Ausstellung “Arrière Garde” ist ein komprimierter Blick auf Sarah Bogners aktuelle künstlerische Praxis. Eigentlich hatte diese zunächst Medienkunst studiert und erst vor ein paar Jahren die Malerei ins Zentrum ihres Schaffens gestellt. Die gezeigten Bilder kombinieren technische Raffinnesse mit einem Sinn für skurrilen Humor. Sie sind dabei ansehnlich, ohne gefällig zu wirken und der Humor driftet nicht ab, da die Künstlerin ihre Protagonistin*innen in ihrer Individualität ernst nimmt. Auch den Wurm mit Hut.

WANN: Die Ausstellung “Sarah Bogner: Arrière Garde” ist noch bis zum 8. Juli zu sehen.
WO: Galerie Christine Mayer, Liebigstraße 39, 80538 München.

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