Reflllexiv und Individuelll
Favoriten III im Lenbachhaus

30. Juli 2016 • Text von

Nach 2005 und 2008 lotet das Lenbachhaus diesen Sommer wieder mit einer exemplarischen Auswahl in München lebender Künstler den Status der jungen lokalen Kunstszene aus.

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Philipp Gufler: Eingebildete Männlichkeit, 2012, Courtesy der Künstler.

München präsentiert sich nach Außen hin gerne als kunstaffine, schöngeistige Stadt. Es gibt die Architektur, die Oper, die Museen mit ihren Schätzen und die privaten Sammler. München kann auch auf eine reiche Geschichte als Produktionsort für Kunst zurückblicken, war oftmals Zentrum und maßgeblicher Ausgangspunkt für Entwicklungen und Strömungen. Aber das heutige Außenbild der Stadt als Ort für die Produktion und den Diskurs über zeitgenössische, junge Kunst ist oft nicht sehr schmeichelhaft. München macht es den lokalen Künstlern aber auch nicht leicht. Hohe Mieten, ein eher konservatives Publikum und die Konkurrenz durch Städte wie Berlin, mit all den Verlockungen, und Frankfurt, mit Institutionen wie der Städelschule, trüben den Blick auf München als international vernetzten Standort für junge Kunst. Um den lokalen Protagonisten eine adäquate Bühne zu schaffen und eine größere öffentliche Wahrnehmung nach Innen wie nach Außen zu generieren, hat es sich das Lenbachhaus zur Aufgabe gemacht, in regelmäßigen Abständen die Kunst zu präsentieren, die in der unmittelbaren Gegenwart in München entsteht.

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Flaka Haliti: I See a Face. Do You See a Face. #07, 2014, Courtesy die Künstlerin und LambdaLambdaLambda.

Unter dem Titel „Favoriten III: Neue Kunst aus München“ haben es sich die Kuratorinnen Eva Huttenlauch und Stephanie Weber zum Ziel gemacht, die junge Szene exemplarisch darzustellen um eine „vorherrschende Atmosphäre einzufangen“. In der Ausstellung zeigen sie nun 12 Repräsentanten der gegenwärtigen Kunstproduktion verschiedener Generationen, bereits etabliertere Positionen und Künstler, die sich noch ganz am Anfang ihrer künstlerischen Karriere befinden werden nebeneinander präsentiert. Die Altersspanne liegt von Mitte Zwanzig bis Mitte Vierzig. Dies sei als nicht normativ zu verstehen, wird kommuniziert und doch birgt genau dieser Akt der Kanonisierung, unter diesem Titel, in einer Stadt wie München natürlich Konfliktpotential. Dass eine bestimmte Auswahl auch immer die nicht Ausgewählten mitdenkt und nicht jedem gefällt liegt auf der Hand. Präsentiert wird also eine subjektive Perspektive, ein subjektiver Einblick in die aktuelle Kunstproduktion der Stadt.

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Beate Engl: Agitator 2.0, 2014, Ausstellungsansicht, Foto: Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München, Courtesy die Künstlerin.

Auch wenn die im Kunstbau gezeigten Arbeiten auf den ersten Blick, unabhängig ihrer Lokalisierung auf die Stadt, wenig zu einen scheint, so kann man doch Überschneidungen erkennen. Das Spiel mit Schönheit und Hässlichkeit. Migration, Gewalt und Propaganda als Themenkomplexe. Die dezidiert poetische Auseinandersetzungen mit politischen und historischen Fragestellungen. Spuren von Aneignungsprozessen und Artistic Research und ein Hauch von Post-Internet Art in digitalen Kulissenwelten. Die gezeigten Positionen vertreten ihre jeweilige Haltung ernst und ehrlich. Nichts wird ironisch gebrochen, die lockere Geste weicht einer intensiven Auseinandersetzung, die Diskussionen anregen und gleichzeitig visuell stimulieren soll. Den Münchner Künstler muss man sich als ernsten Menschen vorstellen.

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Hedwig Eberle: o.T., 2016, Courtesy die Künstlerin.

„Favoriten III: Neue Kunst aus München“ ist eine Zusammenschau, ein Blick in die aktuelle Produktion der Künstler dieser Stadt, vielleicht auch als Aushängeschild gedacht. Die Ausstellung „Based in Berlin“ als „Leistungsschau“, das interdisziplinären Festival „Wir nennen es Hamburg“ oder die Ausstellungsreihe „Lebt und arbeitet in Wien“ verfolgten wohl ein ähnliches Ziel. „Favoriten III“ präsentiert eine stimmige Sammlung einiger der lokalen Protagonisten und funktioniert in sich. Dennoch kann man die Frage stellen, ob eine eine solche Ausstellung wirklich einen adäquaten Überblick über die lokale Szene geben kann und ob dieser Anspruch, in Zeiten internationaler Vernetzung und globaler Kollaborationen nicht vielleicht obsolet ist

WANN: Die Ausstellung ist bis zum 30. Oktober zu sehen.
WO: Kunstbau der städtischen Galerie im Lenbachhaus, Luisenstraße 33, 80333 München.

Dieser Text erschien ebenfalls in der August-Ausgabe des Super Paper.

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