Radikal unterschätzt
Ausstellungen zu Arbeiten auf Papier

28. September 2021 • Text von

Sie glitzern nicht, machen keine Geräusche und verbleiben meistens im – kleinformatigen – 2-D. Dennoch sind die sogenannten Arbeiten auf Papier, Zeichnungen, Drucke, Papiercollagen, wahre Schätze der Kunstgeschichte und geben auch bei zeitgenössischen Künstler*innen Aufschluss über den Arbeits- und Ideenprozess. In diesem Sinne geben wir diese Woche eine Auswahl an Ausstellungen, bei welchen das Medium Papier im Vordergrund steht. tbc.

Das Bild zeigt ein Detail einer Pastellzeichnung der Künstlerin Ulrike Theusner.
Ulrike Theusner, Taylor (The Sea), 2019, Detail. Courtesy of EIGEN + ART, Leipzig/Berlin.

Absolut zeitgenössisch: Ulrike Theusner gibt in ihrer Ausstellung „Grelle Gegenwart“ in der Kunsthalle Rostock eine Bestandsaufnahme auf Papier. In Druckgrafiken, Monotypien, Tusche und Pastell zeichnet die Künstlerin ein Portrait der Gegenwart mit Referenzen auf Kunstgeschichte und Selfie-Kultur. Basierend auf ihren Reiseeindrücken aus Frankreich und den USA vermischen die Arbeiten Fiktives und real Gesehenes und bilden damit zeitgleich Zukunftsvisionen und künstlerischen Kommentar. Skurril und farbintensiv – „grell“ trifft das Motto der ersten institutionellen Einzelausstellung der Künstlerin.

WANN: Die Ausstellung “Ulrike Theusner. Grelle Gegenwart”, läuft noch bis Sonntag, den 24. Oktober
WO: Kunsthalle Rostock, Hamburger Straße 40, 18069 Rostock.

Das Bild zeigt ein Detail einer undatierten, unbetitelten Arbeit auf Papier des Künstlers Joseph Beuys.
Joseph Beuys, undatiert, unbetitelt, Detail. © VG Bild-Kunst, Bonn 2021.

Das Beuys-Jahr 2021 ist wohl niemandem entgangen. Das Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden hält nun ein besonderes Juwel bereit: In der Ausstellung „Beuys zum Geburtstag. Linie zu Linie – Blatt um Blatt“ widmet es sich Joseph Beuys als Zeichner. Die hierzu erstmalig gezeigten Arbeiten aus dem privaten Archiv der Familie Beuys verbinden Medien und Motive: Aquarell, Bleistift, Ölfarben und Collage, Tier-, Pflanzen-, Figurenbilder und Sprachdiagramme. Die Vielseitigkeit, der Geist und Witz des Künstlers kommen auch hier unmittelbar zum Ausdruck. Als Geburtstagsgeschenk werden die Arbeiten mit Werken von Rembrandt, Dürer, Maria Sybille Merian und anderen Künstler*innen der Sammlung des Kupferstichkabinetts gegenübergestellt. Ein Crash-Kurs durch die Jahrhunderte.

WANN: Die Ausstellung “Beuys zum Geburtstag. Linie zu Linie – Blatt um Blatt” läuft noch bis Sonntag, den 17. Oktober.
WO: Kupferstich-Kabinett im Residenzschloss, Taschenberg 2, 01067 Dresden.

Das Bild zeigt ein Detail der Tafel 77 des Bilderatlasses Mnemosyne des Kunsthistorikers Aby Warburgs.
Aby Warburg, Bilderatlas Mnemosyne, Tafel 77, (Rekonstruktion Ohrt / Heil 2020), Detail. Courtesy of The Warburg Institute, Foto: Wootton / fluid.

Kunstwissenschaftliches Gesamtkunstwerk: Der Bilderatlas Mnemosyne des Kunsthistorikers Aby Warburg vereinte Fotografien von Kunstwerken der Antike bis zur Renaissance mit zeitgenössischen Zeitungsausschnitten und Werbeanzeigen. Das Ziel war eine Gegenüberstellung verschiedener kultureller und visueller Kontexte und die Loslösung von einer Epochen- und Genre-gebundenen Kunstbetrachtung. Die Ausstellung „ABY WARBURG: BILDERATLAS MNEMOSYNE. DAS ORIGINAL“ in den Deichtorhallen Hamburg zeigt nun, nach dem Haus der Kulturen in Berlin in letzten Jahr, den gesamten Bilderatlas und setzt ihn mit jüngeren Werken der Kunstgeschichte in einen Dialog. Kunst- wird zur Bildgeschichte.

WANN: Die Ausstellung “Abi Warburg: Bilderatlas Mnemosyne. Das Original” läuft noch bis Sonntag, den 31. Oktober.
WO: Deichtorhallen – Sammlung Falckenberg, Wilstorfer Str. 71, 21073 Hamburg.

Das Bild zeigt das Kunstwerk "Verlegerbesteck" des Künstlers Tomas Schmit.
Tomas Schmit, Verlegerbesteck, 1966, tomas schmit archiv, Berlin, Foto © Roman März.

Sachen machen. Was man mit Papier und Sprache alles machen kann, zeigt die Ausstellung „sachen m a c h e n. Tomas Schmit. Zeichnung, Aktion, Sprache 1970–2006“ im Kupferstichkabinett in Berlin. Zunächst der Fluxus-Gruppe zugeordnet, fokussierte sich Tomas Schmit ab der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre auf das Zeichnen und Schreiben und entwickelte die Idee der „Aufführung des Zeichnens“. Blindzeichnen bildete dabei nur eine der zahlreichen Methoden, wie die umfassende Auswahl an Editionen, Aktionsliteratur und Zeichnungen in der Ausstellung zeigt. Parallel beleuchtet der Neue Berliner Kunstverein, n.b.k., die Fluxus- und Aktionskunst Schmits.

WANN: Die Ausstellung “Sachen m a c h e n. Tomas Schmit. Zeichnung, Aktion, Sprache 1970-2006” läuft noch bis zum 9. Januar 2022.
WO: Kupferstichkabinett, Matthäikirchplatz, 10785 Berlin.