Bühne frei! Die aufregendsten Performances der Berlin Art Week
8. September 2024 • Text von Carolin Kralapp
Neben vielen Ausstellungseröffnungen bietet die Berlin Art Week auch ein umfangreiches Performanceprogramm. Diese Highlights solltet ihr nicht verpassen: Lydia Lunch im Hamburger Bahnhof, Lily McMenamy im Cafe Theater Schalotte, Anan Fries im HAU, Göksu Kunak in den Sophiensaelen, “Perform!” in der Neuen Nationalgalerie, Slavs and Tatars bei Sinema Transtopia, sowie Sarah Aviaja Hammeken und Amina Szecsödy in den KW und einen entspannten Sonntag bei Haubrok.
Hamburger Bahnhof: Lydia Lunch
Zur Berlin Art Week 2024 präsentiert der Hamburger Bahnhof ein kuratiertes Soundfestival, das verschiedene Bereiche des Museums bespielt, vom Garten über die Historische Halle und das Forum bis hin zu den Rieckhallen. In Marianna Simnetts Einzelausstellung “Winner” im Museum werden die intensivsten Momente des Fußballs durch Tanz neu inszeniert und radikal verändert. Ein Chor von Baby-Ultra-Fans beobachtet das Geschehen und ruft Parolen von der Tribüne. Gesungen wird der Chor von Lydia Lunch, einer Ikone der Punk/Postpunk/No-Wave-Szene. Lunch wird im Rahmen der Berlin Art Week live im Hamburger Bahnhof auftreten.
WANN: Die Veranstaltung beginnt am Donnerstag, den 12. September, um 18 Uhr.
WO: Hamburger Bahnhof, Invalidenstraße 50, 10557 Berlin.
Galerie Isabella Bortolozzi x London Performance Studios: Lily McMenamy
In der Berliner Premiere von “A Hole Is a Hole” präsentiert Lily McMenamy die Verwandlung einer weiblichen Performerin als sich ständig wandelndes und vervielfältigendes Gefäß. Sie schlüpft in verschiedene Rollen und hinterfragt, wer den ästhetischen und erotischen Trieben ausgeliefert ist, wenn die Grenzen zwischen Künstler*in und Modell, Monster und Schöpfer*in verschwimmen. Diese satirische Solo-Performance erforscht auf bissige Weise die Identitäten und Widersprüche, die in der Psyche leben. In raschen Vignetten wechselt McMenamy zwischen Eleganz und Chaos und erschafft ein surreal-melodramatisches Spektakel vor einem spiegelnden Bühnenbild, das die Welt des Unterbewusstseins zeigt.
WANN: Die Performance startet am Donnerstag, den 12. September, und Freitag, den 13. September, um 20.30 Uhr. Tickets gibt es hier.
WO: Cafe Theater Schalotte, Behaimstraße 22, 10585 Berlin.
HAU Hebbel am Ufer: Anan Fries
Holt die schwarzen Roben raus: “Resurrect In Peace (R.I.P.)” von Anan Fries ist eine Trauerfeier für die Wandertaube, die vor über hundert Jahren ausgerottet wurde. Die Performance thematisiert die Endlichkeit des Lebens und das Potential der Wiederbelebung, inspiriert von aktuellen wissenschaftlichen Versuchen, die Taube ins Labor zurückzubringen. Drei Performer*innen nutzen Motion Capture, um ein Abschiedsritual zu gestalten, das Physisches und Virtuelles, Abwesenheit und Präsenz verbindet. “R.I.P.” ist ein zeremonielles Schuldbekenntnis und ein Klagelied in Computergrafik.
WANN: Die Performance startet am Freitag, den 13. September, und am Samstag, den 14. September, um 20 Uhr. Tickets gibt es hier.
WO: HAU Hebbel am Ufer, Hallesches Ufer 34, 10963 Berlin.
Sophiensaele: Göksu Kunak
Der Crash als dramatische Momentaufnahme: Die Performance “Innocence” von Göksu Kunak thematisiert den Susurluk-Skandal – einen Autounfall in den 1990er-Jahren in der Türkei, der die kriminellen Verstrickungen zwischen staatlichen Institutionen, der Drogenmafia und den Strukturen eines tiefen Staates enthüllte. Kunak erforscht künstlerisch das Zusammenspiel von Unfall und Skandal, inszeniert das Auto als fetischisiertes Objekt und reflektiert über die Politik des Verschweigens und Vertuschens in der Türkei. “Innocence” ist zugleich der Versuch, die Ursprünge und Entwicklungen der Korruption und Unterdrückung zu zeichnen, und beleuchtet auch die Grausamkeiten des westlichen Imperialismus, die an der Türkei und dem Nahen Osten verübt wurden.
WANN: Die Performance startet von Mittwoch, den 11. September, bis Samstag, den 14. September, immer um 20 Uhr. Tickets gibt es hier.
WO: Sophiensaele, Sophienstraße 18, 10178 Berlin.
Sinema Transtopia: Slavs and Tatars
Im Rahmen von “Scenes of (Un-)translatability” präsentieren Slavs and Tatars ihre neue Lecture-Performance “Hung Tongue”. Sie untersucht Voice-Over-Übersetzungen und deren Einfluss auf die Performativität von Sprache. In den ehemals sozialistischen Ländern Mittel- und Osteuropas als “Synchronisation des armen Mannes” bekannt, fordert “Hung Tongue” dazu auf, unsere Vorstellungen von Respekt und Respektlosigkeit in Bezug auf Text, Sprache und das Sprechen über andere zu überdenken.
WANN: Die Performance läuft am Freitag, den 13. September, von 19 bis 22 Uhr.
WO: Sinema Transtopia, Lindower Str. 20-22, Haus C, 13347 Berlin.
Neue Nationalgalerie: “Perform!”
Die Neue Nationalgalerie zeigt zur Berlin Art Week die dritte Ausgabe ihrer Reihe „Perform!“, mit Yvonne Rainers wegweisendem Tanzstück „Trio A“ als zentralem Element. „Trio A“ von 1966 besteht aus einer fünfminütigen Abfolge nicht wiederholter Bewegungen. Es steht für die Abkehr von virtuoser Tanztechnik hin zu einer schlichten, kontinuierlichen Körperlichkeit und beeinflusste den postmodernen Tanz maßgeblich. In der Neuen Nationalgalerie wird das Stück von Berliner Tänzer*innen unter der Leitung von Sara Wookey aufgeführt.
WANN: Die Performance läuft von Mittwoch, den 11. September, bis Sonntag, den 15. September. Start der Performance ist jeweils um 15, 16 und 17 Uhr.
WO: Neue Nationalgalerie, Obere Halle, Potsdamer Straße 50, 10785 Berlin.
Weitere Highlights von “Perform!” sind die Performance “Galaxy Parade” von Esben Weile Kjær am Donnerstag, den 12. September, und die ortsspezifische Konzert-Performance “Edge” von Bendik Giske am Samstag, den 14. September.
KW Institute for Contemporary Art: “Performance Weekend”
Am Samstag und Sonntag der Berlin Art Week laden die KW begleitend zu den laufenden Ausstellung “Arctic Hysteria” von Pia Arke und “Estufa” von Luiz Roque zum Performance Weekend ein. In ihrer Performance “Soil” untersucht die Tänzerin und Choreografin Sarah Aviaja Hammeken die Komplexität ihres kulturellen Hintergrunds aus Grönland und Dänemark. Aufgewachsen außerhalb Grönlands, bleibt die Inuit-Kultur für sie stets präsent, unabhängig davon, wo sie sich befindet. Trotz der tiefen Verbindung zu beiden Kulturen fühlt sie sich jedoch keiner von ihnen vollständig zugehörig. Ihre Tanzperformances thematisieren diesen inneren Konflikt. “Mean Time” ist eine Performance von Amina Szecsödy, die das emanzipatorische Potenzial und den möglichen Missbrauch von Sprache erforscht. Die Protagonistin, ein weibliches Orakel, webt durch Sprache und Gesang ein undurchsichtiges Netz aus Prophezeiungen. Das Orakel bewegt sich zwischen weiser Zukunftsvision und rätselhaften, besessenen Aussagen.
WANN: “Soil” von Sarah Aviaja Hammeken findet am Samstag, den 14. September, jeweils um 14 und 18 Uhr statt. “Mean Time” von Amina Szecsödy findet am Sonntag, den 15. September, ebenfalls um 14 und 18 Uhr statt. Anmeldung unter reservation@kw-berlin.de
WO: KW Institute for Contemporary Art, Auguststraße 69, 10117 Berlin.
Haubrok Foundation: “Another Sunday Afternoon”
Ein Tag voller Kunst, Musik und Gespräche erwartet euch am letzten Tag der Berlin Art Week auf dem Gelände der Fahrbereitschaft und der Haubrok Foundation. Zur Eröffnung zeigt der K.Verlag den Kurzfilm “Match Point” von Assaf Gruber, gefolgt von einem Künstlergespräch. Anschließend spielen Sun-Young Nam und Paul Hübner mit Musik von Alvin Lucier und einer neuen Arbeit von Arne Gieshoff. Ilit Azoulay lädt zum Atelierbesuch und zur Präsentation ihrer Publikation “Facts and Tales” ein. Caspar Falkenstein sorgt mit einem Akustik-Set für Stimmung. David Zink Yi spricht mit Axel Haubrok über seine Ausstellung „all my colours“. Das Tonstudio Big Stuff Berlin präsentiert Open-Air-Konzerte und BlueKite das Abendkonzert von Berke Can Özcan. Florian Zeyfang zeigt seinen neuen Film “Horses, Moths, Cables” und frühere Arbeiten.
WANN: Am Sonntag, den 15. September, von 14 bis 22 Uhr.
WO: haubrok foundation, Herzbergstraße 40-43, Fahrbereitschaft, 10365 Berlin.