Nürnberger Kunstgriff
02.12. – 08.12.16

2. Dezember 2016 • Text von

Entschuldigung, können Sie ein Foto von mir machen? Jemand steht vor dem glitzernden Weihnachtsbaum am Hauptbahnhof und hält mir erwartungsvoll sein Handy entgegen. Könnte eine Reizwortgeschichte zu unserem Wochenprogramm sein: Wald, Foto, Selfie.

Susanne Neumann, aus der Serie „Harvester” Fotografie, 2016

Susanne Neumann, aus der Serie „Harvester” Fotografie, 2016

„Heiliger Hain“ so lautet die Übersetzung des Ausstellungstitel „Sacro bosco“ von Susanne Neumann im Kunstverein Kohlenhof. Dieser Wald, der die Künstlerin inspirierte, liegt in Italien. Er ist eine Art Zauberwald und beheimatet Ungeheuer und Wunderwesen, versteinert, versteht sich von selbst: Also Skulpturen. Eine Schildkröte trägt eine rätselhafterweise eine Frau auf ihrem Rücken, ein schiefes Haus lässt uns an unserer Wahrnehmung zweifeln und der Kopf des Glaukos wächst aus einem mit Gras bewachsenem Hügel. Ein Wald ist oft etwas Zauberhaftes, Schauplatz für Märchen und Mythen. Und tatsächlich ein spannender Naturraum der wie ein eigener Kosmos funktioniert, in dem unzählige Systeme und Lebensformen miteinander verschmelzen. Die Installation „Sacro bosco“ arbeitet mit diesen Facetten und Assoziationen des Waldes und versucht uns auch ins Bewusstsein zu rufen, wie wir diesen Lebensraum behandeln.

WANN: Am 3. Dezember um 19 Uhr wird die Ausstellung mit einer Performance eröffnet.
WO: Im Kunstverein Kohlenhof in der Grasersgasse 15/21, am Germanischen Nationalmuseum, wird „Sacro bosco“ bis zum 31. Dezember zu sehen sein.

Robin Hinsch, Institutskaya, 2014 Fotografie

Robin Hinsch, Institutskaya, 2014 Fotografie

Außerdem hält Robin Hinsch diese Woche einen Werkvortrag in der Akademie. Seine Fotografien brachten ihn auf Reisen durch Osteuropa, Asien, Australien und die USA. Oder brachten umgekehrt seine Reisen die Fotografien? 2010 reiste er das erste Mal in die Ukraine, wo ihn Verlassenheit und Traurigkeit als Folgen eines gescheiterten Systems berührten. Vier Jahre später kehrte er zurück, um Mitglieder der Anti-Regierungs-Gruppen zu porträtieren. Er will nicht dokumentieren, sondern viel mehr in Frage stellen. Seine Bilder sind kein Versuch zu erklären, sondern die Idee verständlich zu machen. Doch überlassen wir ihm selbst das Wort über sein Arbeiten, seine Reisen und Vorstellungen. Und schauen wirs uns an!

WANN: Am 7. Dezember um 17 Uhr können wir Robin Hinsch sehen und hören.
WO: Die Präsentation wird in der Aula der Akademie in der Bingstraße 60 stattfinden.

But first, let me take a selfie! Sind Selfies eigentlich noch Trend? Auf jeden Fall gibt’s schon eine Generation, die selbstverständlich mit ihnen groß geworden ist, und wir Erwachsenen sprechen bereits über das Selfie als gegenwärtige Bildkultur. Hierfür bilden Kunsthalle, Kunsthaus und Akademie ein Trio und veranstalten ein großes Symposium unter dem Titel „#Ich. Das Selfie in der gegenwärtigen Bildkultur.“ So nervig das Selfietum auch sein kann, so bescheuert wir es finden mögen, wers mal ausprobiert hat weiß: Es macht Spaß! Und noch besser: Jeder kanns, immer und überall! Es bringt komplett neue Fragegestellungen im Kontext der Porträtfotografie. Im Symposium werden wir verschiedene Stimmen zum Phänomen Selfie hören können. Felicitas Thun-Hohenstein wird über das feministische Selbst im Selbstporträt sprechen, wohin gegen Christian Schulz kulturwissenschaftliche Perspektiven des Trends beleuchten wird. Vor der abschließenden Podiumsdiskussion spricht Alain Bieber über die Zukunft der digitalen Identität.
Achja, und das Symposium findet im Rahmen der großen Doppelausstellung „Mit anderen Augen. Das Porträt in der zeitgenössischen Fotografie“ statt, die gerade in Kunsthalle und Kunsthaus zu sehen ist, könnte man sich ja vorher nochmal anschauen.

WANN: Das Symposium findet am 8. Dezember von 16-20 Uhr statt.
WO: Kommt ins Kunsthaus (Glasbau, 2. OG) in der Königstraße 93.

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