Münchner Kunstgriff
29.06. – 05.07.16

29. Juni 2016 • Text von

Flaka Haliti in der Galerie Rüdiger Schöttle und Thomas Hirschhorn in der Pinakothek der Moderne. Consuming History mit Carmen Dobre-Hametner im Kunstraum und konsumieren mit Sylvie Fleury in der Villa Stuck.

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Sylvie Fleury, My Life on the Road, Museum Villa Stuck/Courtesy Karma International, Zürich.

Fetische gibt’s viele, solche, die den Geschmack der breiten Masse bedienen, eher nicht. Der Ort, an dem dann aber doch verdächtig viele Äuglein vor Verzückung zu glänzen beginnen, ist das Einkaufszentrum. Was für den Individualisten Lack und Leder ist, ist für den Kollektivisten das neuste iPhone. Walter Benjamin hat diese weitverbreitete Objektbegierde mal Warenfetisch getauft und genau mit dem setzt sich Sylvie Fleury auseinander. Chanel-Einkaufstüten, Autos, Stöckelschuhe und andere Luxusgüter werden von der Schweizer Künstlerin zu Installationen verarbeitet – selbstironisch, intelligent und obendrein auch noch schick anzusehen. In der Villa Stuck gibt es Alt und Neu ab Mittwoch im Doppelpack: Sylvie Fleurys gewitzte Kunst aus 25 Schaffensjahren sowie eigens für das Museum konzipierte Werke, wie beispielsweise eine mit der Mayerschen Hofanstalt ersonnene Glasarbeit. Nur so nebenbei: Auf Sneakers und iPhone darf verzichtet werden.

WANN: Die Eröffnung ist am 29. Juni, um 19 Uhr, zu sehen bis 3. Oktober.
WO: Museum Villa Stuck, Prinzregentenstraße 60, 81675 München.

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Carmen Dobre-Hametner, Consuming History, 2015, Kunstraum München.

Irgendwas scheint nicht zu stimmen. Die Fotografien in Leuchtkästen erinnern an ein filmisches Panorama, das auf den ersten Blick Geschichten aus anderen Zeiten erzählt. Männer und Frauen in sowjetischen Uniformen. Der Anschein eines Lagers, Bilder von Gefangenen im winterlichen Litauen. Doch der Blick der Kamera scheint zu theatral, die Posen der Protagonisten vielleicht ein wenig zu gestellt. Was ist Realität, was Fiktion? Die Rumänin Carmen Dobre-Hametner ist ab Mittwoch im Kunstraum München mit ihrer ersten Einzelausstellung in Deutschland zu sehen. Die Künstlerin zeigt ihre Arbeit Consuming History in vollständiger Form. Erstmals waren Auszüge der fotografischen Serie im letzten Jahr während der Biennale in Venedig in der Neuen Galerie des Rumänischen Kulturinstituts am Campo Santo zu sehen.

WANN: Die Eröffnung ist am 29. Juni ab 19 Uhr, zu sehen sind die Arbeiten bis 24. Juli.
WO: Kunstraum München, Holzstraße 10 Rgb., 80469 München.

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Thomas Hirschhorn, Doppelgarage, 2002, Ausschnitt, Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, © VG Bild-Kunst, Bonn 2016.

Wo Papas Werkzeugkoffer auf Omas Konserven trifft und man als Dreizehnjähriger so manch feuchtfröhliche Party feierte, ist man wo? Richtig, im Hobbykeller. Im Juni lädt auch Thomas Hirschhorn in eine „Art Hobbykeller“ ein. In dem gibt es statt Selbstgebautem und Selbstgebrautem allerdings viel Raum zum Verhandeln. In der „Doppelgarage“ werden fundamentale Kategorien des menschlichen Daseins diskutiert – Gewalt und Gegengewalt, Rache und Versöhnung. Als thematischer Ausgangspunkt dienen die Anschläge des 11. September. So ernsthaft ging es in der elterlichen Bastelstube selten zu. Thomas Hirschhorn ist einer, der auffällt, aneckt und polarisiert. Seine Kunst ist hochgradig politisch, gerne auch mal skandalös. 2004 collagierte er in seiner Installation „Swiss-Swiss Democracy” Folterbilder aus dem Iran mit Wappen der Schweizer Kantone und wurde daraufhin von einer Welle öffentlicher Empörung überschwappt. Revoluzzer waren uns immer schon sympathisch.

WANN: Die Ausstellung ist vom 30.06. bis zum 31.10. zu sehen.
WO: Pinakothek der Moderne, Barerstrasse 29, 80333 München.

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Flaka Haliti, My Gravity Slipped Away, 2016, Installation bei SALTS, Birsfelden, © Gunnar Meier Photography, courtesy SALTS und die Künstlerin.

Der Brexit dominiert gerade die Schlagzeilen. Und auch im Zuge der Flüchtlingskrise wurde wieder über die Schließung von Grenzen gesprochen, die lange Zeit offen standen. Um Grenzen, zwischen Menschen, zwischen Ländern, zwischen dem Digitalen und dem Analogen geht es auch in Flaka Halitis künstlerischer Praxis. Ab Donnerstag zeigt die Galerie Rüdiger Schöttle zum ersten Mal eine Einzelausstellung der kosovarischen Künstlerin, die im letzten Jahr ihr Heimatland auf der 56. Biennale in Venedig vertreten hat. Unter dem Titel „tea towels have something to do with tea“ präsentiert die Künstlerin eine raumgreifende Installation in der die digitale und analoge Welt in einem ephemeren Raum verschmelzen.

WANN: Eröffnung am ist am 30. Juni 2016, 18 Uhr, zu sehen bis 30. Juli.
WO: Galerie Rüdiger Schöttle, Amalienstraße 41, 80799 München.

Die Absätze zu den Ausstellungen in der Pinakothek der Moderne und in der Villa Stuck erschienen bereits in der Juni-Ausgabe des Super Paper. Text: Hannah Schraven.

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