Gesellige Würmer, mythische Motten Monster Chetwynd im Belvedere 21
15. Januar 2025 • Text von Quirin Brunnmeier
Groteske Tierchen bevölkern die installative Stofflandschaft von Monster Chetwynd im Belvedere 21. Unter dem Titel “Moths, Bats and Velvet Worms! Moths, Bats and Heretics!” werden performative Elemente, Verweise zur Popkultur und zum surrealistischen Kinos komplex miteinander verwoben.

Wie eine eigentümliche Bühne wirkt das raumgreifenden installative Environment, das in der ersten musealen Einzelausstellung von Monster Chetwynd in Österreich im Belvedere 21 platziert wurde. Märchenhaft, verspielt und gleichzeitig latent bedrohlich wirken die einzelnen Elemente und Figuren. Eine übergroße Motte hängt von der Decke, Würmer und Schweine aus Papiermaché sind im lichten Ausstellungsraum verteilt, im Zentrum eine übergroße Holzbank. Eingefasst wird dieses Spektakel von bedruckten Stoffbahnen, die eine Collage aus Filmstills, Ausschnitten aus Gemälden und Fotografien zeigen. In einem Gebilde, das vage an die Schnauze des Glücksdrachen Fuchur aus “Die Unendlichen Geschichte” erinnert, ist ein Monitor, auf dem ein Video gezeigt wird.

Der gesamte Ausstellungsraum wirkt wie ein assoziativer Space, in dem sich der künstlerische Kosmos von Chetwynd manifestiert und verdichtet. Referenzen zur Kunstgeschichte, Popkultur und Theorie werden mit Mitteln der Performance und Bildhauerei gesetzt. Die raumgreifenden Arbeit wurde speziell für das Haus entwickelt und wird an zwei Terminen von Performer*innen aktiviert. Chetwynds genreübergreifende Praxis verbindet Film, Collage, Malerei und Installation. Chetwynd ist bekannt für anarchische Performances mit handgefertigten Kostümen, Requisiten und Bühnenbildern und verwendet dafür meist einfache Materialien wie Papier, Kartonage, Holz und Stoff. Die zugängliche künstlerische Praxis des Do-it-Yourself versteht Chetwynd alltagsökologisch bzw. alltagsökonomisch, Reparaturkultur und Recycling werden als Teil eines Kreislaufes verstanden.

Ein zentraler Aspekt ist ein gemeinsamer Entstehungsprozess, bei dem ein Team von vertrauten Mitstreiter*innen interagiert und bei Performances kostümiert zusammenspielt. So entstehen Arbeiten, die vielleicht überladen oder zügellos wirken mögen, aber dennoch präzise komponiert und fein ausgeführt sind. Symbole und bekannte Formen werden zitiert und kombiniert. Der Referenzrahmen reicht dabei von der nonkonformen, widerständigen Figur der Hexe über Renaissance-Motive, den nachtaktiven Tieren, bis hin zur feministischen Literatur und dem surrealistischen Kino. Chetwynds Interesse gilt dabei immer den Marginalisierten. Übersehene Narrative und Existenzen sollen in den Fokus gerückt werden.

Foto: Johannes Stoll / Belvedere, Wien © Courtesy the Artist and Sadie Coles HQ, London / MASSIMODECARLO / Galerie Gregor Staiger, Zürich.
Mythische Motten und Häretiker*innen, gebastelte Würmer und aufgeladene Symbole, Skulpturen und Performance. Das Projekt “Moths, Bats and Velvet Worms! Moths, Bats and Heretics!” verbindet und verdichtet die künstlerischen Strategien von Monster Chetwynd auf eindrückliche Weise. Energetisch, humorvoll, überbordend und fantastisch ist diese individuelle Mythologie, die unterschiedlichste Epochen und Narrative verbindet. Es sind komplexe Arbeiten, die jedoch bewusst spielerisch bleiben. Am Freitag, den 17. Januar gibt es die Chance, die Performance “Silk and Beer (Wages for Housework)” zu sehen. An diesem Abend aktiviert Monster Chetwynd und ein Ensemble von Performer*innen die Ausstellung mit der eigens produzierten Performance erneut. Mittanzen ausdrücklich erwünscht.
WANN: Die Ausstellung “Moths, Bats and Velvet Worms! Moths, Bats and Heretics!” ist noch bis zum 9. Februar zu sehen.
WO: Belvedere 21, Quartier Belvedere, Arsenalstraße 1, 1030 Wien.