-cores und -ismen
Wenn Luxusmarken mit Künstler:innen kollaborieren

10. Februar 2022 • Text von

Mode und Kunst sind keine Antagonist:innen. Und genau so wenig ist Mode die weniger intellektuelle, kleine Schwester der Kunst. Dass die beiden voneinander profitieren und sich gegenseitig neue Zielgruppen verschaffen können, zeigen bildende Künstler:innen, die Kollaborationen mit Modemarken eingehen.

Die -cores und -ismen der Welt erwachsen aus der Mode und Kunst. Normcore, Cringecore und Officecore versus Impressionismus, Kubismus und Konstruktivismus – um nur ein paar unvollständige Beispiele aufzulisten. Es sollte wohl besser auch nicht von einem “versus”, sondern von einem Miteinander gesprochen werden. Unterschiede gibt es zwischen den Bereichen zweifelsohne, nicht zuletzt auch zwischen den verschieden Arbeitssystemen und Formen der Prekarität – wobei genau diese die beiden auch dichter verschmelzen lässt; Antagonist der Kunst ist die Mode aber schon lange nicht mehr. Und war es vielleicht auch nie. 

Dies zeigen unzählige Kollaborationen zwischen Luxusmarken und Künstler:innen aus der Bildenden Kunst, die von schreiend polychromen Pufferjacken von The North Face x Kaws, der übrigens auch mit unzähligen anderen Marken, darunter Sacai und Commes des Garçons,  bis hin zu filigran bemalten Taschen von Louis Vuitton x Zeng Fanzhi. 

Während Kaws, wobei man es bei dem Künstler ­– bei dessen Kreationen strittig ist, ob es sich überhaupt noch um Kunst handelt ­– auch nicht anders erwarten würde, das Konzept bodenlos ausschlachtet, entstehen bei anderen Kollaborationen Kleidungsstücke mit dem Potential, der ephemeren Saisonalität von Mode zu entfliehen. Um komplexere Designs als ein Camouflage-ähnliches Muster, in den für den Künstler typischen Farben, handelt es sich dabei nicht. Auch ist die Pufferjacke von Sacai kaum von der von The North Face zu unterscheiden, wobei sich die Frage stellt, warum er nicht wenigstens einer Marke treu bleibt. 

Deutlich anspruchsvollere Stücke, die mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur für eine Saison getragen werden, hat Cheyenne Julien mit Ottolinger für Herbst/Winter 2021 entworfen. Bei der Videopräsentation der Kollektion haben Cosima Gadient und Christa Bösch, die Designer:innen hinter dem Label, zudem mit der Künstlerin Rhea Dillon kollaboriert, von der der Audio-Text, mit dem das Video überspielt ist, stammt. 

Kein Kleidungsstück mitdesignet, aber dafür eine Schaufensterkulisse gestaltet, hat Zora Mann in ihrer Zusammenarbeit mit Hermès zum diesjährigen Thema der menschlichen Odyssee. Noch bis Ende Februar sind in den Schaufenstern des Hermès-Store in Hongkong zweidimensionale Skulpturen von Mädchen mit Bobfrisuren hinter verträumten Sternenhimmeln zu sehen. 

Daneben stehen Schaufensterpuppen in der Herbst/Winter 2021 Kollektion. Während Manns Kollaboration schon fast um eine Ausstellung in einem kommerziellen Raum, wobei dies Galerien ja genau so sind, handelt, transformieren andere ihre Kunst zu Objekten, die man tragen kann. Ob man sich Dennis Bucks MCM Gürteltasche oder Genieve Figgis Lady Dior Tasche umhängt, entspricht genauso dem persönlichen Geschmack wie in welche Ausstellung man geht. Mode sollte ohnehin viel stärker auch ein intellektueller Wert zugeschrieben werden und vielleicht schaffen es Kollaborationen von Luxusmarken mit Künstler:innen auch die davon zu überzeugen, die sich sonst auf -ismen beschränken.