Eigentümlich ungreifbar Márton Nemes im Ludwig Múzeum
21. Januar 2025 • Text von Quirin Brunnmeier
Für den ungarischen Pavillon auf der 60. Internationalen Biennale von Venedig hat Márton Nemes ein transmediales Projekt realisiert, in dem das Genre der Malerei ausgelotet wird. Er kombiniert dabei Licht, Farbe und Klang zu einer immersiven Umgebung. Die Ausstellung im Ludwig Múzeum zeigt das in Venedig präsentierte Projekt, ergänzt durch eine Auswahl von Werken, die der Künstler im letzten Jahrzehnt realisiert hat.

Die Farben und Oberflächen der im Ludwig Múzeum gezeigten Arbeiten glänzen fast unwirklich, sie sind in speziellem Licht inszeniert, manche setzen sich selbst in Bewegung oder haben ihren eigenen Soundtrack. Unter dem Titel “Techno Zen” wird eine breite Auswahl an Arbeiten von Márton Nemes gezeigt, manche wurden in diesem Jahr im ungarischen Pavillon auf der 60. Internationalen Biennale von Venedig präsentiert, andere sind schon älter. Der Künstler kombiniert in seiner Praxis unterschiedliche Materialien und Techniken, er verbindet lasergeschnittene Metalle und Autolack, er emailliert Stahl und nutzt Projektionen, animierte Lichter und Lautsprecher, zudem farbige Ventilatoren, die einen Luftstrom im Ausstellungsraum erzeugen.

So entsteht ein visuelles, akustisches und multimediales Geflecht aus bunten Farben und organischen Formen. Die beiden polaren Begriffe “Techno” und “Zen” verbinden sich zum titelgebenden Hybrid. “Technozen” beschreibt auch eine spezielle Ästhetik, die von japanischen Technologien der mittleren/späten 2000er-Jahre inspiriert ist. Sie kann als kalt, steril und professionell und gleichzeitig als angenehm, freundlich und verspielt beschrieben werden. Dieses Spannungsfeld entsteht auch in den Werken von Nemes. Er kombiniert Elemente der Malerei mit Strategien aus der Bildhauerei und erzeugt so Multimedia-Installationen, die tatsächlich eine räumliche Dynamik entfalten und einen eigenen Farbraum schaffen. Großformatige Bildträger sind im Raum platziert, Bild-Panele an den Wänden lassen sich auf die gegebene Architektur ein.

Dabei arbeitet Nemes auch an den Schnittstellen von digitaler und realer Welt. Er kombiniert industrielle Technologien und Materialien mit eher traditionellen Herangehensweisen und schafft so Arbeiten, die in ihrer Perfektion fast unwirklich erscheinen. Die Farben und Farbverläufe wirken wie direkt aus einem Grafik-Programm entnommen. In seinen Bildträgern schichtet der Künstler Ebenen wie Photoshop-Layer übereinander, schneidet hier scheinbar Formen aus, um sie woanders einzufügen. Die Arbeiten wirken dabei fast makellos und in ihrer oberflächlichen Perfektion geradezu surreal.

Die Ausstellung “Techno Zen” bietet einen beeindruckenden Überblick über das Werk von Márton Nemes. Seine Arbeiten sind farbenfroh, einnehmend und multisensorisch. Ihr optischer, akustischer und haptischer Inhalt entfaltet sich durch die gemeinsame Wirkung von Licht, Farbe, Bewegung und Klang. Dabei bleiben sie aber eigentümlich ungreifbar, sie transzendieren die digitalen und realen Welten und scheinen tatsächlich im Augenblick zu schweben. Der vom Ludwig Múzeum zu diesem Anlass herausgegebene Katalog enthält Beiträge der Kunsthistoriker*innen und Kurator*innen Loránd Hegyi, David Rosenberg und Anika Meier.
WANN: Die Ausstellung “Márton Nemes: Techno Zen” ist noch bis zum 8. März zu sehen.
WO: Ludwig Múzeum, H-1095 Budapest, Komor Marcell utca 1.