Mind Maps und Landkarten
Lucy McKenzie im Museum Brandhorst

9. Oktober 2020 • Text von

Lucy McKenzie ist für ihren Einsatz illusionistischer Trompe-l’oeil-Effekte und architektonisch skalierter Installationen bekannt. Sie hat sich als eine der interessantesten Künstlerinnen ihrer Generation etabliert. Die Mid-Career Retrospektive “Prime Suspect” im Museum Brandhorst, die über 100 Werke aus der Zeit von 1997 bis heute zeigt, beleuchtet zum ersten Mal die komplexe Bandbreite ihres künstlerischen Ansatzes.

Lucy McKenzie: Top of the Will (Detail), 1998-99, Privatsammlung, Wien © Lucy McKenzie. Courtesy the artist and Cabinet, London.

Gemalte Bildrecherchen, hyperrealistische Gemälde, Leinwände, die zu architektonischen Kulissen arrangiert sind, dazu Zeichnungen, Installationen und Videos aus zwei Jahrzehnten. Die Ausstellung „Lucy McKenzie – Prime Suspect“ im Museum Brandhorst versammelt eine geradezu überwältigende Auswahl von Arbeiten der 1977 in Glasgow geborenen, in Brüssel lebenden Künstlerin. Lucy McKenzie eignet sich Bilder, Objekte und Motive aus unterschiedlichen Kontexten an, gestaltet sie um und schafft so ihren eigenen enigmatischen Kosmos aus Oberflächen, Strukturen und Verweisen. Sie nähert sich in ihren Arbeiten der Konstruktion von Geschichte, indem sie Motive, Stile und Techniken aus unterschiedlichen Epochen aufgreift und neu kontextulaisiert.

Lucy McKenzie: Violet Breche Desk, 2015, Courtesy die Künstlerin und Galerie Buchholz, Berlin/Köln/New York © Lucy McKenzie. Foto: Jens Ziehe. Courtesy of the artist; Galerie Buchholz, Cologne/Berlin/New York; and Cabinet, London.

Realistische Malerei, Pop-Art und Jugendstil werden so gleichzeitig in neuen Kontexten vermengt. Einen Fokus legt sie dabei auf die Verbindungen zwischen Politik, Sport und der visuellen Ästhetik des Politischen. In ihrer künstlerischen Produktion negiert sie bewusst die Grenzen zwischen bildender Kunst, Kunsthandwerk und Mode. Sie nutz unterschiedliche Ansätze gleichwertig und parallel. Die Ausstellung ermöglicht einen tiefen Einblick in ihre künstlerische Entwicklung: Angefangen bei frühen Gemälden, die sich auf Popmusik und die Olympischen Spiele zu Zeiten des Kalten Krieges beziehen, über ihre anschließende Auseinandersetzung mit den Traditionen der schottischen und osteuropäischen Wandmalerei und Illustration bis zu großformatigen Gemälden, die auf Grundlage von historischen Baustilen und Designs entstanden sind.

Lucy McKenzie: May of Teck, 2010, Collection Charles Asprey © Lucy McKenzie. Photo courtesy of the artist; Galerie Buchholz, Cologne/Berlin/New York.

Ebenfalls zu sehen sind Arbeiten aus ihrem kollaborativen Modelabel und Forschungsbüro Atelier E.B. und jüngere Arbeiten, die die Grenzen zwischen Malerei, Skulptur, Möbel und dystopischer Kulisse vollends verwischen. Elemente faschistischer Architektur stehen neben popkulturellen Artefakten, Bild-Recherchen zu politischen Themenkomplexen erweisen sich als hyperrealistische Malerei. Gemalte Landkarten von Glasgow und den Niederlanden verweisen auf Themen wie Abstraktion und Konzeptualisierung. McKenzie setzt zudem direkte Verweise auf kunstgeschichtliche Strömungen und Akteure und verbindet diese gekonnt. Sie schafft ihre eigene, alternative Geschichte der modernen Kunst, in der sie etablierte Chronologien und Avantgarden hinterfragt.

Lucy McKenzie, Quodlibet XXXIX, 2014, Museum Brandhortst

Die in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin selbst entwickelte Ausstellung zeigt die enorme Bandbreite der Interessen, Techniken und Analysen der Künstlerin. Ihre Kunst ist vielfätig, mehrschichtig, ineinander verwoben und dennoch perfekt im Detail. In Lucy McKenzies Ausstellung stehen Fragen zu Repräsentation im Zentrum. Sie untersucht die Beziehung zwischen Objekten, Ideen und Konzepten und deren Abbildung in der Kunst. Ihre perfekt gemalten Oberflächen, die vorgeben, etwas Anderes zu sein, erweitern dabei den Blick in die Tiefe.

WANN: Die Ausstellung ist noch bis zum 21. Februar zu sehen.
WO: Museum Brandhorst, Theresienstraße 35a, 80333 München.

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