Los Angeles, Günsterode
Besuch bei der Grundsteinlegung

24. August 2017 • Text von

Nahe der geographischen Mitte Deutschlands entsteht in der Idylle ein von Künstlern für Künstler konzipierter Rückzugs- und Kommunikationsort. Ein Besuch bei der Grundsteinlegung von Los Angeles, Günsterode.

Jonas von Ostrowski: Los Angeles.

Ein verträumtes Tal in Nordhessen, ein kleines Dorf, Bächlein, Wiesen und Felder. Hörbar durchbricht das Knattern eines Baggers die ländliche Ruhe. Ein Künstler, ein Kurator und ein Architekt kämpfen schwitzend gegen das Erdreich und die Sonne. In brütender Hitze verschieben sie fröhlich tönernen Boden, durchbrechen die Grasnarbe und stecken das Gelände ab. Zum Schutz ihrer Köpfe tragen sie knallgelbe Baustellenhelme mit dem Logo des amerikanischen Baseball Teams L.A. Dodgers.

Jonas von Ostrowski: Los Angeles (In Zusammenarbeit mit Studio Nitsche)

Los Angeles ist für viele ein Sehnsuchtsort: Die Sonne Kaliforniens, Hollywood und eine global vernetzte Kunstszene. Einen Sehnsuchtsort plant auch Jonas von Ostrowski, wenn auch in Hessen. Er hat in Hamburg und Brüssel studiert, lebt und arbeitet aktuell als Künstler in München. Seine künstlerische Praxis kann an den Schnittstellen von Architektur, bildender Kunst und Intervention verortet werden, er verbindet Strategien des Designs mit räumlichem Denken. In den letzten Jahren hat er an zahlreichen internationalen Ausstellungen teilgenommen und für die Münchner Kammerspiele und andere Theater Bühnenbilder gestaltet. Seit 2014 ist er auch Mitbetreiber des Projektraums “Prince of Wales” in München.

Jonas von Ostrowski: Los Angeles.

Durch seine Arbeit am Theater, sein Mitwirken beim “Prince of Wales” und seine Ausstellungstätigkeit entstand ein sich immer weiter ziehendes Netzwerk aus Freunden, Künstlern, Kuratoren und Unterstützern. Diese möchte er nun auch aktiv in die Entwicklung von “Los Angeles” einbetten. Das Projekt soll offen sein und Platz für unterschiedlichste Prozesse, Projekte und Diskurse bieten. In der ersten Phase entsteht auf dem Grundstück in Günsterode nun ein bewohnbares Haus mit dreieckigem Erdgeschoss und quadratischem ersten Stock, der mit der äußeren Ecke auf einer Stelze steht. In der Planung und auch Ausführung wird  Jonas von Ostrowski dabei vom Architekten Philipp Nitsche von Studio Nitsche unterstützt. Hier sollen Künstler einen Rückzugsort finden können, Autoren die Ruhe für ihre Arbeit nutzen. Bald soll außerdem die angrenzende Scheune ausgebaut und umgenutzt werden. Für Jonas von Ostrowski sollen alle Möglichkeiten offen bleiben. Vielleicht wird es bald einen Skulpturengarten geben, oder ein Blumenbeet, das von Künstlern bespielt wird. Los Angeles soll sich kooperativ entwickeln und offen für Diskurse bleiben.

Andrea Zittel: A-Z West, Summer 2015, Photo: Lance Brewer.

Wie wir die Fragen nach den komplexen Beziehungen zwischen unseren Bedürfnissen nach Freiheit, Sicherheit, Autonomie, Autorität und Kontrolle verhandeln, widmet sich das Projekt A-Z West der Künstlerin Andrea Zittel. Sie nutzt ein riesiges Grundstück in der kalifornischen Wüste als Labor und Experimentierfeld, in dem sich Räume, Objekte und Lebensweisen vermengen. Zittel geht es um die großen Fragen: Wie nehmen wir an unsere Kultur teil, wie wollen oder sollen wir leben. Im A-Z West gibt es Cabins, Studios und kleine Bungalows für Gäste, die den Ort für ihre Experimente nutzen können.

Jonas von Ostrowski: Los Angeles.

Wie und wo lebt man als Künstler, als Mensch? Was ist, vielleicht auch nur temporär, wichtig? Wie interagieren wir mit unserer Umwelt und wie arbeiten wir zusammen. Bald werden diese Fragen vielleicht nicht mehr nur in der kalifornischen Hochwüste diskutiert und verhandelt, sondern auch im idyllischen Nordhessen. Verzeihung, in Los Angeles, Günsterode.

WO: Über Fortschritte des Projekts kann man sich hier informieren: www.jonasvonostrowski.com / @jonasvonostrowski_la