Nachhaltigkeit im Bankengeschäft Loa Haagen Pictet über den Prix Pictet 2017
1. Februar 2018 • Text von Benita Mutschler
Der Prix Pictet setzt Maßstäbe in fotografischer wie politischer Hinsicht. Anlass genug, um über den diesjährigen Preisträger Richard Mosse und das Konzept hinter einem der bekanntesten Fotografiepreise der Welt zu berichten.
Seit 2008 schreibt das Genfer Bankhaus Pictet in regelmäßigen Abständen einen der weltweit angesehensten Preise für Fotografie und Nachhaltigkeit aus. Es unterstützt dessen Preisträger nicht nur monetär mit einem Preisgeld in Höhe von 100.000 Schweizer Franken, sondern auch mit etlichen öffentlichkeitswirksamen Präsentationen und Ausstellungen, einer Katalogveröffentlichung sowie Ankäufen für die hauseigene Kunstsammlung. Zuletzt waren die mit dem Prix Pictet ausgezeichneten Arbeiten anlässlich der Highlights Kunstmesse in München zu sehen, am Rande derer wir uns mit Loa Haagen Pictet über die Ausrichtung und das Konzept des Preises unterhielten. Seit 2004 ist die Kunsthistorikerin und Kuratorin verantwortlich für die Kunstsammlung der Bank, die einen Fokus auf Schweizer Kunst von 1805 bis zur Gegenwart legt.
gallerytalk.net: Inwiefern passen umweltbezogene Themen zu Pictet?
Loa Pictet: Gerade unser 210-jähriges Bestehen zeigt uns, dass es heutzutage nicht mehr genügt, in der Kommunikation nur noch auf den Austausch mit anderen Bankhäusern und Finanzmarktakteuren zu setzen. Der Prix Pictet ist eines von vielen Beispielen dafür, wie wir unsere soziale Verantwortung wahrnehmen und mit unserem Namen und unseren Möglichkeiten Bewusstsein für gesamtgesellschaftliche Themen schaffen wollen.
Auch andere Bereiche der bildenden Kunst greifen Nachhaltigkeitsthemen auf. Warum ausgerechnet ein Preis für Fotografie?
Natürlich wollen wir allgemein ein Forum schaffen für Kunst mit dokumentarischer und politischer Aussagekraft. Fotografien aber bilden die Wirklichkeit ab und haben deshalb eine besondere gesellschaftliche Wirkung.
Ist es nicht untypisch für Bankhäuser sich politisch zu engagieren?
Wir möchten Teil der Diskussion um die Abbildung relevanter und aktueller Problemfelder sein und die sich daran anschließenden Kontroversen bereichern. Zum einen wollen wir das Bewusstsein für wichtige Nachhaltigkeitsthemen schärfen, insbesondere für den Umgang mit den natürlichen Ressourcen unseres Planten und dafür wie wir dessen Zukunft aktiv gestalten können. Zum anderen ist uns die Funktion von Bildern als Kommunikationsmittel wichtig.
Möchten Sie dadurch Teil der politischen Diskussion sein?
Politische Bilder dürfen den Menschen nicht vorenthalten werden. Bei einschneidenden Ereignissen stellen sich Regierungen oftmals die Frage, ob man der Bevölkerung die damit zusammenhängenden Fotografien überhaupt zumuten dürfe. Während des Falklandkrieges konnte man zum Beispiel gut beobachten, wie versucht wurde, die Kontrolle über die Bildveröffentlichung zu bewahren. Ähnliches geschah zunächst bei den Terroranschlägen am 11. September 2001 und wurde dann durch das Publikwerden etlicher Bilder vereitelt.
Wie erfolgt die Auswahl der Preisträger?
Für die jeweiligen Ausschreibungen legen wir bestimmte Themenzyklen fest, die sich mit Nachhaltigkeit im weitesten Sinne beschäftigen. In der Vergangenheit waren dies die Motive Space, Disorder, Consumption, Power, Growth, Earth und Water. Aufgrund dieser Ausschreibung erfolgen dann Nominierungen aus einem Kreis professioneller Kuratoren, Museumsdirektoren, Kunstsammlern sowie Kritikern. Der Preis selbst wird durch eine Jury vergeben.
Welche inhaltlichen Anforderungen wurden dieses Jahr der Preisausschreibung zugrunde gelegt?
Dieses Jahr ging es um „Raum“ im nachhaltigkeitsbezogenen Sinn. Den Preis hat Richard Mosse gewonnen. Mit Wärmebildkameras fotografiert er Flüchtlingslager.
Welche Elemente in Richard Mosses Kunst waren besonders preiswürdig?
Unser diesjähriger Preisträger stach deshalb unter den Nominierungen hervor, weil er eine neuartige Technik verwendete und damit ein ästhetisch überzeugendes Ergebnis hervorbrachte, das gleichzeitig eine hoch politische Aussage enthielt.
Der Bekanntheitsgrad des Künstlers steht dabei nicht im Vordergrund?
Obwohl das Alter oder die Bekanntheit für uns kein ausschlaggebendes Auswahlkriterium darstellen dürfen, ist es uns durchaus wichtig, dass auch junge Künstler den Preis erhalten. Denn die von uns betriebene Kunst- und Kulturförderung beschränkt sich nicht allein auf den Prix Pictet. Vielmehr versuchen wir uns im weiteren Verlauf aktiv an der künstlerischen Entwicklung unserer Preisträger zu beteiligen. Beispielsweise unterstützen wir sie über die Jahre hinweg durch Ankäufe für die Prix Pictet Photography Collection.
Was macht gute Fotografie für Sie persönlich aus?
Hauptaugenmerk muss natürlich immer die künstlerische Qualität der Arbeiten sein. Wir sehen tagtäglich so viele Bilder. Für mich stellt sich deshalb die Frage, welche Fotografien uns in diesem Überfluss in Erinnerung bleiben und uns anhaltend beeinflussen können.
Geben Sie uns einen Tipp, mit was sich der nächste Ausschreibungszyklus beschäftigen wird?
Auf die Auswahl habe ich leider keinen Einfluss. Von daher wäre das reine Mutmaßung. Wir müssen uns also alle gedulden, bis die Ausschreibung anlässlich des Fotografiefestivals Rencontres d’Arles im nächsten Jahr bekannt gegeben wird.
WANN: Neben einer Ausstellung in Moskau, die bis zum 18. Februar läuft, wird der Prix Pictet in Deutschland von heute an bis zum 24. Februar wieder zu sehen sein.
WO: Die Ausstellung ist im Stuttgarter Haus der Wirtschaft in der Willi-Bleicher-Straße 19 zu sehen.