Umsonst und draußen
Kunstspaziergang durch Düsseldorf

15. Februar 2022 • Text von

Die dunkle, kalte Jahreszeit dauert an. Die Pandemie ist zum Dauerzustand geworden. Warum nicht die vereinzelten Sonnentage im Februar für einen Kunstspaziergang nutzen? Selten waren Lichtblicke so nötig wie dieser Tage. So lohnt es sich mehr denn je, Kunst im öffentlichen Raum zu entdecken. Die Landeshauptstadt von NRW hat mit Skulpturenparks und spektakulären Kunstwerken diesbezüglich einiges zu bieten. Das Beste daran: alles pandemiesicher an der frischen Luft erkundbar und dazu noch kostenlos! Wer da noch zuhause bleibt, ist selber schuld.

Klaus Rinke: “Zeitfeld”, 1987, Volksgarten, Foto: Andreas Schwarzkopf.

Los geht’s mit einem absoluten Highlight: Im Volksgarten lässt sich im „Zeitfeld“ von Künstler Klaus Rinke zwischen hochgewachsenen Uhren umherspazieren. Ein bisschen fühlt sich’s an wie bei Alice im Wunderland, wenn die Zeitmesser im Park gleich Bäumen aus dem Boden sprießen. Tatsächlich entstand das begehbare Kunstwerk aus technischen Gewächsen zur Bundesgartenschau 1987. Das Uhrenfeld führt das ständige Fortschreiten der Zeit eindrücklich vor Augen, das synchrone Vorwärtsticken der Zeiger, die niemals verweilen und uns als Front vereint entgegenstehen. Wie Soldaten einer Armee tragen sie Ziffernblätter auf ihren Gesichtern, machen das Abstrakte greifbar und auch wieder nicht. Leicht ist es, verloren zu gehen im „Zeitfeld“ und dann erschrocken festzustellen, dass während des Spaziergangs durch die Zeit, genau diese weiter fortgeschritten ist. Wer tanzt im Takt der Zeiger und wer bleibt als Solitär dazwischenstehen? Unterwerfung oder Verweigerung? So oder so die Zeit schreitet weiter voran, die Uhren bleiben stumm, aber rufen zugleich eines: Wenn nicht jetzt, wann dann?

WO: Volksgarten, Emmastraße , 40227 Düsseldorf.

Kenneth Capps: “Attic”, 1974-75, Lantz’scher Skulpturenpark.

Etwas außerhalb des Stadtkerns im Stadtteil Lohausen wandelte sich auf Initiative des Leiters der Kunsthalle Düsseldorf Gregor Jansen 2020 der Lantz’sche Park zum internationalen Skulpturenpark. Die ursprüngliche Idee eines Skulpturenparks an dieser Stelle geht dabei auf den Düsseldorfer Galeristen Alfred Schmela zurück, der 1975 im Herrenhaus des Lantz‘schen Parks seine „Galerie im Park“ eröffnete. Ganz nach dem Motto „back to the roots“ lässt sich hier nun wieder Kunst entdecken. Im Dialog mit der Natur finden neben jährlich wechselnden skulpturalen Werken, im letzten Jahr u.a. von Rita McBride, Bogomir Ecker, Martin Pfeifle und Chistian Odzuck, regelmäßig künstlerische Performances statt. Es lohnt sich also, den Park mehr als ein Mal zu besuchen und neben dauerhaft installierten Skulpturen zum Beispiel von Kenneth Capps, das wechselnde kuratorische Programm des jeweiligen Jahres zu begutachten.

WO: Lantz’scher Skulpturenpark, 40474 Düsseldorf.

Tita Giese: “11 mittelamerikanischen Verkehrsinseln in Düsseldorf-City”, Stresemannplatz, Foto: Kürschner, Public domain, via Wikimedia Commons.

Auf den ersten Blick vielleicht gar nicht mal so offensichtlich, findet sich auch auf dem viel befahrenen Stresemannplatz Kunst. Ein eigentlich eher unschöner Ort, aber inmitten des Verkehrs liegt ein städtisches Kleinod, eine Palmenoase der Künstlerin Tita Giese. Diese verwandelt urbane Restflächen, randständige Orte, in kleine Dschungel und pflanzte auf den Verkehrsinseln am Stresemannplatz Yuccas in Autoreifen. Die Arbeiten der Künstlerin führen weg von standardisierten Begrünungen und hin zu einem Stück wilder Natur inmitten der Stadt, auch wenn das scheinbar Wilde natürlich ebenfalls künstlich angelegt ist. Die exotischen Pflanzen erinnern an die Südsee, wecken die Sehnsucht nach der Ferne. Wer hätte gedacht, dass in der Stadt am Rhein Palmen wachsen?

WO: Stresemannplatz, 40210 Düsseldorf.

Herbert Koller: “Pavillon zum Betrachten der Sterne bei Tag”, 1992, METRO-Stiftung Skulpturenpark.

Ein weiteres kleines Museum im Freien lockt auf das Gelände des Unternehmenssitzes der Metro Group. Auf dem Metro-Campus zwischen Metrostraße und Schlüterstraße stehen einige frei zugängliche Skulpturen, von der hauseigenen Stiftung zusammengenommen als kleiner Skulpturenpark begriffen. Von figurativen bis abstrakten Werken sind vor allem bekannte mit Düsseldorf assoziierte Positionen vertreten. Eins der Werke ist von Herbert Koller aus dem Jahr 1992 und trägt den Titel „Pavillon zum Betrachten der Sterne bei Tag“. Ein roter Pavillon, durch dessen mit feinen Bohrungen gespicktes Dach das Tageslicht fällt und einen Sternenhimmel simuliert.  Die bizarren Öffnungen erhellen das innere Dunkel im Pavillon und laden zum Träumen ein. Bei Uecker an der Düsseldorfer Akademie studiert, sind Kollers Skulpturen vornehmlich aus Kupfer, Eisen und Bronze. Oft liegen ihnen wie im Leuchtkasten auf dem Metro-Gelände mythologische und kosmische Betrachtungen zugrunde.

WO: Metro Campus, Metrostraße/ Schlüterstraße, 40235 Düsseldorf.

Katharina Grosse: "Ellipse", 2009, Museum Kunstpalast.
Katharina Grosse: “Ellipse”, 2009, Museum Kunstpalast, Foto: Jula2812, Public domain, via Wikimedia Commons.

Zuletzt geht es zum Museum Kunstpalast, an dessen Außenwand am Rand des Hofgartens und quasi in Sichtweite zum Rhein ein riesiges Werk der international bekannten Künstlerin Katharina Grosse lehnt. Elf Meter hoch ist die zwischen Gemälde und Skulptur changierende Ellipse im Ehrenhof. Die leuchtenden Farben heben sich dabei deutlich von der Ziegelsteinarchitektur der 1920er Jahre ab. Das organisch wirkende Oval ist 2009 entstanden und aus mit Glasfaser verstärktem Kunststoff gearbeitet. Es war Vorgeschmack und ist heute Relikt der 2014 im Museum Kunstpalast stattfindenden Einzelausstellung “Katharina Grosse. Inside the Speaker”. Typisch Grosse erinnert das Objekt als skulpturales Gemälde zugleich auch an die markanten Kissenbilder ihres Akademieprofessors Gotthard Graubner. Harmonisch fügt sich die gesprühte Farblandschaft in die den Ehrenhof umgebende Natur ein und weist den Weg von der draußen erlebbaren Kunst in das Innere der Museen.

WO: Museum Kunstpalast, Ehrenhof 4-5, 40479 Düsseldorf.

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