Fetter Duktus und zarte Landschaften
Zeitgenössische Malerei in Berlin

15. März 2022 • Text von

Zarte japanische Landschaften, jazzig-punkige Figuren, wilder Duktus und Malerei, die das klassische Format der Leinwand sprengt – vier aktuelle Ausstellungen in Berlin zeigen, was zeitgenössische Malerei so kann. Mit Ida Ekblad in den lichtdurchfluteten Räumen der Galerie Max Hetzler, intimen Bildern der Japanerin Hiroka Yamashita bei Tanya Leighton, Bea Bonafini bei Setareh und punkig-jazzigen Malereien von Janne Räisänen bei Schwarz Contemporary.

Installationsansicht: Galerie Max Hetzler, Berlin, 12 February – 16 April 2022. Courtesy the artist and Galerie Max Hetzler, Berlin | Paris | London © Ida Ekblad. Photo: def image.

Die Malereien Ida Ekblads strotzen nur so vor Farbe, und zwar in doppeltem Sinne: Leuchtkraft und Duktus der Ölfarbe treten aus dem Bild hervor. Der malerische Impuls, der nahezu collagierende Umgang mit Öl auf Leinwand vereint sich mit den figürlichen Motiven, die in ihrer Plastizität in vielen der Werke ins Abstrakte hinüberdriften. Mit „WE WERE PATIENT“ zeigt die Galerie Max Hetzler in ihren neuen Räumen in der Potsdamer Straße eine Serie von Malereien einer gefeierten norwegischen Künstlerin.

In die Arbeiten der 42-jährigen Ida Ekblad aus Oslo fließen Einflüsse aus der modernen Kunstgeschichte ebenso ein wie die Auseinandersetzung der Künstlerin mit Popkultur, Musik und Poesie. Heraus kommen motivisch und formal stets komplexe Arbeiten, die den Blick auf das schärfen lernen, was sich zwischen den dicken Farbschichten und den sich überlagernden Farben und Linien auftut und sich zu einem abstrakten Ganzen vereint.

WANN: Die Ausstellung läuft noch bis Samstag, den 16. April.
WO: Galerie Max Hetzler, Potsdamer Str. 77-87 Mercator Höfe, im Hof, 10785 Berlin. 

Installationsansicht, Bea Bonafini‚ “A Monstrous Fruit”, Setareh Berlin, 2022. Image Courtesy of the artist and SETAREH Berlin, Düsseldorf. Photo: Trevor Good.

Bea Bonafinis Auseinandersetzung mit griechischer Mythologie und Dichtung mündet in ihrer jüngsten Ausstellung bei Setareh Berlin in Werken, die den Rahmen klassischer Malerei in vielerlei Hinsicht sprengen. Die italienische Künstlerin arbeitet wechselnd und kombinierend mit Malerei, Zeichnung, Skulptur, Keramik, Textil und Installation. Die Schau „A Monstrous Fruit“ spiegelt ihren offenen Umgang mit Material und Form allein in den weitestgehend aufgebrochenen Formen der klassischen, rechteckigen Leinwand wider. 

Die Arbeiten in „A Monstrous Fruit“ bei Setareh in Berlin zeugen von Sinnlichkeit und Vergänglichkeit und vom genauen und dennoch abstrakten Blick auf Körper und Materie. Der Titel der Ausstellung stammt aus einem Gedicht des griechischen Dichters Euripides, der den Minotaurus in seiner Poesie im Englischen als „hybride Form, a monstrous fruit“ bezeichnete. Hybride, monströs und sinnlich-abstrakt sind auch die Malereien Bea Bonafinis.

WANN: Die Ausstellung läuft noch bis Samstag, den 26. März.
WO: Setareh Berlin, Schöneberger Ufer 71, 10785 Berlin. 

Janne Räisänen, „Emperor“, 2022, Bleistift, Öl auf Leinwand, 95 x 65 cm. / Janne Räisänen, „Judith und Holofernes“, 2021, Bleistift, Öl auf Leinwand, 80 x 58,5 cm. Fotos: def image, Courtesy: Schwarz Contemporary.

In einer Einzelausstellung zeigt die Neuköllner Galerie Schwarz Contemporary Arbeiten des finnischen Künstlers Janne Räisänen. Der Titel der Ausstellung „Janne Jazz“ ist hier Programm. Denn wie im Jazz treffen auch auf den ungrundierten Leinwänden Räisänens starke Rhythmen und scheinbar improvisierte Klänge in der Motivik aufeinander. Die zeitgenössisch-malerischen Arbeiten des in Berlin und Helsinki lebenden Künstlers changieren in ihrer Wirkung stark zwischen Aquarellen auf Papier und Kohlezeichnungen.

Alles in allem sind auch die neusten Arbeiten des Künstlers Janne Räisänens unkonventionell. Sie sind Jazz und stets auch ein wenig Punk – und machen schon deshalb ordentlich Spaß.

WANN: Die Ausstellung läuft noch bis Samstag, den 9. April.
WO: Schwarz Contemporary, Sanderstraße 28, 12047 Berlin. 

Hiroka Yamashita, „Lamp in the Bush“, 2020, Oil on linen, 24×33 cm. Courtesy of the artist and Tanya Leighton, Berlin and Los Angeles.

Der japanische Titel „Fūdo“ der aktuellen Ausstellung von Hiroka Yamashita lässt sich mit den Worten „Wind/Erde“ übersetzen und dient traditionell der Beschreibung der Kultur einer Region in Japan. Hiroka Yamashita übersetzt diesen Begriff in ihren Landschaftsbildern, die derzeit bei Tanya Leighton in Berlin zu sehen sind, in die Malerei. 

Die Arbeiten zeugen von einer besonderen Zartheit, mit der Yamashita ihrem Land in ihrer Auseinandersetzung mit der Natur und Landschaft Japans begegnet ist. Das Gefühl von Gras, die Schwere des Nebels, die Leichtigkeit der Sonne blitzen wahlweise in sanfter Manier in ihren Bildern auf oder legen sich wie ein feiner Schleier über sie. Die Ausstellung „Fūdo“ bei Tanya Leighton ist definitiv etwas für feinfühlige Kunstliebhaber*innen und all die, die sehen wollen, was zeitgenössische Landschaftsmalerei kann.

WANN: Die Ausstellung läuft noch bis Samstag, den 23. April.
WO: Tanya Leighton, Kurfürstenstraße 24/25 und 156, 10785 Berlin. 

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