Kunst in Quarantäne #18 Sehnsucht, Sesamstraße und Skulpturen via App
26. Januar 2021 • Text von Christina-Marie Lümen
Berliner Ensemble online, Data-Art auf Daata.art, Sachwissen mit der Sesamstraße, Verweigerung auf der transmediale, Kunst in Boxen und Claudia Comte in der König App. Kunst in Quarantäne wird nicht müde, oder: together we stand!
Es ist offiziell: Die Berliner Theater müssen bis einschließlich März 2021 geschlossen bleiben. Um uns über den Schock hinweg zu helfen, bietet das Berliner Ensemble bereits seit Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 ein vielseitiges Online Programm. Unter dem Titel “BE at Home” finden sich Online-Vorträge, historische Theateraufführungen, Foto-Serien Back- und Front-Stage, literarische Lesungen, oder eine 360° Virtual Tour durch das Theater. “Chapeau!” für diese Kreativität. An das Team: Wir vermissen Euch!
Digital Art advanced: Die Plattform Daata.art versammelt Video-Arbeiten, Sound Works, digitale Editionen und ein eigenes Daata TV. Die Nutzung erfolgt über eine Mitgliedschaft, “free” bis “business account”. Es ist nie zu früh, die digitalen Künste zu fördern – und nie zu spät, ein Kunstwerk vor dem Schlafengehen zu betrachten.
Back to the Roots: Selbstverständlich sind wir mittlerweile alle Streaming- und Online-Expert*innen, einschließlich der künstlerischen Inhalte. Dennoch hier ein Format, das einige von euch vielleicht noch nicht konsumiert haben: Die historischen Aufzeichnungen der Sesamstraße. YouTube bietet eine große Auswahl früherer Sendungen, Begleit-Dokumentationen inklusive. Top 3, mit Referenz auf die gegenwärtige Lage: “Sesame Street at the Metropolitan Museum of Art”, “Sesame Street Visits The Hospital”, und “Big Bird in China”. Kunst, nützliches Sachwissen und etwas Fernweh – “Don’t Eat the Pictures!”
Tief einatmen und abtauchen – die aktuelle Ausstellung von Claudia Comte findet Unterwasser statt. Für “Dreaming of Alligator Head” wurde der digitale Ausstellungsraum der König Galerie geflutet. Wer die König App installiert hat, braucht bloß das Smartphone um 90 Grad drehen und los geht’s. Im Taucheranzug paddelt man zwischen Algen, Korallen und diversen Fischen, steuert Comtes Kakteen an. Die kommen jetzt vielleicht nicht ganz so gewaltig daher wie in Skulpturenparks wie dem Garten der Gegenwart oder dem Skulpturenpark in Köln. Doch mit ein bisschen Gamifcation gelingt es der Galerie nach “Surprisingly This Rather Works” und “Exercise in Hopeless Nostalgia – World Wide Web” mal wieder, Screen-müde Augen mal kurz aufzuwecken. So vieles dürfen wir gerade nicht, aber in Fantasiewelten abdriften – das geht ganz hervorragend.
Der Tipp kommt von Anna Meinecke.
Noch mehr Schließung, noch mehr Digitales: Am Donnerstag, den 28. Januar, eröffnet die transmediale 2021-22 – vorerst online. Unter dem Titel “Almanac of Refusal” zeigt das Festival Browser-basierte Kunstwerke, Filme, Foto-Essays, Texte, Podcasts und Sound Experimente von Künstlern, Designern, Forschern und Aktivisten. Das Themenfeld: Refusal/Verweigerung und ihre Kraft gegen einen Status Quo. Die Werke werden mit dem Mondzyklus – #almanac – ergänzt werden. Die dem Festival angegliederte Ausstellung “Rendering Refusal” im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien und der Betonhalle im Silent Green Kulturquartier wird nach den Vorgaben der Regierung mit Öffnung der Kulturorte zugänglich sein.
In der „ZEIT“ war diese Woche zu lesen, dass die Pandemie die Gesellschaft Kraft, Nerven sowie gesundes Nervenheil koste. Ein Gros der Gesellschaft sehnt sich nach kulturellem Austausch, nach kultureller Nahrung. Ausgehend von dieser Situation der Notwendigkeit des Austausches haben Felix Becker, Fabian Hub und Yannick Riemer mit weiteren drei KünstlerInnen das Projekt „Can you hear me? No, but can you see me?“ ins Leben gerufen. Das Projekt besteht aus 15 Themenboxen, die in Anlehnung an Marcel Duchamps „Boîte-en-valise“ mit jeweils verschiedenen Werken der Teilnehmenden bestückt wurden. In einer Zeit in der die künstlerische Praxis hauptsächlich auf Online-Präsentation, sowie auf keinen festen Standort festgelegt wurde, wuchs die Idee, eine physische Erfahrung von Kunst durch die Boxen anzubieten. Mittels des Projektes gelingt es den teilhabenden Künstler und Künstlerinnen eine Ausstellungsform zu präsentieren, die nicht nur eine einmalige Präsentation, sondern auch große Überraschung verspricht.
Der Tipp kommt von Teresa Hantke.